Hamburg. Freezers-Chefcoach Serge Aubin über die Erwartungen an die neue Saison in der Deutschen Eishockey-Liga. Das Abendblatt-Interview.

„Lasst uns eine gute Saison haben!“, sagt Serge Aubin noch, ehe er den Ehrengast-Loungebereich der Barclaycard-Arena wieder verlässt. In Trainingsanzug und Badeschlappen hatte der 40 Jahre alte Cheftrainer der Hamburg Freezers am Montagmittag eine halbe Stunde lang erklärt, warum er daran glaubt, dass die Saison 2015/16 in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL), die an diesem Freitag (19.30 Uhr) mit einem Heimspiel gegen den ERC Ingolstadt beginnt, tatsächlich eine gute für Hamburg werden wird.

Hamburger Abendblatt: Herr Aubin, stimmen Sie dem Sprichwort zu, dass die Offensive Spiele gewinnt, aber die Defensive Meisterschaften?

Serge Aubin: Auf jeden Fall.

Stimmen Sie entsprechend auch zu, wenn ich angesichts von 24 Gegentoren in acht Testspielen sage, dass die Freezers auch 2016 nicht Meister werden?

Aubin : Auf keinen Fall. Wir hatten in der Vorbereitung einige neue Spieler zu integrieren, es sind immer wieder Schlüsselspieler verletzt ausgefallen, und wir haben gerade am Anfang das System noch nicht so ausgeführt, wie ich mir das vorstelle. Dennoch sage ich, dass man die Vorbereitung nicht überbewerten sollte. Schon bei der Generalprobe gegen Herning am vergangenen Sonntag haben die Jungs alles gut umgesetzt. Sie haben das System jetzt verinnerlicht, und ich bin mir sicher, dass wir bereit sind für den Saisonstart.

Dennoch sind 24 Gegentore alarmierend. Die Offensivstärke Ihres Teams ist außergewöhnlich, aber liegt darin die Gefahr, dass die Spieler glauben, sie könnten die Defensive vernachlässigen, weil der Sturm alles richtet?

Aubin : Das glaube ich nicht, denn die Jungs wissen alle, dass wir nicht in jedem Spiel vier oder fünf Tore schießen werden. Wenn wir nicht bereit sind, in jedem Spiel hart zu arbeiten, werden wir überhaupt kein Tor schießen. Jeder Spieler weiß, dass die Defensive die Grundlage für den Erfolg ist. Und wir wissen auch, dass wir uns dort im Vergleich zur Vorbereitung verbessern müssen. Aber das werden wir.

Die Einstellung und Arbeitsmoral der Mannschaft war auch in der vergangenen Saison, als Sie von unglaublichem Verletzungspech heimgesucht wurden, lobenswert. In welchem Bereich erwarten Sie in dieser Spielzeit eine Steigerung Ihrer Auswahl?

Aubin : Ich will Konstanz im Spiel sehen. Wir müssen lernen, jedes Spiel mit derselben Einstellung anzugehen. Deshalb erwarte ich ein Team, das an jedem Spieltag bereit ist, alles zu geben. Außerdem möchte ich, dass wir vier Sturmreihen haben, die mit viel Energie und Tempo spielen. Wir müssen erbarmungslos sein. Dennoch ist unser Ziel nicht, 7:5 zu gewinnen, sondern 3:1.

Das offizielle Saisonziel der Geschäftsführung lautet direkte Qualifikation für die Play-offs, gern mit Heimrecht. Viele Spieler sagen: Wir wollen Meister werden! Zu welcher Fraktion gehören Sie?

Aubin : Jeder will Meister werden, darum spielen wir dieses Spiel! Meine Vorgabe lautet aber, mindestens Platz sechs und damit den direkten Viertelfinaleinzug zu schaffen. Wenn wir dann mit einer gesunden Mannschaft in die Play-offs starten, können wir eine große Rolle spielen. Favoriten sind für mich aber Mannheim, München und Köln.

Gibt es für Sie einen Gewinner der Vorbereitung, oder ist es die Sturmreihe mit Phil Dupuis, Marcel Müller und Thomas Oppenheimer?

Aubin : Ehrlich gesagt bin ich mit allen sehr zufrieden und möchte keinen Gewinner herausheben. Alle haben gut gearbeitet. Die genannte Reihe hat aber sicherlich nachgewiesen, dass sie das Potenzial hat, am längsten zusammenzubleiben. Phil hat nach seinem enormen Pech mit Gehirnerschütterungen hart an seinem Körper gearbeitet und macht einen sehr starken Eindruck. Und Marcel hat schon jetzt bewiesen, warum wir ihn verpflichtet haben.

Er war der Königstransfer der Freezers, allerdings wurde er geholt, bevor klar war, dass David Wolf zurückkehrt. Hätten Sie ihn auch mit dem Wissen geholt, dass Wolf zurückkommt?

Aubin : Klares Ja. Er ist ein phänomenaler Spieler, der unsere Qualität und Tiefe im Kader absolut erhöht. Gerade die Tiefe ist wichtig, das haben wir in der vergangenen Saison bitter erfahren müssen. Jetzt haben wir mehr Tiefe.

Die einstige Paradereihe mit Wolf, Jerome Flaake und Garrett Festerling ist dagegen, auch wegen Verletzungen, noch nicht ins Rollen gekommen, hat erst einmal zusammen gespielt. Vor allem Flaake macht den Eindruck, derzeit nicht alle Gedanken aufs Eishockey auszurichten. Bereitet Ihnen das Sorgen?

Aubin : Um Jerome mache ich mir wirklich keine Sorgen. Er wird als Torjäger kritisch beäugt, wenn er nicht trifft. Aber er wird auch in dieser Saison wieder einer unserer besten Scorer sein. Von David bin ich absolut überzeugt, er ist in dem einen Jahr in Nordamerika zum Mann gereift, übernimmt in der Kabine und auf dem Eis viel mehr Verantwortung und hat eine positivere Einstellung. Was die Reihe angeht, ist es leider so, dass David die ersten fünf Spiele noch gesperrt ist und ich deshalb rotieren muss. Aber wenn er zurück ist und die Chemie zwischen ihnen wieder stimmt, werden die drei auch wieder als Reihe Topleistungen bringen. Und dann wäre ich ja verrückt, sie nicht zusammen spielen zu lassen.