Los Angeles. Zwei Freezers-Talente nahmen am Entwicklungs-Camp der Los Angeles Kings teil. Anschutz Entertainment Group stärkt Eishockeystandort Hamburg.

Hollywood ist ein hartes Pflaster. Karrieren starten hier ebenso schnell, wie sie enden. Einen kleinen Eindruck vom rauen Umgangston in der 3,8-Millionen-Einwohner-Metropole konnten Maximilian Franzreb, 18, und Dominik Tiffels, 21, erleben. Als die beiden Eishockey-Talente der Hamburg Freezers in ihren Trikots vor den berühmten weißen Lettern in den Bergen von Los Angeles posierten, zogen sie die Aufmerksamkeit einer dreiköpfigen Familie aus dem Münsterland auf sich. „Das sollen Eishockey-Spieler sein? Die sind doch viel zu schmächtig“, raunte die Mutter den sichtlich verdutzten Youngstern frech entgegen. Als die rüstige Dame endlich geglaubt hatte, dass Torwart Franzreb und Verteidiger Tiffels wirklich in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) spielen, hatte sie noch einen gut gemeinten Rat auf Lager: „Jungs, immer schön dran denken: Nicht vergessen, die Schultern zu trainieren.“

An Training mangelte es den beiden Hamburgern in den vergangenen zehn Tagen wahrlich nicht. Franzreb und Tiffels nahmen am Development-Camp des NHL-Clubs Los Angeles Kings teil. 31 Nachwuchsspieler aus sechs Nationen, darunter Jungprofis, die gerade erst bei der Talentelotterie Draft ausgewählt wurden, präsentierten sich den Scouts des Stanley-Cup-Siegers von 2012 und 2014. Es war für die Freezers-Profis eine Reise in eine neue Welt. Zum zehnten Mal findet dieses Talentförderprogramm statt, zum ersten Mal mit Hamburger Beteiligung. „Es ist schon geil, das Trikot mit dem Kings-Logo überzustreifen, sich in deren Kabine umzuziehen und im Kraftraum Seite an Seite mit NHL-Stars wie Jeff Carter zu trainieren“, sagte Tiffels. Möglich gemacht hat das die Anschutz-Entertainment Group (AEG). Das Unternehmen, das 1994 mit vier Mitarbeitern gegründet wurde und mittlerweile 25.000 Angestellte weltweit beschäftigt, besitzt sowohl die Kings als auch die Freezers und die Eisbären Berlin. Das Herz des Unterhaltungsriesen schlägt in Kalifornien.

El Segundo, ein unscheinbarer Ort in der Metropolregion Los Angeles nahe dem Flughafen mit dem Charme eines Industriegebiets. Hier betreiben die Kings mit den Basketball-Profis der Los Angeles Lakers das Toyota Sports Center, eine der modernsten Trainingsanlagen der USA. Auf knapp 12.500 Quadratmetern erstrecken sich drei unterschiedlich große Eisflächen, ein luxuriöser Kabinentrakt, bei dem selbst europäische Fußballvereine vor Neid erblassen würden, sowie ein 232 Quadratmeter großer Fitnessbereich mit einem Glasdach, das sich bei Bedarf öffnen lässt.

Trainingsbedingungen der Superlative. Hier verbrachten die beiden Hamburger bis zu zwölf Stunden ihres Tages.

Besonders auffällig: Die Trainingsgruppen werden bewusst klein gehalten, sodass möglichst individuell mit den Perspektivspielern gearbeitet werden kann. Insgesamt zwölf Trainer und 25 Betreuer arbeiten tagtäglich mit den Talenten. „Es ist wichtig, den Jungs die Grundlagen näherzubringen, schlechte Angewohnheiten gar nicht erst aufkommen zu lassen. Dafür ist ein großer Trainerstab wichtig. Gerade in dem Alter ist möglichst individuelles Training nötig. Dieses Camp hat zwölf Stanley-Cup-Sieger hervorgebracht. Wir wollen hohe Standards setzen“, sagte Entwicklungstrainer Mike O’Connell stolz.

Jede Einheit wurde von Mitarbeitern des Trainerstabs aus verschiedenen Perspektiven auf Video aufgenommen und anschließend ausgewertet. Diese Detailversessenheit beeindruckte die Freezers-Profis. Vor dem ersten Training wurde das Hamburger Duo morgens um fünf Uhr medizinisch von Kopf bis Fuß durchgecheckt. So wurde unter anderem die Knochendichte und das Muskelverhältnis einzelner Körperteile gemessen. „Das Niveau in dem Camp ist unglaublich. Gerade das Tempo ist beeindruckend. Das hier ist eine tolle Chance für mich und Dominik. Hier zu trainieren wird uns für die Zukunft weiterbringen“, sagte Franzreb.

Darauf setzt auch Sportdirektor Stéphane Richer, der gemeinsam mit Trainer Serge Aubin den Trip nach Los Angeles nutzte, um sich in Sachen Trainingsgestaltung fortzubilden und über zukünftige Projekte zu sprechen. AEG will die Zusammenarbeit mit den Freezers intensivieren. Vor vier Jahren standen die damals kriselnden Hamburger vor dem Verkauf. Davon ist heute keine Rede mehr. Im Gegenteil: US-Milliardär Philipp Anschutz will, dass seine Clubs noch enger zusammenarbeiten. Der 74-Jährige, der von den AEG-Mitarbeitern liebevoll nur „Mr. A“ genannt wird, hatte sich damals persönlich dafür eingesetzt, den Standort Hamburg nicht aufzugeben,. „Wenn Mr. A von etwas überzeugt ist, lässt er sich auch in schweren Zeiten nicht davon abbringen, daran festzuhalten. Vorausgesetzt es gibt ein schlüssiges Konzept. Das war in Hamburg der Fall“, sagte Kelly Cheeseman, leitender Geschäftsführer der Kings und AEG Sports. „Die Freezers haben sich in den letzten Jahren auf und neben dem Eis toll entwickelt. Die Partnerschaft mit Hamburg ist uns sehr wichtig. Wenn wir neue Projekte ins Leben rufen, fragt Mr. Anschutz immer, ob auch Hamburg und Berlin profitieren können“, ergänzte Luc Robitaille, Sportvorstand bei den Kings.

Im August werden Jugendkoordinator Nelson Emerson, O’ Connell und Glen Murray, Berater im Jugendprogramm der Kings, nach Hamburg reisen, um mit den Profis, aber vor allem auch mit dem Freezers-Nachwuchs zu arbeiten. „Die Freezers sind nicht nur ein Geschäftspartner von uns, sie sind unser Bruderclub. Wir wollen unser Wissen mit ihnen teilen. So profitieren die Hamburger, am Ende auch wir hier in Los Angeles davon“, sagte Robitaille, der mit 1590 NHL-Spielen zu den besten Spielern aller Zeiten gehört.

Seit die Kings vor vier Jahren ein Testspiel in Hamburg absolvierten, ist Robitaille zum Fan der Freezers geworden. „Wir können auch von euch viel lernen. Bei euch gibt es Kunstschnee bei der Einlaufshow. Das ist so cool. In einem Jahr führen wir das auch ein“, lachte der Ex-NHL-Star.

Freezers-Sportchef Richer, der mit Robitaille in Kanada in der Jugend zusammenspielte, verhandelt derzeit auch darüber, junge Talente aus Los Angeles für die Freezers zu gewinnen. „Dass wir Teil der AEG-Familie sind, ist ein Luxus. Wenn es mit der NHL-Spielergewerkschaft rechtlich geklärt ist, wäre es ein Modell, Spieler von hier für ein Jahr auszuleihen“, sagte Richer.

Die Reise wurde unterstützt von der Anschutz-Gruppe.