Der Sportdirektor der Hamburg Freezers spricht vor dem Topspiel gegen die Adler Mannheim erstmals über die erste Trainerentlassung seiner Karriere

Hamburg. Wenn die Hamburg Freezers an diesem Freitag (19.30 Uhr, O2 World) in der Deutschen Eishockey Liga gegen die Adler Mannheim antreten, kribbelt es bei Stéphane Richer besonders. Neun Jahre spielte der 48-Jährige für den Traditionsverein, wurde Meister, und sein Trikot hängt unter dem Dach der SAP-Arena. Im Abendblatt spricht der Sportdirektor und Co-Trainer der Freezers über seine Doppelfunktion, den Aufschwung bei den „Eisschränken“ und die Zukunft von Trainer Serge Aubin.

Hamburger Abendblatt:

Herr Richer, was halten Sie von dem Spruch „Never change a winning Team“?

Stéphane Richer:

(lacht) Das ist ein sehr guter Satz, warum fragen Sie?

Weil Sie trotz der guten Ergebnisse in den letzten Wochen in Erwägung ziehen, Ihren Zweitjob als Co-Trainer niederzulegen und künftig wieder nur noch als Sportdirektor zu arbeiten.

Richer:

Bis zur Deutschland-Cup-Pause in zwei Wochen werde ich die Doppelfunktion weiter ausüben, dann werden wir uns alle hinsetzen und die Situation analysieren. Zeitlich kann man beides unter einen Hut bringen.

Das klingt, als würden Sie es nicht ausschließen, als Assistent von Serge Aubin bis Saisonende weiterzumachen.

Richer:

Mir macht es Spaß, so nah bei der Mannschaft zu sein. Durch das Training komme ich immer besser in Form. Wenn wir mal wieder Notstand in der Abwehr haben, starte ich ein Comeback. (lacht) Spaß beiseite: Wir werden keinen Co-Trainer verpflichten, nur um einen zu holen. Wir haben viele Bewerbungen bekommen, der perfekte Kandidat war aber nicht dabei.

Für den Cheftrainerposten scheinen Sie den perfekten Mann gefunden zu haben. Welchen Anteil hat Aubin am Freezers-Aufschwung?

Richer:

Serge hat der Mannschaft eine neue Identität vermittelt. Aubin hat einen sehr engen Draht zur Mannschaft, dabei aber auch eine klare Linie, die er durchzieht. Er hat den Jungs wieder Spaß am Eishockey eingeimpft.

Aubin hatte zuvor noch nie einen Club trainiert. Wie groß war das Risiko, einen Neuling in einer Krisensituation zu installieren?

Richer:

Nichts im Leben ist ohne Risiko. Hätten wir einen erfahrenen Coach geholt, hätte es auch keine Garantie auf Erfolg gegeben. Serge hatte in der NHL und in der Schweiz eine tolle Karriere, hat unter vielen guten Coaches gespielt. Aubin ist jung, hat Feuer und Ehrgeiz. Er war reif für den Job des Cheftrainers.

Bislang hat Aubin noch einen Co-Trainer-Vertrag. Wann bekommt er seinen Kontrakt als Cheftrainer?

Richer:

Wir sprechen nicht in der Öffentlichkeit über Vertragsinhalte. Das wissen Sie doch. (lacht)

Aber er hätte eine Gehaltserhöhung verdient. Schließlich hat die Mannschaft in sieben seiner acht Spiele gepunktet.

Richer:

Schauen Sie: Wir wollen Kontinuität im Club. Das habe ich immer betont und diese Philosophie ändern wir nicht. Serge ist ein Glücksfall für uns. Er verfügt über extrem viel Eishockey-Sachverstand, kann gut mit Menschen umgehen. Wenn ich Bewerbungen von Cheftrainern bekomme, beachte ich sie nicht. Was seinen Vertrag betrifft, wird sich alles zu gegebener Zeit klären. Wir würden uns natürlich eine neue Ära mit Serge Aubin wünschen.

Vor knapp vier Wochen haben Sie Benoît Laporte entlassen. Für Sie war es die erste Trainerentlassung als Sportchef. Wie sind Sie mit dieser Erfahrung umgegangen?

Richer:

Ich habe in der Nacht vor der Entlassung richtig schlecht geschlafen. Jemandem zu sagen, dass er seinen Job verliert, tut weh. Mir war klar, dass der Zeitpunkt kommen wird, dass ich einen Trainer feuern muss. Aber glauben Sie mir: Das ist ein Teil meines Jobs, auf den ich verzichten könnte.

Es heißt, Ihr Verhältnis zu Benoît Laporte sei sehr unterkühlt gewesen. Fiel es Ihnen leichter, ihn zu entlassen, weil Sie keine engen Freunde waren?

Richer:

Also zunächst einmal muss ich sagen, dass mein Verhältnis zu Benoît absolut professionell war. Sonst hätten wir nicht knapp vier Jahre so erfolgreich zusammengearbeitet. Auch wenn Eishockey ein hartes Business ist, es geht immer noch um Menschen. Die Entscheidung war eine rein sportliche und keine persönliche.

Sportlich und persönlich hat sich Ihr Königstransfer Kevin Clark bestens eingelebt, der derzeit der Topscorer der DEL ist. Fans befürchten, dass schon bald Angebote aus Russland eintreffen werden. Ist Clark zu halten?

Richer:

Wir haben bei David Wolf gesehen, dass man immer Angst haben muss, Topspieler ins Ausland zu verlieren. Kevin hat einen Vertrag bis 2016, und seine Frau und er fühlen sich hier sehr wohl. Außerdem ist die KHL längst keine Traumwelt mehr. Einige Clubs sind insolvent, können Gehälter nicht pünktlich zahlen. Ich bin zuversichtlich, dass er langfristig bei uns bleibt.

Kurzfristig steht erst das Spiel gegen Mannheim auf dem Programm. Für Sie immer noch etwas Besonderes?

Richer:

Meine schönsten Eishockeyerinnerungen hängen mit Mannheim zusammen. Die Adler waren meine erste Station in Deutschland, wir haben Titel geholt, meine Tochter wurde dort geboren. Trotzdem will ich die drei Punkte hier behalten. Mannheim ist für mich Titelkandidat und somit ein toller Test für uns. Hamburg kann sich auf ein Topspiel freuen.