Eishockeyprofis arbeiten dank Athletiktrainerin Mintra Mattison mit einem modernen Aufwärmprogramm an ihrer physischen Frische. Die Methode kommt aus den USA.

Hamburg. Der Schmerz ist stechend, er sagt: „Bitte, hör auf, und zwar sofort!“ Mintra Mattisons Blick ist auch stechend, sie sagt: „Mach weiter, immer schön in den Schmerz hinein.“ Man möchte schreien und aufspringen, aber was würde das bringen? Man würde nicht erfahren, wozu die Folter gut ist, und das wäre schade. Denn tatsächlich: Die Pein an der Stelle unter dem Schulterblatt, auf der man mit dem gesamten Körpergewicht auf einem blauen, handelsüblichen Lacrosseball ruht, wird nach und nach weniger und ist 30 Sekunden später verflogen. Blöd nur, dass es so viele Verspannungen gibt im Körper eines Menschen.

Diese zu lösen, das ist eine der Aufgaben, die Mintra Mattison im Rahmen ihres Jobs als Athletiktrainerin der Hamburg Freezers übernommen hat. Um diese bestmöglich zu erfüllen, bedient sich die 32-Jährige einer Methode, die in den USA seit Jahren anerkannt, in Deutschland jedoch weitgehend unbekannt ist: der Faszienmassage, neudeutsch Foam Rolling genannt. Foam ist das englische Wort für Schaumstoff, und mit diesem sind die Kunststoffrollen, auf denen die Eishockeyprofis vor jeder Trainingseinheit durch den Kraftraum robben, bezogen.

Warum sie das tun, kann Mattison, die auch als Personaltrainerin buchbar ist, fachkundig erläutern. Faszien sind Weichteilkomplexe im Bindegewebe, die alle Strukturen des menschlichen Körpers miteinander verbinden. Bänder, Sehnen und Muskelhüllen bestehen aus Bindegewebe. Werden die Faszien nicht ausreichend mit Flüssigkeit und Nährstoffen versorgt, drohen sie auszutrocknen und zu verkleben. Damit dies nicht geschieht, müssen sie elastisch gehalten werden, und dafür gibt es die Faszienmassage.

Die Durchführung ist so einfach wie schmerzhaft. Der Patient legt sich mit der zu behandelnden Körperpartie auf eine Faszienrolle, die es mit verschiedenen Härtegraden und Oberflächenbeschichtungen gibt. Dann rollt er unter Einsatz des Körpergewichts wellenförmig auf und ab, bis der Verspannungsschmerz nachlässt. Noch effektiver sind die eingangs erwähnten Pain Balls (Schmerzbälle). Mit diesen rollt der Patient kleinere Körperpartien Stück für Stück ab und verbleibt dabei in Ruhestellung so lange auf jedem Schmerzpunkt, bis dieser sich aufgelöst hat.

„Wir setzen diese Methode aber nicht nur ein, um Verspannungen zu lösen oder Verletzungen zu behandeln“, sagt Mintra Mattison, „vielmehr dient sie auch der Verletzungsprophylaxe.“ Je geschmeidiger Bänder, Sehnen und Muskeln durch das regelmäßige Faszienmassieren werden, desto weniger anfällig sind die Spieler für Blessuren in ebenjenen Körperteilen. „Ich habe das Gefühl, dass ich durch das Foam Rolling schneller regeneriere. Ich glaube, dass es mir vier oder fünf Prozent mehr Leistungsfähigkeit bringt, und auf dem Level, auf dem wir arbeiten, ist das eine Bereicherung“, sagt Ex-Torjäger David Wolf, der sich derzeit in Hamburg fit macht, um am 5. September in Topform zu seinem NHL-Engagement bei den Calgary Flames antreten zu können.

„Wenn man es regelmäßig anwendet, ist der Effekt auf den ganzen Körper beeindruckend, man regeneriert schneller und wird geschmeidiger“, sagt Mattison. Faszienmassage, die nach einer gemeinsamen Einführung durch die Athletiktrainerin mittlerweile jeder Spieler individuell auf seine Probleme zugeschnitten einsetzt, ist deshalb im 20- bis 30-minütigen Aufwärmprogramm, das Mattison „Mobility“ nennt, für alle Freezers-Profis Pflicht. Welchen Ertrag das bringt, wird sich im Verlauf der Saison zeigen.

Am Sonntag (16 Uhr) treten die Freezers zum ersten Testspiel der Saison bei ihrem Kooperationspartner, dem amtierenden Zweitligameister Fischtown Pinguins Bremerhaven, an. Verteidiger Joel Keussen (Schulter) und Stürmer Garrett Festerling (Rücken) fehlen. Die Torhüter Dimitrij Kotschnew und Sébastien Caron spielen jeweils 30 Minuten.