Hamburg. Für Jannik Höffgen ist der 12. November 2002 ein prägendes Datum. Als damals Sechsjähriger saß der heute 18-Jährige mit seinen Eltern in der ausverkauften Color Line Arena, fieberte beim allerersten Heimspiel der Hamburg Freezers in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) mit und bejubelte anschließend den 5:4-Sieg gegen die Kölner Haie. „Die Stimmung war überwältigend. Gleich danach habe ich meinen Eltern gesagt, ich will unbedingt Eishockey spielen. Erst sagten sie noch Nein, aber mit acht Jahren habe ich mich dann doch durchgesetzt“, erzählt Höffgen.

Zwölf Jahre nach dem ersten Freezers-Heimspiel arbeitet der Stürmer selbst an seiner Profikarriere. Der Pinneberger gehört zu den Hoffnungsträgern der HSV Young Freezers, dem neuen Team in der Deutschen Nachwuchs-Liga (DNL). „Teil dieser Mannschaft zu sein macht mich stolz, gerade weil wir uns den Aufstieg erkämpft haben. Ich sehe mich als Hamburger, und ich freue mich richtig auf die DNL“, sagt der technisch versierte Offensivspieler, der in der Jugendbundesliga 42 Treffer erzielt hat. Höffgen weiß, dass die DNL die Bühne ist, auf der sich Talente für höhere Aufgaben empfehlen können.

Stéphane Richer ist regelmäßiger Gast bei den Trainingseinheiten. Wenn der Sportdirektor der Freezers über die Nachwuchsabteilung spricht, schwingt in seiner kräftigen dunklen Stimme Stolz mit. Seit dieser Woche trainiert sein „Baby“ auf dem Eis, bereitet sich intensiv auf die am 30. August beginnende Premierensaison vor. Von den derzeit 27 Profis im Kader stammen 21 aus Hamburg und Umgebung. „Dafür haben wir in den vergangenen Jahren hart gearbeitet – die Freezers, der HSV, die Crocodiles, Molot – ja, eigentlich ganz Eishockey-Norddeutschland und die vielen Helfer im Hintergrund“, sagt der 46-Jährige und beobachtet munter das Treiben der HSV Young Freezers in der Volksbank-Arena, wo Hamburgs neue Eishockey-Elite auch seine Heimspiele austragen wird.

Für den Club aus der Deutschen Eishockey-Liga ist die Teilnahme an der höchsten deutschen Juniorenliga, vergleichbar mit der A-Jugend-Bundesliga im Fußball, ein Meilenstein. Das vor vier Jahren ausgerufene Ziel, einen gebürtigen Hamburger im Profikader zu integrieren, rückt durch die DNL-Mannschaft näher. Ursprünglich sollte das Team 2018 an den Start gehen. „Wir hatten einen sehr guten Jahrgang in der Jugendbundesliga. Daher kam uns die Qualifikation sehr gelegen“, sagt Richer.

Seit der gelungenen Qualifikation im Februar arbeiten die Freezers gemeinsam mit dem Kooperationspartner HSV an der Finanzierung. Rund 200.000 Euro kostet eine Saison in der Beletage des deutschen Nachwuchseishockeys. Aus eigenen Bordmitteln hätten die Freezers das Großprojekt kaum realisieren können. Einen Großsponsor für den Nachwuchs konnten die Freezers bisher nicht finden, dafür engagieren sich viele Unternehmen aus der Metropolregion Hamburg. Auch die Eltern der Kinder müssen sich wohl an dem Projekt beteiligen. Dafür bekommen die Spieler einen Großteil der Ausrüstung gestellt. Trotzdem wird bei den Freezers auf die Kosten geachtet.

So muss Cheftrainer Morgan Svensson derzeit auf einen hauptamtlichen Co-Trainer verzichten. Immerhin hat man sich nach Abendblatt-Informationen mit Freezers-Fitnesstrainerin Mintra Mattison, die bereits das Sommertraining mit den Talenten gemacht hat, auf eine Zusammenarbeit für die gesamte Spielzeit geeinigt. „Die DNL ist für uns schon ein Kraftakt, den wir ohne unsere Partner wohl nicht hätten stemmen können. Vor allem die längeren Reisen und die Unterbringung der Spieler kosten natürlich Geld“, sagt Freezers-Geschäftsführer Uwe Frommhold, der ausdrücklich die Zusammenarbeit mit dem HSV lobt.

Mit Recht: Zu Beginn der Woche wurde die Eishockey-Abteilung des Fußballclubs von der Erich Kühnhackl Stiftung mit dem Goldenen Puck für die beste Nachwuchsarbeit Deutschlands ausgezeichnet. Abteilungsleiter Peter Hallwachs nahm den mit 10.000 Euro dotierten Preis in Landshut in Empfang. „Ich wusste gar nicht, dass es auch Geld gibt, und habe mich dementsprechend gefreut wie ein kleines Kind. Das ist eine tolle Auszeichnung für das Hamburger Eishockey“, sagt Hallwachs. Beim Deutschen Eishockey-Bund verfolgt man die Nachwuchsförderung in Hamburg mit Begeisterung. Inzwischen bieten sich Talente aus ganz Deutschland den Freezers an. „Es hat sich herumgesprochen, wie gut wir hier arbeiten“, sagt Jugendkoordinator Boris Rousson.

Wie gut die aktuelle Mannschaft sportlich ist, vermag Trainer Svensson aktuell noch nicht abzuschätzen. Körperlich haben die Youngsters in den vergangenen Wochen die Basis für die Saison gelegt. Bis Ende August absolvieren seine Jungs sechs Testspiele – allesamt gegen Teams aus der DNL. „Danach wissen wir, wo wir stehen“, sagt der 60-Jährige, der das Saisonziel klar definiert: „Es kann nur um den Klassenerhalt gehen. Wir wollen ein fester Bestandteil der DNL werden und die Basis für die Zukunft legen.“

Bei allem sportlichen Aufwand sehen sich die Freezers aber auch in der Pflicht, die Spieler außerhalb des Eises zu formen. So achten Trainer Svensson und Sportchef Richer verschärft auf die schulischen Leistungen. Die HSV Young Freezers arbeiten mit dem Gymnasium Heidberg in Langenhorn zusammen, wo die Spieler zur Schule gehen, die von außerhalb dazukommen. Sie leben in angemieteten Wohnungen in Norderstedt.

Jannik Höffgen macht im Sommer kommenden Jahres sein Abitur am Pinneberger Theodor-Heuss-Gymnasium. Dann hofft das Offensivtalent, sich voll auf seine Eishockey-Karriere konzentrieren zu können. „Der große Traum ist es, eines Tages in der O2 World für die Freezers aufzulaufen“, sagt Höffgen. In der kommenden DNL-Saison können er und seine Mitspieler Werbung in eigener Sache betreiben.