Die Hamburg Freezers verpassen das Eishockey-Wunder und scheiden nach dem 3:5 beim ERC Ingolstadt im Play-off-Halbfinale der DEL aus. Trotzdem war es eine positive Saison.

Ingolstadt. Die Digitaluhr in der Saturn-Arena in Ingolstadt zeigte 15.56 Uhr, als die Spieler der Hamburg Freezers wie geprügelte Hunde vom Eis schlichen, manche unter ihnen konnten die Tränen kaum zurückhalten. Es war zwar schon eine Stunde später als angezeigt, aber das passte ins Bild, denn die Winterzeit geht für den ERC Ingolstadt noch ein bisschen weiter. Während die Bayern durch den 5:3 (2:1, 1:1, 2:1)-Heimsieg im sechsten Halbfinale die Play-off-Serie mit 4:2 für sich entschieden und von Donnerstag an gegen die Kölner Haie nach ihrem ersten Meistertitel greifen, ist für die Hamburger die Saison 2013/14 in der Deutschen Eishockey-Liga mit dem Aus im Halbfinale beendet.

„Es wird ein paar Tage dauern, bis die Enttäuschung über das Ausscheiden dem Stolz über die großartige Saison gewichen ist, die wir gespielt haben“, sagte Kapitän Christoph Schubert, ehe er an der Schulter seines Vaters Alfred in Tränen ausbrach. Auch Nationalstürmer Thomas Oppenheimer sagte: „Mit dieser Mannschaft wäre viel mehr drin gewesen, aber kein Mensch hat gedacht, dass wir eine solch starke Saison spielen würden, deshalb dürfen wir stolz auf uns sein.“

Tatsächlich haben die „Eisschränke“ die Halbfinalserie am Sonntag nicht mehr retten können, aus der Hand gegeben hatten sie sie allerdings bereits durch das pomadige 1:3 im ersten Heimspiel, mit dem sie das durch die Hauptrundenmeisterschaft erkämpfte Heimrecht nutzlos gemacht hatten. So musste die Mannschaft von Cheftrainer Benoît Laporte ausgerechnet an jenem Ort einem Rückstand hinterherlaufen, an dem sie seit März 2011 nicht gewinnen konnte. Die Negativ-Serie hielt.

„Leider haben wir zu spät in die Serie hineingefunden“, sagte Oppenheimer. Insofern war es müßig zu fragen, ob die gesperrten Topspieler David Wolf (sieben Spiele nach der Schlägerei mit Benedikt Schopper, der dabei sechs Zähne verlor, in Spiel vier) und Duvie Westcott (drei Spiele nach Kopfcheck gegen Derek Hahn in Spiel fünf) den Ausgang beeinflusst hätten.

Auch im sechsten Spiel war zu beobachten, was die gesamte Serie geprägt hatte. Ingolstadt nutzte grobe Fehler der Freezers im Spielaufbau, diesmal durch Mathieu Roy und Freddy Cabana, eiskalt zu Toren und war grundsätzlich das zielstrebigere Team. Die Hamburger stemmten sich zwar gegen die Niederlage, doch letztlich gaben die geringere Fehlerquote und die bessere Disziplin den Ausschlag dafür, dass statt des Hauptrundenmeisters nun der Neunte gegen den Fünften der Punktspielserie um den deutschen Meistertitel spielen darf.

Laporte ärgerte sich zwar erneut maßlos über die Fehler seiner Spieler, wollte jedoch schon kurz nach Spielschluss das Positive in den Vordergrund gerückt wissen. „Mein Wunsch ist, dass bei aller Enttäuschung niemand vergisst, was für eine großartige Arbeit diese Mannschaft in dieser Saison geleistet hat“, sagte er. Und das stimmt ja. Mitte Oktober, als Hamburg nach einer 2:3-Niederlage in Berlin auf den letzten Tabellenrang abgestürzt war, hätte wohl niemand damit gerechnet, dass im Frühjahr zunächst der Hauptrundentitel und danach der zweite Halbfinaleinzug der Clubgeschichte gefeiert werden würde.

Und vielleicht ist es ganz gut, dass dem Team nicht der komplette Durchmarsch gelungen ist und so für die nächste Saison noch ausreichend Ziele bleiben. „Die Perspektive ist großartig, wenn wir aus dieser Saison lernen, dass wir kein Spiel locker angehen dürfen“, sagte Laporte.

Tatsächlich kann der Coach, dessen Vertrag bis 2015 verlängert worden war, auf ein absolut funktionierendes Gerüst bauen. Die meisten Leistungsträger sind langfristig an die Freezers gebunden. Als Ersatz für den zu den Calgary Flames in Nordamerikas Profiliga NHL abwandernden Wolf kommt Krefelds Topscorer Kevin Clark nach Hamburg, für Johan Ejdepalm wird Garrett Festerlings Zwillingsbruder Brett aus Nürnberg verpflichtet, der ebenfalls einen deutschen Pass besitzt.

Die Verträge von Phil Dupuis, Julian Jakobsen, Daniel Nielsen, Matt Pettinger und Duvie Westcott dürften verlängert werden, die Zukunft von Kevin Lavallée und Adam Mitchell wird dagegen nicht in Hamburg liegen. Teameigner Anschutz Entertainment Group hat in Person von Europachef Mathieu van Veen zum Abschneiden bereits gratuliert, die Sponsoren, allen voran Hauptsponsor 5vorFlug, wollen ihr Engagement auch in der neuen Saison fortsetzen. Und dass Eishockey in Hamburg wieder beliebter geworden ist, zeigt der Zuschauerschnitt, der von 8506 in der Hauptrunde in den Play-offs auf 9815 stieg.

Von ihren Fans wollen sich die Freezers in dieser Woche, wahrscheinlich am Gründonnerstag, verabschieden. Ein paar Monate Pause dürften dann allen gut tun. Auf jeden Fall hat diese Saison die Vorfreude auf die nächste bereits angeheizt.

Tore: 0:1 (4:25) Festerling (Schmidt, Roy), 1:1 (7:07) Gawlik (Périard, Oblinger), 2:1 (7:32) Périard (Hager), 3:1 (34:36) Sabolic (Ross, Jeglic) 5-4, 3:2 (34:57) Mitchell (Jakobsen), 4:2 (42:18) Laliberte (Conboy), 4:3 (58:07) Oppenheimer (Dupuis, Roy) 4-4, 5:3 (58:47) Turnbull (Oblinger, Bouck). Strafminuten: 2/6. Schiedsrichter: Brüggemann/Piechaczek (Iserlohn/Finning). Zuschauer: 4815.