Hamburg Freezers zeigen beim 2:1 im dritten Halbfinale gegen Ingolstadt Einsatz und Siegeswillen und verkürzen auf 1:2

Hamburg. Vielleicht werden es diese Bilder sein, an die man sich am Ende einer langen Saison 2013/14 erinnern wird. Wie David Wolf auf dem Eis herumspringt, als würde er den Schlittschuhplattler tanzen, weil ihm sein Schläger abhandengekommen war und er dennoch alles tun wollte, um die Ingolstädter Gegenspieler am Torschuss zu hindern. 2:1 führten der deutsche Nationalstürmer und seine Hamburg Freezers zu jenem Zeitpunkt am Sonntagnachmittag im dritten Spiel der Best-of-seven-Halbfinalserie in der Deutschen Eishockey-Liga, 90 Sekunden waren noch zu spielen, und die Gäste aus Bayern waren dem Ausgleich mehrfach gefährlich nahe gekommen.

In der mit 12.022 Besuchern wieder Play-off-tauglich gefüllten O2 World saß niemand mehr. Die Anhänger nicht, die spürten, dass sie der sechste Feldspieler werden mussten mit ihrer Anfeuerung; die Spieler auf ihren Bänken nicht, die spürten, dass die Serie an diesem Sonntagnachmittag eine entscheidende Wendung nehmen konnte; und vor allem Wolf nicht, der Arme und Beine wie ein Hampelmann bewegte und so lange zappelte und rackerte, bis die Schlusssirene ertönte und der 2:1 (1:1, 1:0, 0:0)-Erfolg perfekt war, mit dem die Freezers zum 1:2 verkürzen konnten.

Niemand taugte an diesem Nachmittag besser als Sinnbild des erhofften Umschwungs als David Wolf. Es war nie fraglich, dass die Freezers den 24-Jährigen sehr vermissen werden, wenn er in der kommenden Saison in Nordamerikas Topliga NHL sein Glück bei den Calgary Flames sucht. Wie wichtig das „Eismonster“, wie der Boulevard den bulligen Linksaußen nennt, für seine Mannschaft ist, zeigte sich nicht nur daran, dass er mit zwei Torvorlagen seine Position als Play-off-Topscorer auf elf Zähler ausbaute. Vor allem war der gebürtige Düsseldorfer wieder jener Aggressiv-Anführer, der er bei den Niederlagen in den ersten beiden Partien, vor allem beim 1:3 im ersten Heimspiel, nicht gewesen war.

Auch wenn Wolf selbst sagte, er habe eigentlich nichts anders gemacht, musste man ihm deutlich widersprechen. Seine Körpersprache war so deutlich auf Krawall gebürstet, dass seine Teamkollegen gar nicht anders konnten, als sich mitreißen zu lassen. Allein um die vielen kleinen Brandherde zu löschen, die Wolf mit seinen verbalen und körperlichen Provokationen entfacht hatte, mussten sie sich einmischen, was besonders Kapitän Christoph Schubert und auch der dänische Angreifer Morten Madsen – nicht nur wegen seines Siegtors einer der auffälligsten Hamburger – taten. Wer im ersten Drittel beobachtete, wie Wolf Ingolstadts Torjäger Thomas Greilinger vor einem Bully im Rücken der Schiedsrichter mit dem Schläger auf die Unterschenkel schlug, der wusste, dass die Freezers den Kampf endlich angenommen hatten.

Die Mannschaft hat, so wirkte es, nach dem in der Höhe unverdienten 0:5 vom Freitagabend wieder in den Play-off-Modus geschaltet. Auch in der Viertelfinalserie gegen Iserlohn lag man nach drei Spielen 1:2 zurück, es folgten drei überzeugende Siege. „Gegen Iserlohn haben wir auch etwas gebraucht, um uns richtig einzustellen. Ich hoffe, dass dieser Sieg dem Team das Vertrauen zurückgegeben hat. Heute waren alle 60 Minuten lang bereit, alles zu geben“, lobte Cheftrainer Benoît Laporte.

Der Frankokanadier hatte mit seinen Umstellungen ebenfalls einen Anteil am Erfolg verbuchen können. Im Tor setzte er erstmals nach fünf Spielen wieder auf Sébastien Caron statt auf Dimitrij Kotschnew, und Caron hielt emotionslos und sehr sicher. Vor allem aber hatte er nach dem Ausfall von Phil Dupuis, der am Freitag eine tiefe Schnittwunde am Oberschenkel erlitten hatte, die Sturmreihen kräftig durcheinandergewirbelt, keine der vier Formationen spielte in Stammbesetzung. Was nach Aktionismus roch, war weniger als Weckruf denn als taktisches Mittel gedacht. „Ich musste dafür sorgen, dass wir mehr Torgefahr kreieren“, erklärte Laporte, und das gelang. Dass sie in den letzten zehn Spielminuten überhaupt noch um den Sieg zittern mussten, hatten die Freezers nur dem fahrlässigen Auslassen bester Torchancen zuzuschreiben. Mit dem Glück des Tüchtigen brachten sie den Vorsprung ins Ziel.

„Entscheidend war, dass wir nach dem frühen 0:1 nicht eingebrochen sind, sondern weiter an uns geglaubt haben“, sagte Kapitän Schubert, der sich eine Viertelstunde nach Spielende längst Gedanken darüber machte, wie am Dienstag (19.30 Uhr) im vierten Halbfinale endlich die schwarze Serie in Ingolstadt durchbrochen werden kann. Seit März 2011 hat Hamburg in der Saturn-Arena nicht gewinnen können. „Vielleicht sollten wir dort das Stadion abreißen“, sagte Schubert. Vielleicht sollten sie aber auch einfach nur so hart arbeiten wie am Sonntag.

Tore: 0:1 (1:39) Gawlik (Hager) 4–5, 1:1 (13:50) Pettinger (Wolf, Mitchell), 2:1 (32:03) Madsen (Wolf, Westcott) 5–4. Strafminuten: 12/10. SR: Jablukov/Zehetleitner (Berlin/Oberstdorf). Zusch.: 12.022. 2. Halbfinale: Köln – Wolfsburg 3:0 (Stand 2:1).