Der Freezers-Stürmer fühlt sich unverstanden. Er will zeigen, dass er dem Team helfen kann. Schon an diesem Freitagabend in Ingolstadt.

Hamburg. Wie es um sein Ansehen bestellt ist bei Cheftrainer Benoît Laporte, das bekam der kanadische Eishockeystürmer Brandon Reid am vergangenen Freitag mit dem Holzhammer vor den Kopf geschlagen. Im Heimspiel gegen Nürnberg musste er als überzähliger Ausländer auf die Tribüne. Dafür stand mit Artem Demkov ein 23 Jahre alter, aus der drittklassigen US-Profiliga ECHL verpflichteter Debütant im Kader, der nie mit dem Team der Hamburg Freezers trainiert hatte. "Da habe ich schon daran gezweifelt, ob das alles noch das ist, was ich will", sagt Reid.

Als er im Sommer als Zugang vorgestellt wurde, war die Freude groß. Immerhin war der 31-Jährige in seiner ersten Saison in Hamburg 2004/05 Publikumsliebling gewesen, und auch in den drei Jahren in Düsseldorf zwischen 2007 und 2010 hatte er nie weniger als 50 Punkte pro Spielzeit beigesteuert. Dass er in den beiden vergangenen Jahren beim Schweizer Erstligisten Rapperswil geschwächelt, den Spaß am Eishockey verloren hatte und in Deutschland versuchen wollte, an alte Erfolgszeiten anzuknüpfen, war den Freezers bekannt. Man hatte erwogen, ihm einen Mentalcoach zur Seite zu stellen, das jedoch aus Kostengründen verworfen. Laporte glaubte, das Problem allein in den Griff zu bekommen.

Ein halbes Jahr später muss man feststellen, dass er sich getäuscht hat. Reid ist zum Problemspieler geworden; zu einem, aus dem der Coach nicht schlau wird, und zu dem er nicht den richtigen Zugang findet. Laporte schätzt Spieler, die immer 100 Prozent geben und niemals klagen. Die es aushalten können, für schlechte Leistungen angebrüllt zu werden. Reid ist dafür nicht empfänglich. Vor allem aber stößt sich der Coach am Auftreten seines Topstürmers, an dessen Körpersprache und seiner Art, alles zu hinterfragen. "Brandon arbeitet hart, aber er denkt zu viel nach", lautet der offizielle Kommentar des Trainers.

Wer Reid auf sein Verhältnis zu Laporte anspricht, der erhält eine professionelle Antwort. "Trainer und Spieler sind manchmal verschieden. Ich muss versuchen, mein Spiel so zu verändern, dass ich tue, was er sehen möchte", sagt er, und dass "wir zuletzt gute Gespräche hatten, um das Beste für das Team herauszuholen". Man muss zwischen den Zeilen lesen, um mehr zu erfahren. Zum Beispiel, dass Reid sich eher als Mittelstürmer versteht denn als Flügelspieler. Und dass er selbst nicht findet, dass er eine schlechte Saison spielt. "Ich hätte meine Torchancen besser verwerten müssen. Aber immerhin erarbeite ich mir Chancen. Ich denke nicht, dass ich bislang versagt habe." Dass 21 Punkte aus 39 Spielen für einen Spieler seiner Qualität und Preisklasse zu wenig sind, das ist allerdings unstrittig.

Dass der Club den zum Saisonende auslaufenden Vertrag nicht verlängert, gilt als ausgemacht. Eine Option verstrich Mitte Januar ungenutzt. Reid war darüber "sehr traurig und enttäuscht", aber deshalb jetzt aufzugeben, das sei nicht seine Art. "Ich fühle mich eher angestachelt und will zeigen, dass ich noch brenne", sagt er. Gemeinsam mit seiner Frau Jessica, die Psychologie studiert hat, hat er viel im mentalen Bereich gearbeitet, insbesondere therapeutisches Schreiben helfe ihm. Dass er ein Kopfmensch ist, bestreitet er nicht. "Es stimmt, dass ich teilweise zu viel grüble", sagt er, "aber seit ein paar Wochen versuche ich, mich auf die einfachen Dinge zu konzentrieren."

Alles, was er erwarte, sei "eine faire Chance, um dem Team zu geben, was ich in mir habe". Da Abwehrspieler Duvie Westcott mit Knieproblemen ausfällt und eine Ausländerstelle frei macht, wird er diese schon an diesem Freitag (19.30 Uhr) beim Gastspiel in Ingolstadt erhalten. Es liegt an Brandon Reid, sie auch zu nutzen.