Barcelona . Der ehemalige Formel-1-Weltmeister wird auch beim Heim-Grand-Prix in Barcelona hinterherfahren – Ablenkung mit Indy-Auftritt.

Es ist die erste Trainingsrunde zu dem Rennen, von dem Fernando Alonso gefordert hatte, dass alles anders werden muss. Und es wird alles dramatisch anders: Der McLaren-Honda, das Montagsauto des Formel-1-Jahres, schafft nicht mal eine Handvoll Kurven. Alonso kommt bei seinem Grand-Prix-Heimspiel (So., 14 Uhr/RTL und Sky) quer aus einem Linksbogen, aus dem Heck raucht es schon.

„Motorproblem“ funkt er, panisch antwortet der Ingenieur: „Mach das Auto sofort aus.“ Wütend springt der Spanier aus dem Cockpit. Sofort sieht er die Bescherung: Literweise läuft frisches Öl auf den Asphalt des Circuit de Catalunya. Auf dem Sozius eines Mopeds geht es für den von der Technik ausgeknockten Rennfahrer in die Boxengasse. Sein unzuverlässiger Dienstwagen kommt mit dem Abschleppwagen, unter der schwarzen Abdeckplane sieht er aus wie ein Sarg auf Rädern.

Es ist das dritte Jahr, in dem sich Alonso nach seinem eiligen Ferrari-Abschied am Ende des Feldes quälen muss. Wenn die größte Motivation ist, mit viel Glück vielleicht mal einen Punkt zu holen, falls man ins Ziel kommt, dann ist das ein gewaltiges mentales Problem. In Kenntnis des asturischen Stolzes praktisch eine Majestätsbeleidigung. Mehrfach haben Lewis Hamilton und Sebastian Vettel schon gesagt, wie gern sie aus ihrem Duell an der Spitze gern einen Dreikampf machen würden. Fernando Alonso gilt immer noch als Referenzgröße in der Königsklasse, er würde die neue Formel 1 erst richtig attraktiv machen. Stattdessen wird eine enorme Talentverschwendung betrieben.

Das Ziel ist das „Triple“ des Motorsports

Damit sich angesichts der noch ausstehenden 15 Rennen nicht alles verschleißt, was der 35 Jahre alte Alonso zu bieten hat, läuft bei McLaren-Honda gerade ein Ablenkungsmanöver. McLaren schickt seinen Paradepiloten zu den 500 Meilen von Indianapolis. Die Tatsache, dass er dafür das Rennen in Monte Carlo auslassen muss und der Fakt, dass sich erstmals wieder ein aktiver Formel-1-Pilot in das Mammutrennen traut, hat einen enormen Rummel beschert, auf beiden Seiten des Atlantiks.

Für Alonso selbst hat der Start eine vollkommene Logik: „Wenn ich schon nicht mehr die sieben WM-Titel von Michael Schumacher einholen kann, dann muss ich mir andere Ziele suchen.“ Das Ziel ist das „Triple“ des Motorsports – Formel-1-Titel, Indy 500-Sieg und ein Erfolg bei den 24 Stunden von Le Mans. Geschafft hat das als Einziger bisher der Brite Graham Hill. McLaren will künftig alle drei Serien beschicken. Aber Vorsicht, Fernando: Auch da steckt wieder ein Honda-Motor im Heck.

Der Weltmeister von 2005 und 2006, der Mann, der Michael Schumacher entthront hat, gefangen zwischen Frust und Lust. Er ist im besten Rennfahreralter, seine Reflexe stimmen, seine Aggressivität ist unverkennbar – sie lässt sich momentan nur nicht in die richtigen Bahnen lenken. Stets muss er die englischen Un-Wörter für unterdurchschnittlich und unakzeptabel bemühen. McLarens neuer Boss Zak Brown, der den Werksvertrag des Traditionsrennstalls mit Honda ausbaden muss, will den Spanier unbedingt halten. Erst bei Laune, dann im Team.

Seinen Auftritt beim Großen Preis von Spanien nutzt Alonso, im Hintergrund immer noch mit seinem Entdecker und Förderer Flavio Briatore verbandelt, zur Eröffnung des Vertragspokers: „Ich überlege im Herbst, was ich nächstes Jahr machen will. Meine erste Priorität ist es, in der Formel 1 zu bleiben. Aber nicht, um dabeizusein, sondern um zu gewinnen. Ich bin offen für alles.“ McLaren gibt er nur eine Chance, wenn er dort zum Ende der Saison hin die Chance auf Siege in der Zukunft erkennt: „Falls nicht, rede ich mit jedem anderen.“ Eine Rückkehr zu Ferrari scheint ausgeschlossen, selbst wenn dort Sebastian Vettel gehen würde, wie in italienischen Medien spekuliert wird.

Wahrscheinlicher wäre eine Rückkehr zum Renault-Werksteam, allerdings hinken die Franzosen der Konkurrenz auch hinterher. Mit dem eigenen Antrieb ist es besser bestellt: „Meine verpassten Titelchancen sind für mich der Grund, warum ich weiterfahre.“