Eine Mercedes-Enscheidung kostet Hamilton und bringt Rosberg den Sieg. Vettel wird zweiter beim Grand Prix in Monaco.

Chaos bei Mercedes und ein geschenkter Sieg für Nico Rosberg: Weil die Silberpfeile in einer Safety-Car-Phase kurz vor Schluss den souverän führenden Weltmeister Lewis Hamilton an die Box holten, fiel der bis dahin souverän führende Hamilton auf den dritten Platz zurück und machte unfreiwillig den Weg frei für den Heimspiel-Hattrick seines großen Titelkonkurrenten beim Großen Preis von Monaco. Ferrari-Star Sebastian Vettel nutzte seine Chance und schob sich auf Rang zwei zwischen die beiden Mercedes-Piloten.

Stinksauer war der dreimalige Weltmeister Niki Lauda, Aufsichtsratschef des Mercedes-Teams. „Ich freue mich natürlich sehr für Nico, aber um ehrlich zu sein, überwiegt gerade bei mir der Ärger über den Fehler unserer Strategie-Menschen“, sagte Lauda am Sky-Mikrofon: „Alle haben diskutiert, keiner hat eine Entscheidung getroffen, dann haben sie eine getroffen, und die war falsch.“ Man müsse jetzt „analysieren und dann Konsequenzen ziehen“.

Der Geschädigte selbst blieb weitaus cooler und sportlich fair. „Wir gewinnen und verlieren zusammen“, sagte Lewis Hamilton: „Das Team macht die ganze Saison über einen super Job.“ Er werde jetzt eben im nächsten Jahr zurückkommen und hoffen, dass es besser läuft. Während des Rennens war der Weltmeister nicht ganz so entspannt gewesen. „Was ist passiert?“ funkte ein verzweifelter Hamilton, nachdem er aus der Box gekommen war und auf einmal hinter Rosberg und Vettel lag. Zwar setzte der Polesetter Vettel noch einmal mächtig unter Druck, doch der Weg zu seinem vierten Saisonsieg war komplett verbaut.

Stattdessen feierte Rosberg nach Barcelona seinen zweiten Sieg in Folge, triumphierte nach 2013 und 2014 zum dritten Mal in seiner Wahlheimat und verkürzte den Rückstand in der WM-Wertung auf zehn Punkte. Noch führt Hamilton mit 126 Punkten, aber Rosberg hat jetzt bereits 116 Zähler auf dem Konto. Vettel folgt als Dritter mit 98 Punkten. Für Hamilton, der vor dem Rennen einen neuen, mit rund 100 Millionen Euro dotierten Dreijahresvertrag unterschrieben hatte, ein herber Rückschlag auf dem Weg zur erfolgreichen Titelverteidigung.

„Ich hatte natürlich sehr, sehr viel Glück“, sagte Rosberg, „Lewis hätte heute mit Sicherheit den Sieg verdient. Aber so laufen halt die Dinge in einem Rennen manchmal.“ Hamilton sei das ganze Wochenende „sehr stark gefahren, stärker als ich, deshalb bin ich ein bisschen zwiegespalten.“ Sebastian Vettel freute sich über ein „Super-Ergebnis für uns. Ich war ehrlich gesagt, natürlich sehr überrascht, aber ich war plötzlich vor Lewis und habe die Chance genutzt.“

Fragen an Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff nach dem Formel-1-Rennen von Monaco:

Frage: Herr Wolff, was war der Grund für die Anweisung an Lewis Hamilton zum zweiten Boxenstopp?

Antwort: Unsere große Diskussion war: 'Wie wiegen wir Daten gegen Common Sense auf.' Common Sense ist gut und schön, gewinnt Dir auf Dauer aber keine Rennen. Du musst datenorientiert sein. Wir müssen jetzt herausfinden, wo wir uns mit den Daten geirrt haben.

Frage: Kann so etwas wieder passieren?

Antwort: Das ist Motorsport, Fehler passieren. Wir arbeiten mit Algorithmen und mit Menschen. In diesem Fall müssen wir überprüfen, wo unsere Mathematik eine Krux hatte. Irgendwo gab es eine Krux, die müssen wir ausmerzen und diesen Fehler nicht wieder machen.

Frage: Hamilton sagte während der Pressekonferenz, er dachte, die anderen Autos würden auch an die Box kommen...

Antwort: Lewis hat auf dem Bildschirm gesehen, dass Boxenstopps stattfinden und war der Meinung, alle anderen stoppen auch. Das hat aber nichts damit zu tun, dass wir diese Entscheidung getroffen haben. Es war eine komplette Fehleinschätzung, es tut mir so leid. Wir haben es vermasselt.

Frage: Dachten Sie, Sie hätten genug Zeit für einen zweiten Boxenstopp bei Hamilton?

Frage: Den Daten zufolge war die Marge groß genug, um einen Boxenstopp zu machen - sogar einen schlechten. Und die Möglichkeit, dass Sebastian (Vettel) auf die supersoften Reifen geht und eine finale Attacke auf den letzten zehn Runden reitet war gepaart mit dieser Marge der Grund, dass wir das gemacht haben.

So verlief das Rennen

Hamilton erwischte keinen perfekten Start, doch es reichte, um Rosberg in Schach zu halten, der sich eines heftigen Angriffs von Vettel erwehren musste. Der Ferrari-Pilot war kurzzeitig innen ein bisschen vorn, doch Rosberg hielt dagegen und verteidigte seinen zweiten Rang.

Pech hatte Nico Hülkenberg im Force India, der nach einer Kollision mit McLaren-Star Fernando Alonso in die Leitplanken krachte und sich in der Box einen neuen Frontflügel holen musste. Alonso kassierte für seine Aktion eine Fünf-Sekunden-Strafe, später im Rennen musste er seinen Boliden wegen Getriebeproblemen abstellen und bleibt damit nach seinem Wechsel von Ferrari zu McLaren-Honda weiter punktlos.

Hamilton setzte sich an der Spitze derweil mühelos ab und lag drei Sekunden vor Rosberg. Vettel konnte das Tempo der Silberpfeile nicht mitgehen und somit auch keinen Druck auf die Mercedes-Piloten ausüben.

Sorgen musste sich Hamilton nur um seine Vorderbremsen machen. „Was kann ich tun, um diese Bremsen zu retten?“ fragte der Weltmeister seinen Kommandostand. Von dort wurde ihm geraten, die Bremskraft mehr auf die hinteren Scheiben zu verteilen. Wirklich langsamer wurde der Brite trotz der Probleme aber nicht. Ganz im Gegenteil, der 30-Jährige legte wenig später die schnellste Rennrunde auf den Asphalt.

Dagegen erkannte die Mercedes-Box durch Vettel eine mögliche Gefahr für den zweiten Silberpfeil und forderte Rosberg auf, die Lücke auf seinen Landsmann möglichst zu vergrößern. Gleichzeitig sollte der Vize-Weltmeister aber auch Benzin sparen, eine knifflige Aufgabe.

Vettel versuchte seinerseits, sich mit einem früheren Boxenstopp vor Rosberg zu schieben, doch der sogenannte Undercut misslang, eine Runde später kam Rosberg zum Reifenwechsel und vor Vettel wieder zurück auf die Strecke. Ebenfalls problemlos verlief der Stopp von Hamilton, der seinen komfortablen Vorsprung recht locker verteidigte.

Die nächsten Runden verliefen an der Spitze komplett ereignislos, wie so oft in Monaco glich das Rennen einer Prozession, an deren Spitze Silber dominierte. Dafür gab im Mittelfeld einen Schreckmoment, als der 17 Jahre alte Niederländer Max Verstappen im Kampf um Platz zehn mit seinem Toro Rosso mit dem Lotus des Franzosen Romain Grosjean kollidierte und in die Streckenbegrenzung krachte.

(sid)