Im Rahmen der Testfahrten gibt sich Sebastian Vettel locker wie seit Langem nicht. Auch bei dem viermaligen Weltmeister ist die Faszination Ferrari spürbar.

Jerez de la Frontera. Sebastian Vettel fasst es in wenigen Worten zusammen. „Es ist etwas Besonderes“, sagt der 27-Jährige. Ein viermaliger Weltmeister, einst Formel-1-Markenzeichen eines weltweit bekannten Getränkeherstellers aus Österreich. Einer der erfolgreichsten Piloten der Formel-1-Geschichte. Aber auch Vettel gerät ins Schwärmen, wenn er die Faszination der Scuderia Ferrari beschreibt. Jetzt erst recht, wo er doch Teil der Famiglia ist.

„Dass die Italiener was sehr Herzliches haben, ich glaube, das kennen wir alle vom Italiener um die Ecke“, sagt er am Rande der Testfahrten in Jerez de la Frontera in seiner bekannten Art – und schmunzelt. Überhaupt ist Vettel wieder besser gelaunt. Das Lachen war dem 39-maligen Grand-Prix-Gewinner in der vergangenen, seiner letzten Saison bei Red Bull gehörig vergangen: „Wenn es nichts zu feiern gibt, kann ich auch nicht besonders glücklich sein.“

Ein Formel-1-Jahr zum Vergessen

2014 war Vettels erstes komplettes Formel-1-Jahr ohne einen Rennsieg. Nach seinem Einstieg mitten in der Saison 2007 zunächst für BMW, dann für Toro Rosso, hatte er 2008 beim Ferrari-Heimrennen in Monza seinen ersten Sieg bejubelt. Seitdem folgten 38 weitere. Nur Nummer 40 will partout nicht klappen. Mit dem 41. würde er sogar mit Formel-1-Ikone Ayrton Senna gleichziehen, insgesamt stehen in der ewigen Bestenliste der Grand-Prix-Sieger nur noch Michael Schumacher (91) und Alain Prost (51) sowie Senna vor Vettel.

Schumacher, Vettels Kindheitsidol, wechselte zur Saison 1996 als zweimaliger Champion zu Ferrari, das damals ziemlich am Boden lag. 1996, 1997, 1998, 1999 – titellos. Erst 2000 kehrte Schumacher auf den WM-Thron zurück. Dann allerdings unerreichte fünfmal in Serie. „Wenn man letzten Endes annähernd so erfolgreich wäre, dann wäre das schon ein Riesending“, betont Vettel, für dessen Zusammenkunft mit den Medien eigens der Pressekonferenzraum auf dem Circuito de Jerez genutzt wurde, so groß war der Andrang. Dass parallel das sportlich tonangebende Mercedes-Duo mit Weltmeister Lewis Hamilton und Vizechampion Nico Rosberg zur Gesprächsrunde geladen hatte, geriet zur Nebensache.

Teamchef fordert von Vettel zwei Siege

Vettel kam als viermaliger Titelträger zu Ferrari. Diesmal hat der Rennstall aus Maranello (Vettel: „Der Ort hat was Magisches“) gewaltige personelle Veränderungen hinter sich. Denn der Erfolg, den eine Marke Ferrari einfach braucht, bleibt seit langem aus: Letzter Fahrertitel 2007 durch Kimi Räikkönen, letzter Sieg im Mai 2013 durch Vettel-Vorgänger Fernando Alonso. „Das Team ist im Umbruch, viele neue Leute, das wird Zeit brauchen. Es ist klar, dass der Einfluss erst mit der Zeit kommt“, betont Vettel.

Teamchef Maurizio Arrivabene, einer der Neuen in verantwortlicher Position, gab zwei Siege als Saisonziel aus. „Noch mehr Siege wären noch schöner“, findet Vettel, mahnte aber zur Geduld. Das große Ziel sei letztlich, Anschluss an die Spitze zu finden und den „anderen das Leben schwer zu machen“.

Das konnte er 2014 in seinem letzten Red-Bull-Jahr kaum, entsprechend war oft Vettels Laune. Nun wirkt er erstmal gelöster. Er lacht und scherzt wieder. Auf die Anmerkung einer italienischen Journalistin, dass es noch etwas merkwürdig sei, ihn im roten Dress zu sehen, entgegnete Vettel mal wieder schmunzelnd: „Wahrscheinlich muss ich was an meinem Teint machen, wenn ich für ein italienisches Team fahre.“ Mit Blick auf seinen finnischen Rennstallrivalen Kimi Räikkönen fügte er aber hinzu: „Wir sind beide ziemlich blass, es sollte also kein Problem sein.“