Über der Königsklasse kreist der Pleitegeier. Viele Teams können sich das Millionenspektakel nicht mehr leisten. Dabei sind die Probleme lange bekannt und hausgemacht.

Hamburg. Über der glitzernden Glamourwelt der Formel 1 kreist ein hässlicher Pleitegeier: Während die Hinterbänkler-Teams Caterham und Marussia längst am Rande des Abgrunds stehen, ächzen auch Rennställe wie Sauber, Force India und Lotus zunehmend unter der Last der immensen Kosten in der Königsklasse. Dabei sind die Probleme lange bekannt und hausgemacht.

„Wir werden weitere Teams verlieren, wenn wir so weitermachen. Hätten wir die Kostenkontrolle und eine gerechtere Verteilung der Preisgelder, hätten wir Caterham und Marussia vielleicht nicht verloren“, sagt Robert Fearnley, stellvertretender Teamchef von Force India, und bringt das Problem auf den Punkte: „Nur fünf Teams haben in der Formel 1 etwas zu sagen.“ Der Rest muss sehen, wo er bleibt.

„Es ist kein fairer Wettbewerb mehr. Es war abzusehen, dass diese Teams abstürzen“, sagte Max Mosley der BBC. Der ehemalige Präsident des Automobil-Weltverbandes FIA malte zudem ein düsteres Zukunftsbild: „Sie könnten nicht die Letzten gewesen sein.“

Seit Jahren reden die Teams davon, die ausufernden Ausgaben irgendwie eindämmen zu wollen, doch bisher konnten sich die Rennställe nicht auf eine Budgetobergrenze einigen. Besonders die großen und reichen Teams wie Red Bull und Ferrari, bei denen Geld keine Rolle spielt, sind nicht daran interessiert, ihren Etat zu deckeln.

Hinzu kommt die ungerechte Verteilung der Preisgelder durch Chefpromoter Bernie Ecclestone, das sogenannte „Bernie Money“. Der genaue Verteilungsschlüssel der rund 500 Millionen Euro, die pro Jahr ausgeschüttet werden, ist nicht bekannt. Aber klar ist: Die Starken werden überproportional begünstigt und damit immer stärker. Eine zumindest im Ansatz solidarische Verteilung der Einnahmen wie etwa in der Fußball-Bundesliga ist der Formel 1 fremd. Und so können sich die meisten Teams das Millionenspektakel eigentlich nicht mehr leisten.

„Ich glaube nicht, dass Privatteams langfristig überleben können. Der Sport hat einige Probleme. Viele Teams werden das Schicksal von Caterham teilen“, sagt Ex-Teamchef Tony Fernandes, der gerade mit einer Schlammschlacht um den am Boden liegenden Rennstall Caterham für Negativschlagzeilen sorgte.

Sowohl Caterham als auch Marussia werden beim Grand Prix der USA in Austin (Sonntag 21.00 Uhr/RTL und Sky) aus finanziellen Gründen nicht am Start sein. Damit ergibt sich ein trauriges Bild in der Startaufstellung in Texas: Das kleinste Fahrerfeld seit 2005.

Am Montag gab Marussia bekannt, ein Insolvenzverfahren eingeleitet zu haben. Der Schritt sei trotz aller Bemühungen, die Zukunft des Teams zu sichern, „alternativlos“, hieß es in einer Mitteilung. Bisher habe es keine Entlassungen im Team gegeben, die Mitarbeiter seien bis Ende Oktober voll bezahlt worden. Mit neuen Partnern wolle man das Team vor dem Aus retten. „Wir setzen weiterhin alles daran, interessierte Parteien ins Boot zu holen“, sagte Insolvenzverwalter Geoff Rowley.

Immerhin besteht etwas Hoffnung auf eine kurzfristige Rettung. Dem Team winkt offenbar eine Finanzspritze in Höhe von rund 70 Millionen Euro. Laut eines Berichtes des englischen Telegraph ist das britisch-indische Unternehmer-Duo Baljinder Sohi und Sonny Kaushal an dem in argen finanziellen Nöten steckenden Team interessiert. „Wir sind sehr nahe an einem Abschluss“, sagte Sohi: „Aber der Preis muss stimmen. Wir haben ein ernsthaftes Angebot eingereicht und warten nun ab, was passiert.“

Das eigentliche Problem würde dadurch nicht gelöst. „Die Formel 1 ist einfach zu teuer und vollkommen untragbar für die kleineren Fische“, sagt Narain Karthikeyan über die Finanzkrise in der PS-Branche. Nur die ohnehin schon reichen Teams würden große Gewinne einstreichen. Karthikeyan weiß, wovon er spricht. 2011 und 2012 fuhr der Inder für HRT. Dann war das Team pleite.