Vettel soll in einer Gelb-Phase überholt haben. Die Fia erklärte allerdings bereits, dass der Heppenheimer seinen Titel sicher habe.

Berlin. Ein angeblich drohender Ferrari-Protest könnte die WM-Dauerparty von Sebastian Vettel jäh beenden und den Titel-Hattrick des Heppenheimers vorerst infrage stellen. Der Formel-1-Rennstall des erneut geschlagenen WM-Zweiten Fernando Alonso prüft laut italienischer und britischer Medien derzeit Videomaterial vom Großen Preis von Brasilien, um den deutschen Dominator womöglich vors Gericht des Internationalen Automobilverbandes Fia zu zerren.

Der Vorwurf: Vettel soll in seinem Red Bull angeblich unter Gelben Flaggen am Sonntag bei seiner Aufholjagd den Franzosen Jean-Eric Vergne vom Schwesterteam überholt haben. Die vermeintlichen Belege: Videomaterial, das erst nach dem Rennen an die Öffentlichkeit kam und nun im Internet kursiert. „Wir prüfen das Material“, wurde ein Ferrari-Sprecher im englischen „Telegraph“ zitiert: „Alles, was die Glaubwürdigkeit der WM gefährdet, muss untersucht werden.“

Normalerweise werden Verstöße gegen Gelbe Flaggen mit einer Durchfahrtsstrafe geahndet. Nachträglich – bislang aber immer noch am Renntag – werden für gewöhnlich 20-Sekunden-Strafen verhängt. Das würde im Fall von Vettel aber bedeuten, dass er hinter Michael Schumacher und Vergne auf den achten Rang rutschen würde. Damit wäre der Drei-Punkte-Vorsprung auf Alonso dahin und der Spanier mit einem Zähler Vorsprung Weltmeister.

Sollte es zu einem Protest kommen, müsste das Berufungsgericht der Fia entscheiden. Laut einem Bericht der BBC könnte der Verband als Regelhüter aber sogar schon ohne Protest Ermittlungen aufnehmen. Der Sender berief sich dabei auf einen Passus im Regelwerk, wenn neues Beweismaterial vorliegt. „Flaggen-Krimi um Vettel. Steht der WM-Titel zur Diskussion?“, schrieb bereits die italienische „La Gazzetta dello Sport“. „Von all den bemerkenswerten Neuheiten in der Formel 1 wäre dies etwas ganz Besonderes: Ein Gerichtsverfahren per Internet“, urteilte bereits mit einigem Spott die Londoner „Times“.

Die Aufregung kommt für Vettel zur Unzeit. Der jüngste Dreifach-Champion der Formel-1-Geschichte, der sich die ganze Saison über von Sticheleien und Psychospielchen durch Alonso und Ferrari nicht beirren lassen hatte, steckt im Party-Marathon. Vettel will an diesem Samstag seine Feierrunden mit einem Showrun in Graz fortsetzen. Die Frist für einen Einspruch von Ferrari läuft indes an diesem Freitag ab. Das Fachmagazin „auto, motor und sport“ befand, dass an Vettels drittem Titel in Serie nicht zu rütteln sei und berief sich auf eine Tatsachenentscheidung der Rennkommissare vergleichbar mit der Schiedsrichterpraxis bei Fußballspielen. Allerdings kann im Fußball durchaus auch nachträglich ermittelt werden, wenn der Referee einen Regelverstoß im Spiel schlichtweg nicht gesehen hat.

Im Fall von Vettel geht es um eine Aktion in Runde vier. Nachdem der Hesse gleich in der ersten Runde unverschuldet durch einen Unfall ans Ende des Feldes geraten war, arbeitete sich Vettel in Sao Paulo schnell nach vorne. Nun sollen Videoaufnahmen zeigen, dass er Vergne dabei unter Gelben Flaggen bzw. entsprechenden Lichtsignalen überholt hat. In einem weiteren Video, für alle im weltweiten Netz zugänglich, soll aber ein Streckenposten schon vor dem Manöver die Grünen Flaggen geschwenkt haben, die die Gelbphase wieder aufheben. Im Wagen von Vettel leuchten aber offenbar weiter die gelben Lampen.

Manche vermuten, dass Alonos hinter einem möglichen Protest steckt. „Ich brauche keine Wunder, ich mache meine Wunder mit richtigen Gesetzen“, hatte Alonso jüngst getwittert und sämtliche Spekulationen um einen Protest in Fahrt gebracht. Nun hat wohl Ferrari das letzte Wort. Der Rennstall, der im Kampf gegen Vettel auch schon bewusst gegen eine Regel verstieß, um Alonso in der Startaufstellung von Austin weiter nach vorn und vor dessen Stallrivalen Felipe Massa zu bekommen.

Fia: Vettel hat den Titel sicher

Unterdessen gab der Automobil-Weltverband Fia bekannt, dass Vettel seinen Titel sicher habe. Die Fia wird ein mögliches Vergehen des Red-Bull-Piloten beim letzten Rennen in Sao Paulo nicht nachträglich untersuchen. „Vettel hat nichts falsch gemacht. Es gab widersprüchliche Flaggen- und Leuchtsignale“, sagte ein Fia-Sprecher der Sport Bild.

Die fraglichen Ereignisse in der vierten Runde, in der Vettel in einer Gelbphase den Toro-Rosso-Piloten Jean-Eric Vergne überholt haben soll, seien bereits während des Rennens untersucht worden. Von einer Strafe gegen Vettel wurde zu diesem Zeitpunkt abgesehen, womit sein Titel im Nachhinein auch durch einen Protest des Kontrahenten Ferrari nicht mehr in Gefahr geraten könnte. „Eine weitere Untersuchung oder Proteste wird es nicht geben“, hieß es von Fia-Seite.

Dennoch forderte Red-Bull-Konkurrent Ferrari bei der Fia am Donnerstag eine Erklärung zum Vorfall an. Dies teilte das Team aus Maranello auf seinem Twitter-Profil mit. Ein Missachtung der gelben Flagge wird im Normalfall mit einer 20-Sekunden-Strafe geahndet. Hätte Vettel diese nach Rennende erhalten, wäre er im Rennklassement von Sao Paulo auf den achten Rang zurückgefallen. Dies hätte zur Folge gehabt, dass sein spanischer Ferrari-Rivale Fernando Alonso im Gesamtklassement vorbeigezogen und dann Weltmeister geworden wäre.