Mit einigem Verzug waren nach dem Rennen am Sonntag in Brasilien Aufnahmen aufgetaucht, denen zufolge Vettel offensichtlich in einer Gelb-Phase überholt hat.

Hamburg. Eine Twitter-Nachricht von Fernando Alonso und Videomaterial von einem Überholmanöver von Sebastian Vettel haben in Spanien offenbar die Hoffnung auf einen Protest gegen die Wertung des Formel-1-Finales in Brasilien genährt. Medien aus dem Land des geschlagenen Ferrari-Piloten Alonso berichteten am Mittwoch, Ferrari und Alonso würden einen Einspruch gegen die Ergebnisse beim Großen Preis von Brasilien erwägen. In der italienischen Zeitung „Corriere dello Sport“ stellte Ferrari-Sprecher Luca Colajanni aber klar, dass es eine derartige Absicht nicht gebe.

Erst mit einigem Verzug waren nach dem Rennen am Sonntag in Brasilien Aufnahmen aufgetaucht, denen zufolge Vettel offensichtlich in einer Gelb-Phase den Toro-Rosso-Piloten Jean-Eric-Vergne überholt hat. Alonso stichelte via Twitter: „Ich brauche keine Wunder, ich mache meine Wunder mit richtigen Gesetzen.“ Die spanische Sportzeitung „Marca“ stellte auf ihrer Internetseite den Lesern die Frage, ob Ferrari Protest einlegen solle. Bis Mittwochnachmittag stimmten mehr als 90 Prozent dafür.

Werden Verstöße gegen die Gelben Flaggen während eines Rennens geahndet, bekommen die Verursacher eine Durchfahrtsstrafe. Nachträglich – bislang aber immer noch am Renntag – werden für gewöhnlich 20-Sekunden-Strafen verhängt. Bis Freitag habe Ferrari für einen Einspruch Zeit, hieß es in spanischen Medien.

Vettel war am Sonntag nach einem Unfall in der ersten Runde ans Ende des Feldes gerutscht. Der Heppenheimer war anschließend bis auf den sechsten Rang vorgefahren. Das reichte ihm, um im Red Bull zum dritten Mal nacheinander Weltmeister zu werden und Alonso mit drei Punkte Vorsprung auf den zweiten Platz zu verweisen.

Bei Red Bull gibt es unterdessen andere Diskussionen. Meldungen über eine angebliche Vertragsverlängerung des jüngsten Dreifach-Champions der Geschichte machten am Mittwoch die Runde. Sie wurden bei Red Bull von höchster Stelle aber schnell zurückgewiesen. „Ich weiß nicht, wo diese Gerüchte herkommen. Das ist völliger Unsinn“, sagte ein aufgebrachter Helmut Marko, Red Bulls Motorsportberater, dem SID: „Sebastian hat bei uns einen kugelsicheren Vertrag bis 2014. Das ist der Stand.“ Auch Vettels persönliche Sprecherin Britta Roeske wollte die Berichte nicht bestätigen und verwies auf den laufenden Vertrag bis 2014.

Zuvor hatte die österreichische Internetseite oe24.at gemeldet, der bisherige Kontrakt des 25 Jahre alten Heppenheimers sei vorzeitig bis 2016 verlängert worden. Zudem sollen Vettels Bezüge von bisher rund elf Millionen Euro jährlich (plus Werbeeinnahmen) deutlich angehoben worden sein. Demnach würde der Beatles-Fan zum neuen Top-Verdiener in der Königsklasse aufsteigen. Bisher kassierte Vettels Ferrari-Rivale Fernando Alonso am meisten: Rund 28 Millionen Euro. Auch die Verträge von Teamchef Christian Horner und Chef-Konstrukteur Adrian Newey sollen laut oe24.at verlängert worden sein.

Zuletzt hatte es immer wieder Gerüchte gegeben, Vettel ziehe es zu einem Traditionsrennstall wie Ferrari. Der Weltmeister der vergangenen drei Jahre, der seit 2009 für die roten Bullen fährt, hatte die Spekulationen mit Aussagen wie „Marken wie Ferrari und Mercedes üben auf jeden Piloten einen Reiz aus“ zusätzlich angeheizt. Die Silberpfeile hatten sich vor drei Jahren bereits intensiv um Vettel bemüht.

Doch der Umworbene hatte auch im Glückstaumel nach seinem historischen dritten WM-Triumph in Sao Paulo eine Liebeserklärung an sein Team gerichtet und die Treue geschworen. „Ich bin sehr glücklich mit dem, was wir bisher erreicht haben“, sagte er, „und ich glaube nicht, dass diese Geschichte vorbei ist. Ich sehe keinen Grund, über ein anderes Team nachzudenken. Ich bin extrem glücklich über meine Position.“ Horner schüttete seinen Star mit Lob zu und ließ erkennen, ihn unter keinen Umständen verlieren zu wollen: „Es ist außergewöhnlich, was Sebastian bisher geleistet hat. Er steht in einer Reihe mit den ganz Großen.“

Vertragsverlängerung hin oder her: Fakt ist, dass Vettel auch in der nächsten Saison für Red Bull fahren wird. Nichts anderes als sein vierter Titel ist sein Ziel. „Natürlich“, sagte er in Milton Keynes, „wenn man etwas gut gemacht hat, ist eine Verbesserung immer schwierig. Aber wir haben natürlich auch in diesem Jahr nicht alles richtig gemacht. Man muss aufmerksam sein und aus diesen Fehlern lernen, dann geht es noch besser.“

Schumacher: Vettel der richtige Weltmeister

Rekord-Champion Michael Schumacher hat Sebastian Vettel unterdessen erneut zu dessen drittem Titel in Serie gratuliert. „Es war sicher ein nervenaufreibendes Rennen für ihn, und er hat damit die Saison bravourös zu Ende gebracht. Ich kenne ihn schon so lange und mag den Kerl gerne; es freut mich sehr für ihn“, teilte der 43-Jährige auf seiner Homepage mit: „Für mich hat der Richtige die Fahrer-WM geholt.“

Den Sieg in der Teamwertung hätte Schumacher allerdings eher Ferrari als Vettels Red-Bull-Team gegönnt. „Der Konstrukteurs-Weltmeister wäre mir aus der großen Verbundenheit heraus in rot doch sehr viel lieber gewesen...“, sagte Schumacher.

Zu seinem Nachfolger Vettel erkennt Schumacher viele Parallelen. „Ich habe mir die Kollegen angeschaut und all das, was erkennbar besser war, kopiert. Das ergab eine gesunde Mischung“, sagte Schumacher im Gespräch mit dem Magazin stern. Genauso gehe auch Vettel vor. „Sebastian ist einer der Cleversten, die offen genug sind, zu kapieren, was notwendig ist“, sagte Schumacher.

Er selbst will sich nach dem Ende seiner Karriere in Zukunft verstärkt seinem Hobby Fallschirmspringen widmen. „Ich bin noch ein Greenhorn, aber ich habe - nicht nur dadurch - gelernt abzuschalten. Darauf freue ich mich jetzt: nicht mehr ständig über die Formel 1 nachdenken zu müssen; das hat mich zum Schluss mehr und mehr zerstört“, sagte Schumacher.

Der Kerpener, der nach dem letzten Saisonrennen am Sonntag in Sao Paulo seine schillernde Formel-1-Karriere beendet hatte, fuhr von 1996 bis 2006 für Ferrari und holte mit der Scuderia von 2000 bis 2004 fünf seiner sieben WM-Titel. Im Mercedes konnte er in den vergangenen drei Jahren nach seinem Comeback nicht mehr an diese Erfolge anknüpfen.

Trotzdem zog Schumacher ein positives Fazit nach dem 308. und letzten Rennen seiner Laufbahn. „Es war ein schöner Abschluss: ein tolles Rennen, ein toller Weltmeister, eine tolle Aufholjagd“, sagte er, „seltsam, dass ich mit dem siebten Platz meine Karriere beende - so hat sie auch angefangen, mit einem siebten Platz in meinem ersten Qualifying. Und dann die sieben WM-Titel: Die Zahl war ein guter Schluss.“