Fahrertitel und Konstrukteurswertung hat Red Bull bereits sicher. Bei der Premiere in Indien soll Mark Webber nun aber Rang zwei sichern.

Neu Delhi. Der deutliche Aufruf zur Teamorder könnte Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel die Einstellung eines grandiosen Rekordes von Michael Schumacher kosten. Nach der klaren Ansage von Teamchef Christian Horner, dass fortan die Vize-Weltmeisterschaft für Vettels Teamkollegen Mark Webber das erklärte Saisonziel sei, versicherte der Weltmeister, seinen Stallrivalen im Fall einer relevanten Situation „auf jeden Fall“ vorbeizulassen. Nur mit drei Siegen aus den verbliebenen drei Rennen könnte der 2011 bisher zehnmal erfolgreiche Vettel aber Schumachers Rekord von 13 Saisonsiegen aus dem Jahr 2004 einstellen.

„Mark ist nicht weit weg von Platz zwei“, sagte Vettel vor der Formel-1-Premiere in Indien an diesem Wochenende: „Wir wollen immer das bestmögliche herausholen. Und da wir die Fahrer- und die Konstrukteurs-WM schon gewonnen haben, wollen wir nun Mark Zweiter werden lassen.“ Derzeit hat der Australier, der noch ohne Saisonsieg ist, als Vierter 13 Punkte Rückstand auf den Briten Jenson Button (McLaren) und drei Zähler auf Fernando Alonso (Spanien/Ferrari).

Der Unterschied zwischen einem ersten und zweiten Platz beträgt sieben Punkte, Teamorder ist seit dieser Saison offiziell erlaubt. Die Vize-Weltmeisterschaft würde für Webber, der 2009 Vierter und im Vorjahr Dritter war, im zehnten Formel-1-Jahr den größten Erfolg bedeuten.

Perfekt! Vettel und Co. fahren vor der New Yorker Skyline

Webber hatte sich vor allem im Titelkampf des Vorjahres oft vom Team benachteiligt gefühlt, nun will Horner nach der Vertragsverlängerung offenbar auch den Seelenfrieden des 34-Jährigen wieder herstellen. „Webber hatte ein sehr starkes Jahr, und wir wollen, dass er in der Fahrer-WM Zweiter wird“, hatte er gesagt: „Unsere verbleibenden Ziele sind daher: Ihm zu einem Rennsieg zu verhelfen und die Saison mit Stil zu beenden.“

Doch auch wenn Vettel seinem internen Rivalen im Fall der Fälle den Sieg überlassen würde, strebt er in erster Linie einen Ausbau der eigenen Erfolgsserie an. „Wir haben es uns das ganze Jahr nicht erlaubt abzuheben. Dass wird dies weiterhin nicht tun, wird entscheidend sein für den Rest dieses Jahres, das nächste Jahr und die nächsten Jahre überhaupt“, sagte er und bleibt trotz der bereits feststehenden Titel in der Fahrer- und Konstrukteurs-WM weiter fokussiert: „Unser Ziel ist es, so weiterzumachen wie zuletzt.“

In Indien am Sonntag geht es schließlich auch um eine ganz besondere Ehre. „Ich bin sicher, dass Vettel hier alles geben wird“, sagte Manoj Gaur, Vorsitzender des privaten Streckenbetreibers Jaypee: „Er hat einen Ruf zu verteidigen. Schließlich will jeder Fahrer derjenige sein, der den ersten Grand Prix in Indien gewinnt.“

Der neue Formel-1-Kurs in Indien

Zum ersten Mal findet am Sonntag (10.30 Uhr/MESZ) ein Formel-1-Rennen in Indien statt. Die Rennstrecke Buddh International Circuit liegt in Greater Noida im Bundesstaat Uttar Pradesh, rund 50 Kilometer südöstlich von der Elf-Millionen-Einwohner-Metropole Neu Delhi entfernt. Der deutsche Architekt Hermann Tilke, der für zahlreiche der neuen Strecken im Formel-1-Rennkalender verantwortlich ist, entwarf auch diesen Kurs. Die Baukosten lagen bei mehr als 290 Millionen Euro.

Eine Runde ist 5,137 Kilometer lang. Gefahren werden 60 Umläufe, also insgesamt 308,22 Kilometer. „Es geht bergauf und bergab, mehr als man denkt. Die reinste Achterbahnfahrt“, urteilte Doppelweltmeister Sebastian Vettel. Das hält Tilke zwar für „etwas übertrieben“, dennoch dürfte die kurvenreiche Strecke zu den schnellsten Rennen der Formel 1 werden. Erwartet wird eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 210 Kilometern pro Stunde und einem Top-Speed von knapp 320 am Ende der längsten Geraden.

Tilke rechnet zwar mit einer reibungslosen Premiere, doch noch wird fleißig gewerkelt in Greater Noida. Nur die Strecke selbst scheint rechtzeitig fertig geworden zu sein. Auch abseits der Strecke gleicht das Gebiet noch einer riesigen Baustelle.

Hauptinitiatoren der Formel-1-Premiere waren Sahara-Force-India-Teamchef Vijay Mallya und Vicky Chandhok, der Präsident des indischen Motorsport-Clubs. Unklar ist noch, wie viele Fans zur Strecke kommen werden. Für die meisten Inder dürfte ein Ticket bei Preisen zwischen 35 und 500 Euro unerschwinglich sein. Trotz des wirtschaftlichen Aufschwungs liegt das Pro-Kopf-Einkommen im Jahr laut Weltbank bei weniger als 1000 Euro.

Der Streckenbetreiber Jaypee Sports, der den Kurs in dem riesigen Freizeitkomplex Sports City realisiert hat, rechnet bei einer Gesamtkapazität von 150 000 mit rund 75 000 Besuchern. Chandhok geht von rund 100 000 Zuschauern aus und der einzige indische Pilot, Narain Karthikeyan (HRT), rechnet gar mit vollen Tribünen. (sid/dpa)