Hamburg. Jonas Wohlfarth-Bottermann und Will Christmas überzeugen für die Basketballer gegen Ludwigsburg. Auch über die Saiosn hinaus?

58 Sekunden vor Schluss hatte Jonas Wohlfarth-Bottermann die große Chance, sein starkes Spiel zu veredeln. In den 39 Minuten zuvor hatte der 34 Jahre alte Center mit bis dato acht Punkten und elf Rebounds großen Anteil daran, dass die Veolia Towers Hamburg das Spiel gegen die MHP Riesen Ludwigsburg mit 89:84 (17:22, 31:24, 17:13, 24:25) für sich entscheiden konnten. Ein wichtiger Sieg gegen einen direkten Konkurrenten im Kampf um die Play-ins.

Nun stand Wohlfarth-Bottermann beim Stand von 86:79 an der Freiwurflinie und hätte mit zwei Treffern nicht nur für eine entspanntere Schlussminute sorgen, sondern auch seine persönliche Punktestatistik in den zweistelligen Bereich schrauben können. Zusammen mit den elf Rebounds wäre ihm dann ein Double-Double gelungen, also zweistellige Werte in zwei der fünf wichtigen Statistiken. Der erste Wurf fand noch sein Ziel, doch dem zweiten Versuch fehlte es an Genauigkeit. Und so blieb der EM-Dritte von 2022 bis zur Schlusssirene bei neun Punkten.

Wohlfarth-Bottermann überzeugt für die Veolia Towers Hamburg beim Sieg gegen Ludwigsburg

Die 3025 Zuschauer in der Wilhelmsburger Inselpark Arena honorierten seine Leistung trotzdem mit lautstarken „MVP“-Rufen. Als MVP (most valuable player) wird im US-Sport der wertvollste Spieler bezeichnet. „Das habe ich auch zum ersten Mal in meiner Karriere gehört. Das ist sicherlich auch eine Wertschätzung dafür, dass ich mich heute in das Spiel hier reingehauen habe“, sagte er nach der Partie. „Ich habe mich immer als guten Defensivspieler gesehen. Ob ich dann zum MVP der Saison gewählt werde, müssen wir abwarten.“ In puncto Rebounds war ihm beinahe sogar ein neuer Bestwert in seiner Bundesligakarriere gelungen. Den hatte er mit zwölf Rebounds am 13. März 2019 im Trikot der Skyliners Frankfurt gegen Jena aufgestellt.

Angesichts des Erfolgs konnte er auch darüber locker hinwegsehen: „Der Sieg war sehr wichtig. Wir sind in den letzten Spielen, gerade gegen Heidelberg, gestolpert“, sagte er nach dem Spiel, das von vielen intensiven Zweikämpfen geprägt war. Gegen Abstiegskandidat Heidelberg hatten die Towers zu Hause mit 79:83 verloren. „Ich bin froh, dass wir eine Reaktion gezeigt haben. Wir haben ein klares Ziel: Irgendwie einen Play-off-Platz ergattern.“ Auch Towers-Cheftrainer Benka Barloschky war mit seinem Schützling zufrieden: „Jonas ist ein Gewinner. Das war er schon in seiner ganzen Karriere. Mit seiner defensiven Präsenz auf dem Platz, seiner Physis, seinem Einsatz ist er ein ganz, ganz wichtiger Teil dieser Mannschaft.“

Basketball-Talent Hukporti scheitert an Towers-Routinier

Nach dem Spiel stand Wohlfarth-Bottermann noch lange mit seinem zwölf Jahre jüngeren Gegenspieler Ariel Hukporti auf dem Parkett der mittlerweile fast leeren Inselpark Arena. Einzig ein paar Mitarbeiter der Towers hatten es sich auf der Tribüne noch gemütlich gemacht, um im Anschluss an den Sieg ihres Teams noch das weniger erfolgreiche Spiel des HSV gegen Holstein Kiel auf der Videowand der Halle zu gucken.

Der 22-jährige Hukporti, mit dem Wohlfarth-Bottermann 2020 in Ludwigsburg zusammenspielte, stellte die Hamburger mit seiner Physis vor allem in den Anfangsminuten der Partie vor große Probleme. „Er hat uns am Anfang unglaublich doll wehgetan“, musste auch Barloschky nach dem Spiel konstatieren. Hukportis Gegenspieler Aleksander Dziewa, der im Spiel zuvor gegen Alba Berlin mit 22 Punkten noch eine starke Leistung zeigte, sah gegen den 2,13 Meter großen und 114 Kilogramm schweren Center kein Land und wurde folgerichtig nach etwas mehr als vier Minuten ausgewechselt. Mit insgesamt nur einem Punkt und Rebound erwischte der Pole am Sonnabend auch insgesamt einen mehr als gebrauchten Tag.

Hamburgs Wohlfarth-Bottermann über Hukporti: „Er wird mir den Rang ablaufen“

Für ihn kam Wohlfarth-Bottermann ins Spiel und bekam seinen einstigen Mitspieler deutlich besser in den Griff: „Er ist noch mal ein bisschen kräftiger geworden. Seine Anlagen sind unbestritten, vom Spiel her sicherlich ein NBA-Talent“, lobte er Hukporti, der nach knapp drei Jahren in Australien erst seit Anfang April wieder in Ludwigsburg spielt. Allerdings nur bis zum Sommer. Dann ist der gebürtige Stralsunder und ehemalige Juniorennationalspieler zum Draft, der Talentsichtung der NBA, angemeldet. Vielleicht wird dann auch die Prophezeiung seines ehemaligen Mitspielers wahr.

„In Zukunft wird er mir den Rang ablaufen. Aber das ist okay“, sagte Wohlfarth-Bottermann nach vielen harten Duellen gegen Hukporti am Sonnabendabend lachend. „Schön, dass er jetzt nach Ludwigsburg zurückgekommen ist. Es freut mich immer, den Leuten am Ende meiner Karriere noch mal zu begegnen und die Chance zu haben, die Verhältnisse noch mal zu klären.“

Basketball: Welche Zukunft haben Wohlfarth-Bottermann und Christmas bei den Towers

Für den NBA-Draft wird es beim Hamburger nicht mehr reichen, aber ob er über den Sommer hinaus in Hamburg bleibt, ist ungewiss. Der Routinier würde nach Abendblatt-Informationen am liebsten für zwei Jahre an einem Standort unterschreiben. Ein Karriereende kommt noch infrage, bei einem Wechsel ins Ausland würde Freundin Elisa ein Wörtchen mitzureden haben.

Überdies dürfte ein weiterer Matchwinner des Ludwigsburg-Spiels kaum zu halten sein. Flügelspieler Will Christmas überragte gegen die Schwaben mit 28 Punkten. Vor Kurzem erst hatte er den Berater gewechselt, sich einer größeren europäisch agierenden Agentur angeschlossen. Die verbleibende Saison kann Christmas zum Schaulaufen nutzen.

Nächste Gelegenheit dazu ist am Sonntag (17 Uhr), wenn für die Hamburger das nächste wichtige Auswärtsspiel im Kampf um die Play-ins beim Tabellennachbarn EWE Baskets Oldenburg ansteht. „Das wird sicherlich sehr schwer. Gleiche Situation, sehr physisches Team. Das Gute ist, dass wir jetzt eine Woche Zeit haben, um uns auf das Spiel vorzubereiten“, sagt Wohlfarth-Bottermann. Und um wieder zu Höchstleistungen aufzulaufen.