Der Transfer rückt näher - Javier Martínez war einem Medienbericht zufolge am Mittwochmorgen zum Medizincheck beim FC Bayern - Am Mittwoch soll der Deal perfekt werden - Bierhoff gratuliert: “Hat große Zukunft vor sich“.

München. Es war nicht das Terminal 2 des Münchner Flughafens, und es war keiner der drei täglichen Linienflüge aus Bilbao. Nein, als alles plötzlich ganz schnell ging, kam Javi Martinez in der Nacht zum Mittwoch gegen 23 Uhr in einem Privatjet aus dem Baskenland geflogen. Der Medizincheck in der Münchner Innenstadt wurde in den frühen Morgenstunden bis kurz vor vier Uhr absolviert, am Mittwoch nun soll das 40-Millionen-Geschäft endlich abgeschlossen werden. Die Fußball-Bundesliga, und vor allem Bayern München haben nach rund zweiwöchigem Tauziehen endlich ihren Rekordtransfer.

Tagelang hatten sich Journalisten, Fotografen und Kamerateams am Flughafen die Beine in den Bauch gestanden – aber Martinez scheint kein Mann für große Auftritte. „Todo bien“ („alles gut“) nuschelte der Spanier beim Verlassen der Praxis von Bayern-Arzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt schüchtern, seine Beraterin Margarita Garay und zwei Begleiter versteckten ihn unter einem schwarzen Regenschirm. Im dunklen Van ging es in die Münchner Nacht, noch am Mittwoch flog Martinez zurück zum spanischen Liga-Verband LFP. Sind die Formalien in Madrid geregelt, kann Martinez am Donnerstag beim Rekordmeister vorgestellt werden.

Die Indizien sind eindeutig, die Bayern aber vermelden den Transfer wohl aus weiser Voraussicht erst als perfekt, wenn die letzten Hürden ausgeräumt sind. „Wir sind ganz ruhig. Von unserer Seite gibt es noch nichts“, sagte Mediendirektor Markus Hörwick der Nachrichtenagentur dapd am Mittwochmorgen. Dem bestandenen Medizincheck bei Müller-Wohlfahrts Urlaubsvertretungen Lutz Hänsel und Peter Ueblacker soll in Madrid die Vertragsauflösung beim Verband folgen. Der Scheck aus München über 40 Millionen Euro ist längst hinterlegt.

Der Kampf „bis zur letzten Sekunde“ war nötig

Martinez löst Nationalstürmer Mario Gomez als teuersten Transfer der Liga-Geschichte ab. Für den Torjäger hatten die Bayern 2009 rund 30 Millionen Euro an den VfB Stuttgart überwiesen. Die Transferausgaben der Bayern steigern sich durch den Coup in diesem Sommer auf rund 70 Millionen Euro. „40 Millionen sind eine Wahnsinnssumme. Aber wir sind sportlich überzeugt“, sagte Präsident Uli Hoeneß zuletzt.

„Bis zur letzten Sekunde“ wollten die Bayern laut Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge um den 23-Jährigen kämpfen – und das war auch nötig. Erst rund 68 Stunden vor Ende der Transferfrist am Freitag (18 Uhr) gelang der Durchbruch. Am späten Dienstagnachmittag hatte Martinez noch in Bilbao trainiert, bevor er endlich grünes Licht aus München bekam. Die Juristen waren sich einig, dass die komplizierte Ausstiegsklausel im Vertrag mit Bilbao rechtmäßig erfüllt ist.

Sogar Rummenigge, Hoeneß und Co. waren ob der Verzögerungen und des komplizierten Steuerrechts in Spanien zuletzt nervös geworden. Es wäre kollektives Scheitern gewesen, wenn nach den erfolglosen Verhandlungen mit Marco Reus (Borussia Dortmund) und Lars Bender (Bayer Leverkusen) auch der schon als so gut wie perfekt vermeldete Deal mit Martinez geplatzt wäre.

Urrutia blieb stur – die Juristen regelten den Fall

Für den sturen Präsidenten Josu Urrutia aus Bilbao, der noch am Montag auf eine „weiter erfolgreiche Zusammenarbeit mit Javi“ gehofft hatte, ist der Verlust seines Kronjuwels eine persönliche Niederlage. Für die Bayern hingegen soll der Welt- und Europameister der Gewinn sein, der eine weitere „Vize-Saison“ verhindert. „Man hört nur Gutes über ihn. Ich finde es klasse, dass die Bayern mal nicht einen Ausläufer kaufen, sondern einen Spieler, der noch eine große Zukunft vor sich hat“, sagte Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff bei Sport1.

Auf der Position vor der Abwehr soll Martinez neben Bastian Schweinsteiger defensiv absichern und Akzente nach vorne setzen. Den intern als eher spielschwach geltenden Luiz Gustavo und Anatoli Timoschtschuk bleibt wohl in der Zukunft nur die Reservistenrolle.

Auf Martinez Schultern hingegen sitzt spätestens ab Donnerstag die Last des „Rekordtransfers“. „Er weiß nicht, was auf ihn zukommt. Es ist ein großes Risiko“, sagt der ehemalige Bayern-Trainer Udo Lattek. Und unter einem schwarzen Regenschirm verstecken kann er sich von nun an nicht mehr.