Berlin. Der ehemalige HSV-Trainer verzichtet beim selbsternannten “Big City Club“ bis zum Liga-Neustart auf Teile seines Gehalts.

Kein Handschlag für die Spieler, keine Umarmung auf dem Rasen: Seine Rückkehr in die Fußball-Bundesliga hätte sich Bruno Labbadia ganz anders vorgestellt. Die „außergewöhnliche Situation“ in Zeiten der Coronavirus-Pandemie beschäftige ihn „extrem“, sagte der neue Chefcoach von Hertha BSC bei seiner Präsentation am Ostermontag. „Wir müssen aus dem, was wir haben, das Beste machen. Das Ziel ist: Die Mannschaft auf den Tag X optimal vorbereiten.“

Auch die Umstände der Vorstellung des 54-Jährigen waren keineswegs gewöhnlich. Sieben Vertreter von ausgewählten Medien saßen verteilt im Medienraum der Berliner, weitere Journalisten reichten ihre Fragen per E-Mail ein. Der Abstand würde eingehalten, „das finde ich schon mal gut“, sagte Labbadia mit einem Lächeln.

Labbadia nimmt Arbeit bei Hertha BSC auf

Am Nachmittag wollte das „Kind der Bundesliga“ (Geschäftsführer Michael Preetz) die erste Trainingseinheit mit seiner neuen Mannschaft starten - jeweils in Dreiergruppen. Wann es auf dem Rasen erstmals wieder so richtig ernst wird, ist auch für Labbadia völlig offen. „Das kann in drei Wochen sein, das kann in fünf Wochen sein, das kann im August sein“, sagte er über den möglichen Liga-Neustart. Auf diese Situation müsse er sein Team vorbereiten. Derzeit pausiert die Liga in der Corona-Krise bis mindestens zum 30. April.

Die ungewisse Situation spielte auch eine entscheidende Rolle, dass Hertha die Ablösung von Alexander Nouri, die eigentlich erst nach der Saison geplant war, vorgezogen hat. „Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass keiner so richtig weiß, wann geht es weiter, wie geht es weiter?“, sagte Sport-Geschäftsführer Michael Preetz. „Wir hoffen alle, dass die Saison zu Ende gespielt wird. Aber eins ist aus unserer Sicht klar: Wir werden diesen Sommer nicht so erleben wie wir es gewohnt sind, wir werden keine reguläre Sommerpause haben nach unserer Einschätzung.“

Der "Big City Club" soll durch offensive Spielweise begeistern

Man erwarte, dass der neue Coach seine „offensive Spielidee Stück für Stück“ durchsetzen könne, formulierte der Manager. Da das Team nun bereits den vierten Cheftrainer dieser Saison habe und zudem zeitweise in häusliche Quarantäne musste, stellt sich Labbadia auf viel Arbeit im mentalen Bereich ein. „Man hat das volle Paket mitgenommen, mehr geht gar nicht“, sagte er mit Blick auf die Mannschaft des Tabellen-13. „Ich bin mir der Situation bewusst, dass es nicht so ist, dass wir hierherkommen, kurz mit den Finger schnipsen und es funktioniert.“

Er habe mehrere Anfragen für eine neue Anstellung gehabt, berichtete der Coach. In der vorigen Saison hatte Labbadia den VfL Wolfsburg in die Europa League geführt und war seitdem ohne Job. „Es war auch ein Thema, mal ins Ausland zu gehen. Hertha war im Sommer mein Wunschverein, und jetzt auch, weil ich bei der Mannschaft ein Potenzial sehe. Mir haben auch die Gespräche unwahrscheinlich gefallen.“

In diesen Verhandlungen offerierte Labbadia auch, auf „weite Teile“ seines Gehalts zu verzichten, bis wieder regulär Fußball gespielt werden könne, berichtete Preetz. „Das finde ich eine tolle und bemerkenswerte Geste und möchte mich da auch gleich zu Beginn schon mal für bedanken. Das zeigt, dass er sehr reflektiert auch in dieser Situation auf die Gesamtumstände, die wir in unserem Land und im Fußball haben, abhebt und sie im Blick hat.“