Das DFB-Sportgericht tagt heute in Frankfurt darüber, ob das Skandalspiel zwischen Fortuna Düsseldorf und Hertha BSC wiederholt werden soll.

Hamburg. Es war das unrühmliche Ende der Saison 2011/12. Doch vielleicht war das Skandalspiel in Düsseldorf gar nicht die letzte Partie der laufenden Spielzeit. Das DFB-Sportgericht tagt am heutigen Freitag ab 13.30 Uhr darüber, ob das Rückspiel in der Relegation zwischen Fortuna Düsseldorf und Hertha BSC wiederholt werden soll. Experten erwarten bereits im Laufe des Tages ein Urteil.

Abendblatt.de-Leser haben sich schon entschieden und plädieren deutlich für ein Wiederholungsspiel. In einer Umfrage wollten wir Ihre Meinung wissen, ob das Skandalspiel wiederholt werden soll. Insgesamt 7837 User beteiligten sich an der Umfrage und 58% halten ein Wiederholungsspiel für eine sportlich faire Lösung. Dementsprechend halten 42% das Spiel für ordnungsgemäß zu Ende gebracht.

Rückblick: Was ist passiert

Die Partie vor 51.000 Zuschauern in der ausverkauften Esprit-Arena stand in der Nachspielzeit am Rande des Abbruchs, weil Hunderte von Fans auf den Rasen gestürmt waren. Die Zuschauer zündeten Pyrotechnik und fingen an Rasenteile herauszureißen. Die Spieler und das Schiedsrichtergespann unter der Leitung von Wolfgang Stark gingen daraufhin in die Kabinen. Erst nach 20-minütiger Unterbrechung setzte der Referee die Begegnung fort, die vor dem Abbruch stand. Zu absolvieren waren zu diesem Zeitpunkt noch 90 Sekunden der offiziell siebenminütigen Nachspielzeit.

Die Mannschaft von Hertha BSC sei allerdings nach eigener Aussage nur auf Bitten der Polizei nach den Tumulten und der Unterbrechung aufs Spielfeld zurückgekehrt. „Der Schiedsrichter hat die Mannschaft nicht wegen des Fußballs auf den Platz zurückgeführt, sondern nur auf Bitten der Polizei, um eine Eskalation – man hat von einem Blutbad gesprochen - zu verhindern“, sagte Klub-Anwalt Christoph Schickhardt am Mittwochmorgen im „Morgenmagazin“ von ARD und ZDF. Hertha habe seinen Beitrag dazu geleistet. „Gestern ging es nur darum, Schlimmeres für den deutschen Fußball zu verhindern.“

+++ Hertha-BSC-Anwalt: "Spielten weiter, um Blutbad zu vermeiden" +++

Deshalb legten die Berliner am Donnerstag Protest gegen die Spielwertung ein. „Die Spieler saßen mit Todesangst leichenblass in der Kabine. Im Gesetz steht: Wenn Einflüsse von außen auf ein Spiel treffen, die nichts mit dem Spiel zu tun haben, muss wiederholt werden“, sagte Herthas Anwalt Christoph Schickhardt: „Der Schiedsrichter Wolfgang Stark wollte nur eine Eskalation verhindern und hat offenbar auf Anraten der Polizei weiterspielen lassen. Das hatte mit Fußball nichts zu tun.“

Fortuna-Manager Wolf Werner widersprach den Vorwürfen erwartungsgemäß. „Der Schiedsrichter hat das Spiel, wie er sich geäußert hat, wieder angepfiffen und dann korrekt abgepfiffen. Der Spielablauf kann nicht infrage gestellt werden. Die Worte von Herrn Schickhardt halte ich für völlig überzogen.“

Was spricht für ein Wiederholungsspiel und was dagegen

Für ein Wiederholungsspiel spricht, dass die Nachspielzeit unter chaotischen Bedingungen zu Ende gespielt wurde. Minuten vor dem großen Fansturm standen zahlreiche Fortuna-Fans bereits am Spielfeldrand und konnten sich gegenseitig nur mit Mühe zurückhalten den Platz noch nicht zu stürmen. Die angreifende Mannschaft Hertha BSC - die Berliner brauchten noch ein Tor, um die Relegation für sich zu entscheiden - wurden dadurch mehr beeinflusst als die Düsseldorfer. Es ist nicht auszudenken, wie sich die Fortuna-Anhänger bei einem Tor der Herthaner verhalten hätten.

Außerdem raubte die Unterbrechung Hertha das Momentum. Die Berliner waren am Drücker und das spielbestimmende Team, denn sie mussten noch einen Treffer erzielen. Düsseldorf stand trotz Überzahl tief in der eigenen Hälfte und wirkte nervös. In der 20-minütigen Unterbrechung konnte sich die Düsseldorfer Mannschaft beruhigen und auf die letzten knapp zwei Minuten neu fokussieren. Hertha hingegen wurde in ihrem Spielfluss gestört.

Durch den Fansturm wurde zudem der Rasen erheblich zerstört. Weitere Pyrotechnik wurde auf dem Rasen gezündet und ein Fan grub sogar den Elfmeterpunkt aus. Die Frage wie ein möglicher Elfmeter der Hertha nach dem Wiederanpfiff hätte ausgeführt werden sollen, wird wohl ungeklärt bleiben.

Der renommierte Sportrechtsexperte Michael Lehner hält Herthas Protest an der Spielwertung für durchaus erfolgsversprechend. "Der Verein hat Aussicht auf Erfolg", sagte Lehner. Fortuna Düsseldorf sei als gastgebender Verein seiner Sorgfaltspflicht nicht nachgekommen. Deswegen müsste es aus juristischer Sicht eine Spielwiederholung geben", erklärte Lehner.

Laut Absatz 2, § 3 Nr. 2 der Richtlinien zur Spielordnung" des DFB "darf sich niemand am Spielfeldrand aufhalten. Auch der Aufenthalt hinter den Toren ist verboten. Schiedsrichter Wolfgang Stark hätte das Spiel also schon viel früher unterbrechen müssen.

Gegen ein Wiederholungsspiel spricht, dass Stark das Spiel nach der Unterbrechung wieder angepfiffen und regulär beendet hat. Außerdem können Anhänger der Fortuna berechtigterweise damit argumentieren, dass die Unterbrechung den gleichen Einfluss für beide Mannschaften hatte. Denn auch die Berliner konnten sich theoretisch noch mal neu konzentrieren und auf die letzten knapp zwei Minuten heißmachen.

Sollte es zu einem Wiederholungsspiel kommen, würde das voraussichtlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Damit wäre der Fortuna ihr Heimvorteil genommen. Die Relegationsspiele würden dann nicht unter gleichen Bedingungen ausgespielt werden.

Des Weiteren muss gesagt werden, dass die Hertha-Fans mit dem Zünden von Pyrotechnik begonnen hatten. Nach dem 2:1-Führungstreffer durch Ranisav Jovanovic flogen aus dem Berliner Block zahlreiche bengalische Feuer auf den Platz. Schiedsrichter Stark hätte die Partie auch zu diesem Zeitpunkt bereits abbrechen können.

Mit Material von sid und dpa