Berlin. Nach dem Sieg beim Top-Hallenmeeting in Berlin hofft die HSV-Weitspringerin, zur EM in die Hauptstadt zurückzukehren.

Einen besseren Jahresauftakt kann man sich nicht wünschen. Zuerst hatte die Hamburger Weitspringerin Nadja Käther vor einer Woche beim Hallenmeeting in Dortmund als bestplatzierte Deutsche das Ticket für das Istaf Indoor gebucht. Als Zweite war sie ordentliche 6,55 Meter gesprungen. Und dann gewann sie am Freitagabend in der Berliner Mercedes-Benz-Arena vor 12.000 begeisterten Fans auch noch die hochkarätige Konkurrenz.

In der stand mit der 32 Jahre alten US-Amerikanerin Tianna Bartoletta immerhin die Olympiasiegerin von Rio de Janeiro 2016. Mit Sosthene Moguenara (28) vom TV Wattenscheid war eine zweite Siebenmeterspringerin am Start. Und mit Alexandra Wester (23) vom ASV Köln eine, die in Berlin schon 6,95 Meter gemeistert hat.

Menschlich gesehen: Weite Sprünge

Aber diesmal war Nadja Käther dran, zwar „nur“ mit einer Siegesweite von 6,56 Metern, aber vorn ist vorn. „Sicher war ich mir erst nach dem letzten Sprung von Tianna“, gestand sie nach ihrem überraschenden Erfolg, „man braucht im Weitsprung ja nur einen guten Versuch.“ Sie hatte den besten, genauer gesagt sogar drei der vier weitesten Sätze an diesem Abend, die 6,56 und gleich zweimal 6,46. Dabei erfüllten sich zwei Leitsprüche der gebürtigen Hamburgerin: Wenn andere mal keinen Toptag haben, muss man selbst einspringen und seine Chance nutzen. Und: Man muss immer an sich glauben.

Von Verletzungen gebeutelt

Das ist der 29-Jährigen in ihrer Karriere nicht immer leicht gefallen. „Die großen Ausrutscher nach oben fehlten bisher, sowohl von der Leistung her als auch von der Platzierung“, weiß sie. Häufig wurde sie von Verletzungen gebeutelt. Vergangene Saison etwa plagten die junge Frau von März an Probleme mit ihrem linken Fuß, die den ganzen Sommer über große Sprünge unmöglich machten.

Dabei wollte sie nach der Saison 2016, in der sie mit Rang neun bei der Europameisterschaft in Amsterdam einen schönen Erfolg gefeiert hatte, doch weiter vorwärtskommen. Stattdessen musste sich die deutsche Juniorenmeisterin von 2010 wieder hinten anstellen. Die Konkurrenz in Deutschland ist riesig in dieser Disziplin.

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Moguenara, Wester, die EM-Dritte Malaika Mihambo (23), die deutsche Meisterin Claudia Salman-Rath (31), die Berlinerin Melanie Bauschke (29) – alle sind in ihrer Karriere schon weiter gesprungen als Käther. Die Hamburgerin zählt auch noch die junge Anna Bühler (20) zu ihren größten nationalen Konkurrentinnen. Alle wollen unbedingt bei den Europameisterschaften im Berliner Olympiastadion (7. bis 12. August) dabei sein. Käther, die ihre Karriere beim Ahrensburger TSV begann und wegen ihres Lehramtsstudiums zurück in ihre Geburtsstadt zog, will das aber auch. „Wir sind ‘ne ganze Menge Mädels, die sich um drei Tickets streiten werden“, glaubt Käther.

Für die EM reicht ihre Bestweite wohl nicht

Einen Vorgeschmack auf die Atmosphäre, die bei der EM herrschen könnte, bekam sie schon beim Istaf Indoor: „Die Stimmung war weltklasse. Das erleben wir in der Leichtathletik nicht so häufig“, schilderte sie begeistert ihre Eindrücke, „nach den Sprüngen musste ich meinen Trainer regelrecht anschreien, um mich mit ihm zu besprechen, so laut war es in der Arena.“ Nach dem Wettkampf ist sie nur schwer in den Schlaf gekommen, weil sie noch so aufgewühlt war.

Sie wirkt entschlossen, im August zurück nach Berlin zu kommen. Sie ist gut drauf, und so viele Möglichkeiten, an einer der größten Meisterschaften teilzunehmen, wird es ja nicht mehr geben. Man kann alles tun für die großen Sprünge, nur erzwingen kann man sie nicht. Die Vorbereitung wird nicht einfach. Nadja Käther hat vor zwei Jahren ihr Studium in Sport und Französisch abgeschlossen, danach war sie zwei Jahre in der Sportfördergruppe der Bundeswehr.

Mal gesund in den Sommer kommen

Im Februar beginnt sie mit ihrem Referendariat an der Dulsberger Stadtteilschule Alter Teichweg, Hamburgs Eliteschule des Sports. „Ich bin gespannt, wie ich das unter einen Hut bringe“, sagt sie, „es werden harte Monate. Aber ich habe einfach Bock darauf. Ein gutes Bauchgefühl.“ Sie wird den jungen Sportlern viel beibringen können darüber, wie viel Energie in einer Karriere steckt und dass es nicht bei allen immer nur vorwärtsgeht.

Nadja Käther ist sich darüber im Klaren, dass sie sich noch steigern muss, wenn sie die Europameisterschaft erreichen will; ihre Bestweite stagniert draußen seit 2010 bei 6,66 Metern. „Die muss ausradiert werden“, fordert Käther von sich selbst und schiebt einen Wunsch hinterher: „Ich muss einfach mal gesund in den Sommer kommen und die Saison auch mal gesund absolvieren können.“ Dann traut sie sich zu, ihre Grenzen zu verschieben. „Werte jenseits der 6,70 Meter sind absolut möglich“, ist sie sich sicher, „wenn ich gesund bleibe, kann ich weiter springen als je zuvor.“