Hamburg. Ex-Nationalspieler und Towers-Mitbegründer Pascal Roller über das Potenzial des deutschen Teams und die Rechte seines Stars.

Vor zehn Jahren spielte die deutsche Basketball-Nationalmannschaft zuletzt ein EM-Viertelfinale, damals auch gegen Spanien, verlor gegen den späteren Vizeeuropameister 55:83. Aufbauspieler des Teams war Pascal Roller. Der 122-malige Nationalspieler (1999–2008), Mitbegründer der Hamburg Towers, lebt heute mit seiner Familie in Hamburg und arbeitet die Woche über für PricewaterhouseCoopers GmbH in Düsseldorf. Beim HSV bietet er jeden Sonnabendmorgen im Heilwig-Gymnasium in Alsterdorf Jugendtraining an.

Herr Roller, welche Chancen räumen Sie der deutschen Mannschaft heute, 17.45 Uhr/www.telekomsport.de, im Viertelfinale gegen Spanien ein?

Pascal Roller: Die Spanier sind mit den Gasol-Brüdern unter dem Korb extrem stark. Dort haben wir Schwächen, weil wir keinen klassischen Center mit entsprechender Körpergröße und -masse aufbieten können. Dafür haben wir große, bewegliche Flügelspieler. Wenn die zur Geltung kommen, wir nicht zu viele offensive Rebounds der Spanier zulassen, haben wir eine Chance. Die Spanier haben bei der EM durchschnittlich 90 Punkte pro Spiel erzielt, wir weit weniger. Unsere große Stärke war bislang die kompakte Verteidigung. Da wurde sehr gut miteinander gearbeitet. Im Fußball heißt es ja, mit der Offense gewinnst du Spiele, mit der Defense Turniere. Das gilt auch für Basketball.

Wie in Ihrer Ära, in der sich vieles um Dirk Nowitzki drehte, ragt mit Dennis Schröder erneut ein Spieler im deutschen Team heraus. Reicht das, um oben anzugreifen?

Pascal Roller (40) wurde 2002 WM-Dritter und 2005 Vizeeuropameister, nahm 2008 an Olympia teil
Pascal Roller (40) wurde 2002 WM-Dritter und 2005 Vizeeuropameister, nahm 2008 an Olympia teil © HA | Andreas Laible

Sie brauchen in jedem Spiel drei, vier Leute, die ebenfalls auf Topniveau agieren. Die hatten wir und deshalb entsprechende Erfolge. Im Achtelfinale gegen Frankreich (84:81) haben Daniel Theis, Robert Benzing, Maodo Lo und Johannes Voigt­mann diese Rollen übernommen. In dem jetzigen Team steckt viel Potenzial, bei keinem Spieler ist die sportliche Entwicklung bereits abgeschlossen.

Nervt es die Kollegen, wenn immer nur über einen Spieler geredet wird?

Das sind wir auch oft gefragt worden. Intern spielt das weit weniger eine Rolle als in der öffentlichen Wahrnehmung, für uns war die herausragende Stellung Dirk Nowitzkis nie ein Problem. Wir haben von seiner Klasse profitiert.

Schröder genießt aber Privilegien, die ein Nowitzki nie eingefordert hat.

Die Zeiten ändern sich. Heute werden Basketballvideos ins Netz gestellt, in denen die Gegenspieler vorgeführt werden. Früher berauschte man sich an der Schönheit der Aktionen. Alles hat seine Grenzen, wenn die Leistung stimmt, akzeptiert die Gruppe aber Sonderstellungen einzelner Spieler. Es darf nur nicht enden wie einst bei den Jugoslawen, die 15 NBA-Spieler hatten, von den die Hälfte nicht für ihr Land antreten wollte, weil sich jeder als Superstar fühlte und sich nicht einordnen wollte. Bei Schröder sehe ich diese Gefahr nicht. Gegenüber der Heim-EM 2015, als die deutsche Mannschaft in der Vorrunde scheiterte, spielt er weit mannschaftsdienlicher.

Was erwarten Sie vom deutschen Team in den nächsten Jahren?

Mittelfristig sollte es sich unter den ersten acht Europas etablieren und sich für Olympia 2020 qualifizieren können.