Hamburg. Der FC St. Pauli tritt heute Abend zur Zweitliga-Eröffnung beim VfL Bochum an

Die Erinnerung ist noch frisch. Es ist noch nicht einmal zehn Wochen her, dass der FC St. Pauli mit 3:1 beim VfL Bochum gewann und sich mit diesem Erfolg auf den siebten Platz der Abschlusstabelle der Zweiten Bundesliga vorschob. Zum Auftakt der neuen Saison müssen die Hamburger erneut nach Bochum, doch St. Paulis neuer Cheftrainer Trainer Olaf Janßen versucht alles, die Erinnerung an den 21. Mai bestmöglich auszublenden. „Es erwartet uns ein völlig anderes Spiel als im Mai“, sagt der 50-Jährige, der damals neben Chefcoach Ewald Lienen als Co-Trainer tätig war.

Seine warnende Einschätzung hat gleich mehrere plausible Gründe. So gab es auch beim VfL Bochum einen Trainerwechsel. Dieser war sogar spektakulärer als beim FC St. Pauli die Übergabe von Lienen an Janßen. Erst vor 17 Tagen, also mitten in der Vorbereitung auf die neue Saison, beurlaubte der Bochumer Vorstand den Niederländer Gertjan Verbeek und verpflichtete umgehend Ismail Atalan vom Drittligisten Sportfreude Lotte.

Der 37-Jährige hat sogar frische Eindrücke vom Team des FC St. Pauli, bestritt er doch am 1. Juli noch mit Lotte ein Testspiel über 120 Minuten gegen die Kiezkicker. Fast alle zur Verfügung stehenden St. Paulianer hat Atalan in jener Partie begutachten können. Aber auch bei seinem neuen Team hat der vergleichsweise junge Trainer offenbar in der kurzen Zeit viel bewirken können. „Bei den Spielen, die wir beobachtet haben, war es schon beeindruckend, wie die Bochumer Elf nach dem Trainerwechsel vor Spielfreude und Ehrgeiz gesprüht hat. Das war in dieser Form nicht zu erwarten. Man kann aber schon jetzt die Handschrift des neuen Trainers erkennen“, sagt Janßen voller Respekt.

Seine Mannschaft müsse sich auf eine extrem aggressive und offensive Spielweise der Bochumer einstellen. So habe der VfL auch am vergangenen Wochenende im Testspiel gegen DFB-Pokalsieger Borussia Dortmund (2:2) agiert und sich selbst gegen dieses Bundesliga-Topteam nicht in der Defensive versteckt. „Ich bin überzeugt, dass wir kräftig durchgeschüttelt werden“, sagt Janßen. „Die Bochumer werden ihren Fans zeigen wollen, dass sie in dieser Saison eine gute Rolle in der Liga spielen möchten. Das Spiel wird uns körperlich, aber auch mental fordern. Es wird nicht reichen, nur ein heißes Herz zu haben, wir brauchen auch einen kühlen Verstand, um das Bochumer Spiel auszuhalten und dann unsere Lösungen zu finden, selbst zum Erfolg zu kommen.“

St. Paulis Trainer kann dabei fast auf einen kompletten Kader setzen. Einzig Ryo Miyaichi und Philipp Ziereis (beide Reha) sowie der noch geschonte Jeremy Dudziak stehen ihm nicht zur Verfügung. „Das zaubert ein Lächeln auf mein Gesicht“, sagt Janßen zur guten Personalsituation. Er will annähernd die Startelf ins Rennen schicken, die am vergangenen Sonnabend im letzten Testspiel gegen Werder Bremen (2:1) begann. Einzig auf der Position des rechten Außenverteidigers dürfte Jan-Philipp Kalla (30) aufgrund seiner Erfahrung und seiner Defensivqualitäten den Vorzug vor Werder-Leihgabe Luca Zander (21) erhalten. Im Offensivbereich kann sich Janßen zwischen dem ballsicheren, aber körperlich wenig robusten Norweger Mats Möller Daehli und dem immens schnellen, aber bisweilen zu Ballverlusten neigenden Türken Cenk Sahin entscheiden. In der vordersten Linie dürften derweil der Neuzugang Sami Allagui und Torjäger Aziz Bouhaddouz gesetzt sein, nachdem sie auch gegen Werder bewiesen haben, dass sie sich nicht nur menschlich, sondern auch spielerisch verstehen.

Personell verstärkt hat sich der VfL Bochum gegenüber der Vorsaison insbesondere in der Offensive. Der aus Karlsruhe gekommene Dimitrios Diamantakos gilt auf Anhieb als feste Größe. Dagegen dürften Lukas Hinterseer vom Bundesliga-Absteiger FC Ingolstadt und der zuletzt in China aktive Robbie Kruse (Liaoning Whowin) aufgrund ihres Trainingsrückstandes noch keine Option für die Startelf sein.

Während Bochums Trainer Atalan neben Ingolstadt den St. Pauli als direkten Aufsteiger tippt, gehen die Hamburger mit derartigen Ambitionen weiter vorsichtig um. „Wir sind bisher am besten damit gefahren, wenn wir uns immer wieder vorgenommen haben, das jeweils nächste Spiel zu gewinnen. So haben wir eine überragende Rückrunde gespielt. Diese Mentalität müssen wir beibehalten“, formuliert Mittelfeldspieler die Maßgabe stellvertretend für seine Kollegen.

Als „Sahnehäubchen“ betrachtet Olaf Janßen, dass sein Team in Bochum das diesjährige Eröffnungsspiel der Zweiten Liga zur Bundesliga-Anstoßzeit um 20.30 Uhr bestreiten darf. „Da die Erste Liga erst in drei Wochen startet, liegt der Fokus bundesweit auf diesem Match. Das ist für jeden Spieler und Trainer ein Geschenk und macht Spaß. Wir müssen aber fokussiert bleiben“, sagt er.

Erster Spieltag der Zweiten Liga 2017/18 (live bei Sky): Freitag, 20.30 Uhr: VfL Bochum – FC St. Pauli; Sonnabend, 13 Uhr: Ingolstadt – Union Berlin; 15.30 Uhr: Darmstadt – Greuther Fürth, Bielefeld – Regensburg; Sonntag, 13.30 Uhr: Nürnberg – Kaiserslautern; 15.30 Uhr: Kiel – Sandhausen, Heidenheim – Aue, Dresden – Duisburg; Montag, 20.30 Uhr: Düsseldorf – Braunschweig.