Spielberg. Die Rennfahrer Vettel und Hamilton haben vor dem Großen Preis von Österreich Frieden geschlossen – offiziell

Es ist nur ein sportlicher Gipfel von 20 Rennfahrern, der da in der Steiermark als Großer Preis von Österreich (Sonntag, 14 Uhr, RTL und Sky live) ausgetragen wird. Die Bundespolizei ist vorsichtshalber mit einem Porsche 911 aus der Hauptstadt angereist, aber der Krawall ist von allen gewollt und wird sich auf den Red-Bull-Ring beschränken. Dort glaubt vor dem neunten WM-Lauf allerdings niemand an die öffentliche beschworene Harmonie zwischen Lewis Hamilton und Sebastian Vettel, nicht mal die direkt Beteiligten selbst. Das ist auch gut so, denn Schein-Eiligkeit passt nicht zum besten Formel-1-Duell seit Jahren.

Vettel hat den Resozialisierungsprozess mit einem Grinsen eingeleitet, aber das hat Hamilton eher noch wütender über das Nicht-Urteil des Automobilweltverbandes Fia gemacht. Die Atmosphäre nach dem Crashtest durch den Ferraripiloten in Baku ist immer noch aufgeheizt, bei Mercedes will man das nur öffentlich nicht so gern zugeben. Teamchef Toto Wolff hat angeordnet, den Fall zu den Akten zu legen, und auch die Enttäuschung: „Dieses Kapitel ist jetzt abgeschlossen, wir haben den Moment hinter uns gelassen.“

Keiner weiß besser als der Österreicher, was ein Crash zwischen einem Deutschen und einem Briten anrichten kann, so begann in seinem Rennstall die Inteamfeindschaft zwischen Nico Rosberg und Lewis Hamilton. Spannend am momentanen Unfrieden wird sein, wie sich die Beziehung Vettel/Hamilton weiterentwickelt, vor allem, wenn es weiter so eng bleibt im Titelkampf. Mit einer SMS-Entschuldigung allein dürfte es nicht getan sein.

„Es ist schön zu hören, dass wir hoffentlich ganz normal weitermachen können“, beharrt Vettel, der in Spielberg ausführlich über seine Bußbereitschaft sprach, ohne zu viel Reue zu zeigen: „Ich habe versucht, die Sache aus der Welt zu schaffen und Lewis gesagt, dass ich verstehen kann, wenn er es mir übelnimmt. Ich habe ihm auch gesagt, dass ich nicht wüsste, wie ich so etwas umgekehrt verdauen könnte.“ Die Einschätzung, dass die Aktion unwürdig für einen viermaligen Weltmeister war, will er weiterhin nicht so ganz teilen, auch wenn er über seinen Fehler erschrocken sei: „Aber ich war sauer, überrascht. Es war in etwa so, als ob einem beim Fußball einer reingrätscht. Dann denkt man zuerst, dass es Absicht war und gibt ihm einen kleinen Schubser ...“

Dabei kann der Formel 1 nichts Besseres passieren, als die Verlagerung der Auseinandersetzung von der physischen auf die psychologische Ebene, das Rennen in Aserbaidschan wollten am Ende mehr TV-Zuschauer sehen als das Confed-Cup-Spiel Portugal–Mexiko.

Zunächst aber die Rückkehr ins Tagesgeschäft. Darauf hat sich die gespaltene Fahrerlager-Gemeinde verständigt. „Es war ein Vergnügen, den Großen Preis von Aserbaidschan anzugucken, denn er war voller Adrenalin und Emotionen“, sagt Veteran Jenson Button, „was Vettel getan hat, war idiotisch – aber er wurde bestraft dafür. Macht also weiter!“ Auch Martin Brundle, Ex-Pilot und heute TV-Kommentator, plädiert für die offene Konfrontation: „Bei einer Weltmeisterschaft in einem derart ex­tremen Umfeld gibt es keine Engel. Und die wollen wir auch gar nicht sehen.“

Einer der Werbepartner von Hamilton, Freitag im Training der Schnellste vor Vettel, macht sich die Situation auf instagram zunutze. In geübter Selfie-Manier greift der Brite im Badezimmer in den Spiegelschrank nach einem Deodorant mit den Namen „Unbesiegbar“. Pech für Hamilton: Wegen Getriebewechsel wird er am Sonntag beim Start fünf Plätze strafversetzt.