Die 22-Jährige lag im dritten Satz bereits mit 0:5 zurück – und drehte plötzlich auf. Witthöft erhöhte das Tempo und siegte.

London. Wie gut ist es doch manchmal zu wissen, dass beim Deutschen Tennis-Bund (DTB) echte Experten arbeiten! 0:5 lag Carina Witthöft am Montagnachmittag auf dem kleinen Nebenplatz sechs im dritten Satz gegen die Kroatin Mirjana Lucic-Baroni zurück. Das Erstrundenaus bei den All England Championships in Wimbledon drohte, als Jana Zschiesche, beim DTB kürzlich von der Presse- in die Marketingabteilung versetzt, aufhorchen ließ. „Ich glaube noch an ihr Comeback“, sagte die als Zuschauerin angereiste Fachfrau.

Witthöft setzte sich als Außenseiterin durch
Witthöft setzte sich als Außenseiterin durch © Shaun Botterill/Getty Images

Und weil es noch jemanden gab, der daran glaubte, nämlich Witthöft selbst, gab es eine höchst erstaunliche Wende zu beobachten. Die 22 Jahre alte Hamburgerin, die den ersten Satz 6:3 gewonnen und den zweiten nach Abwehr von vier Satzbällen 5:7 verloren hatte, stemmte sich von Spiel zu Spiel mehr gegen das drohende Aus, agierte mutig und druckvoll und entnervte damit ihre 13 Jahre ältere Gegnerin, die im Januar noch im Halbfinale der Australian Open gestanden hatte. Und so war es nach 2:13 Stunden tatsächlich die Weltranglisten-65., die sich mit einem 6:3, 5:7, 8:6-Erfolg das Ticket für die Zweitrundenbegegnung mit der weiß-russischen Qualifikantin Aryna Sabal-enka am Mittwoch sicherte.

Witthöft: Ich hatte nichts zu verlieren

„Ich habe keinen anderen Ausweg gesehen, als das Tempo zu erhöhen und volles Risiko zu gehen“, sagte Witthöft nach der Partie, „sie hat so gut gespielt, dass ich nichts mehr zu verlieren hatte.“ Dabei seien es weder die 33-minütige Regenpause nach dem ersten Satz noch der unglückliche Verlust des zweiten Durchgangs gewesen, die sie aus dem Rhythmus gebracht hatten. „Sie hat einfach alles getroffen und gezeigt, dass sie zu Recht auf Platz 28 der Weltrangliste steht“, sagte die Fedcupspielerin, die es beim letzten Grand-Slam-Turnier in Paris als einzige Deutsche in die dritte Runde geschafft hatte.

In London ist ihr Ziel, erstmals bei einem Majorturnier die zweite Woche zu erreichen. Daran wollte sie jedoch am Montag noch nicht denken. „Natürlich gibt mir dieser Sieg Selbstvertrauen, aber hier ist jede Gegnerin schwer zu schlagen, deshalb schaue ich nur von Runde zu Runde“, floskelte sie. Über ihre nächste Gegnerin wisse sie gar nichts, Trainer Jacek Szygowski habe allerdings beim 6:3, 6:4-Sieg der 19 Jahre alten Weltranglisten-136. gegen die Russin Irina Kromatschewa spioniert. „Darüber reden wir dann morgen“, sagte Witthöft, die dafür gesorgt hatte, dass am Montag viele über sie redeten.