Krakau. HSV gratuliert Julian Pollersbeck und Gideon Jung zum Titel. Das „Feierbiest“ besteht den Medizincheck.

„Champions! Wahnsinn! Gratulation an Gideon Jung, Julian Pollersbeck und alle DFB-Junioren zum Titelgewinn!“ Der HSV ließ mit seinem Jubel-Getwitter am Freitagabend nach dem völlig verdienten EM-Triumph gegen Topfavorit Spanien nicht lange warten. Ein bisschen vom großen Glanz strahlt halt auch in die Hansestadt.

HSV-Profis Pollersbeck und Jung holen den EM-Titel

Da langst du dir an den Kopf: Julian Pollersbeck nach dem goldenen Treffer gegen Spanien
Da langst du dir an den Kopf: Julian Pollersbeck nach dem goldenen Treffer gegen Spanien © Imago/DeFodi
Beim 1:0 im Finale hielt der künftige HSV-Torhüter zum dritten Mal während der Europameisterschaft seinen Kasten sauber
Beim 1:0 im Finale hielt der künftige HSV-Torhüter zum dritten Mal während der Europameisterschaft seinen Kasten sauber © dpa
Zur Belohnung durfte der 22-Jährige die EM-Trophäe in den Nachthimmel von Krakau stemmen
Zur Belohnung durfte der 22-Jährige die EM-Trophäe in den Nachthimmel von Krakau stemmen © dpa
Schöner Schwitzkasten: Schalkes Max Meyer (r.) schnappt sich Siegschütze Mitchell Weiser (Hertha BSC)
Schöner Schwitzkasten: Schalkes Max Meyer (r.) schnappt sich Siegschütze Mitchell Weiser (Hertha BSC) © Imago/Newspix
Auch Pollersbeck war nach dem entscheidenden Treffer ganz aus dem Häuschen
Auch Pollersbeck war nach dem entscheidenden Treffer ganz aus dem Häuschen © Imago/DeFodi
Vor dem Spiel hatte die Nummer eins bereits Großtaten angekündigt
Vor dem Spiel hatte die Nummer eins bereits Großtaten angekündigt © Imago/DeFodi
Pollersbecks künftiger Vereinskollege Gideon Jung saß während des Finales zwar 90 Minuten auf der Bank, konnte diese Rolle aber verschmerzen
Pollersbecks künftiger Vereinskollege Gideon Jung saß während des Finales zwar 90 Minuten auf der Bank, konnte diese Rolle aber verschmerzen © Witters
Ok, hier stand der HSV-Profi dann auch mal – und sang die deutsche Nationalhymne nahezu ebenso inbrünstig mit wie Torwarttrainer St.-Pauli-Ikone Klaus Thomforde (3.v.l.)
Ok, hier stand der HSV-Profi dann auch mal – und sang die deutsche Nationalhymne nahezu ebenso inbrünstig mit wie Torwarttrainer St.-Pauli-Ikone Klaus Thomforde (3.v.l.) © dpa
Nur noch Jubel: Trainer Stefan Kuntz nach dem Schlusspfiff
Nur noch Jubel: Trainer Stefan Kuntz nach dem Schlusspfiff © dpa
Geherzt für den zweiten EM-Titel einer deutschen U21 wurde Kuntz auch von DFB-Präsident Reinhard Grindel
Geherzt für den zweiten EM-Titel einer deutschen U21 wurde Kuntz auch von DFB-Präsident Reinhard Grindel © Witters
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Gideon Jung kam ausgerechnet beim 1:0-Erfolg im Endspiel gegen die favorisierten Spanier erstmals in diesem Turnier nicht zum Einsatz. Der 22-Jährige, der seit 2014 beim HSV spielt, krönte mit dem EM-Titel jedoch seine persönlich herausragende Saison. Beim HSV hat sich der zurückhaltende „Sechser“ vom Ergänzungs- zum absoluten Stammspieler entwickelt und das Vertrauen von Trainer Markus Gisdol zurückgezahlt. Wenn er gesund war, hat er gespielt, insgesamt 29-mal. Nach dem Schlusspfiff in Krakau war es dann auch bei Jung mit seiner Zurückhaltung vorbei: Im Internet sind Fotos aus einem Nachtclub in Krakau zu sehen, wo er bei weitem nicht mehr so sicher steht, wie normalerweise in der Abwehr.

Pollersbeck das Feierbiest

In die Herzen der Fans in ganz Deutschland hat sich aber vor allem der Neu-Hamburger Julian Pollersbeck gespielt und gesungen. Der Keeper, den der HSV unmittelbar vor dem Turnier für 3,5 Millionen Euro vom 1. FC Kaiserslautern geholt hat, erwies sich als Elfmeterkiller und absolutes Feierbiest. Der HSV hat mit dieser Verpflichtung offenbar einen Coup gelandet. Pollersbeck wurde auch zum besten Keeper der EM gewählt.

Irgendwann nach Mitternacht stimmte er die letzte Strophe seines Fiderallala-Liedes an. „Europameister, das sind wir – da vorne gibt es ganz viel Bier“, grölte der Bayer aus Altötting ins Mikrofon und gab den Startschuss zur großen Titelparty. „So etwas darf und sollte man auch in diesem Stil so feiern“, sagte der 22-Jährige bei HSV.de.

Mit bengalischem Feuer und goldenem Konfetti war der neue U-21-Europameister zuvor im Teamhotel empfangen worden, wo die Mannschaft mit Freunden und Familie feierte. Später zog das Team durch die Clubs von Krakau, während sich Trainer Stefan Kuntz vor dem Hotel einen Rotwein und eine Zigarre gönnte.

Der Hit des Tages war dabei „Die Nummer eins der Welt sind wir“, auch wenn die Mannschaft gerade „nur“ Europameister geworden war. Der Titel war zu Turnierbeginn zwar erhofft, aber nicht unbedingt erwartet worden. Kuntz musste insgesamt acht Akteure an Joachim Löw abgeben, der mit einer „zweiten U21“ zum Confed Cup reiste. Auch die Verletzung von Jonathan Tah kurz vor dem EM-Start steckte die U21 weg und holte mit einem starken Teamgeist den Pokal. Im Finale gegen Spanien gelang zum Abschluss die beste Turnierleistung.

Trainer Stefan Kuntz, der von DFB-Präsident Grindel nach Schlusspfiff einen neuen Vertrag bis 2020 angeboten bekam, war gerührt. „Wenn man so einen Pokal gewinnt, wird man das niemals vergessen. In zwei Jahren wird sich jeder an dieses Team erinnern“, sagte Kuntz. So wie an die „Klasse von 2009“, die vor acht Jahren Europameister geworden war und später sechs Weltmeister stellte. Der Held des Abends hielt sich derweil ein wenig zurück. Mitchell Weiser von Hertha BSC, der in der 40. Minute mit einer „Kopfball-Bogenlampe“ das einzige Tor des Spiels erzielt hatte, musste die 90 Minuten erst einmal sacken lassen. „Ich weiß gar nicht, wie der reingegangen ist. Da war auch Glück dabei“, gab Weiser zu.

Pollersbeck freut sich auf „geile Fans“ beim HSV

Partymacher Nummer eins blieb Julian Pollersbeck. Irgendwann funktionierte er den Pokal zum Trinkgefäß um: „Da gehen bestimmt vier Liter rein.“ Danach kam die Party erst richtig in Schwung, ehe es zurück nach Frankfurt und weiter nach Hamburg ging. Pollersbeck absolvierte am Sonntag seinen Medizincheck. Erfolgreich, der Promillegehalt wird ja nicht gemessen.

Bis zum 15. Juli hat Gisdol seinen beiden Europameistern freigegeben. Dann beginnt bereits wieder der Bundesliga-Ernst des Fußballerlebens. Pollersbeck muss sich dabei in der Vorbereitung mit dem zuletzt so starken Christian Mathenia um die Nummer eins beim HSV duellieren. „Ich freue mich, dass ich hier bin und ein neues Kapitel startet“, sagte er, „ich möchte beim HSV den nächsten Schritt machen und die Voraussetzungen dafür sind im Verein super. Die Menschen hier identifizieren sich sehr stark mit dem Club. Es ist das Gesamtpaket, das ganze Drumherum: geile Fans, ein geiles Stadion und eine geile Stimmung.“ Einen Kollegen immerhin hat nun auch schon kennengelernt. „Mit Gideon verstehe ich mich bereits gut. Er ist ein guter Typ und ein guter Spieler.