Tychy. Der Torwart hielt im Elfmeterschießen zwei Schüsse der Engländer – Endspiel am Freitag gegen Spanien

Das Erfolgsrezept steckte im Stutzen. „Ich habe meinen kleinen Spickzettel gehabt“, sagte Elfmeter-Killer Julian Pollersbeck grinsend und zeigte auf sein linkes Bein. Bestens vorbereitet hatte der Torhüter des 1. FC Kaiserslautern, der zur neuen Saison für 3,5 Millionen Euro Ablöse zum HSV wechselt, beim 4:3 der deutschen Jungstars im Elfmeterschießen gegen England zwei Schüsse pariert und sein Team so ins Finale der U21-EM in Polen geführt. Als der 22-Jährige den letzten Elfmeter von Nathan Redmond pariert hatte, gab es für seine Mannschaftskollegen kein Halten mehr. Alle stürmten auf den einzigen Zweitligaspieler zu.

„Ich habe einfach nicht nachgedacht, wie fast immer“, sagte Pollersbeck in der ARD. Vor dem Halbfinale hatte er noch zugegeben, dass er zuletzt bei einem Jugendturnier in der Halle ein Elfmeterschießen erlebt hatte.

Weil der Wolfsburger Maximilian Arnold, der Neu-Dortmunder Maximilian Philipp, der Schalker Max Meyer und der Hoffenheimer Nadiem Amiri vom Punkt trafen, lebt der Traum vom Titel weiter. Das Team von DFB-Trainer Stefan Kuntz trifft am Freitag (20.45 Uhr/ZDF) im Endspiel auf Spanien (3:1 gegen Italien). Nach 120 Minuten hatte es gegen England 2:2 (2:2, 1:1) gestanden. Der englische Nachwuchs hatte im Gegensatz zum DFB-Team Elfmeterschießen trainiert. „Die Geschichte zeigt, dass Deutschland das nicht muss. Wir aber schon“, hatte Trainer Adrian Boothroyd erklärt. Es half dennoch nichts. „Immer das Gleiche“, twitterte Englands Legende Gary Lineker. Erst zum dritten Mal steht ein DFB-Team im EM-Finale. Den einzigen Titel hatte vor acht Jahren die „Klasse von 2009“ mit sechs späteren Weltmeistern geholt.

Anfangs wirkte die deutsche Defensive wirkte völlig verunsichert – wohl auch, weil Gideon Jung (HSV) kurzfristig ins kalte Wasser geworfen worden war. Der Innenverteidiger rückte für Abwehrchef Niklas Stark (Hertha BSC) in die Startelf, der sich beim Aufwärmen verletzt hatte.

Die Neuauflage des Endspiels von 2009 war für die 13.214 Zuschauer eine äußerst unterhaltsame Begegnung. Von Vorsicht war nichts zu spüren, beide Seiten überbrückten das Mittelfeld schnell und kamen zu reichlich Chancen. Nach dem nervösen Auftakt bekam die deutsche Mannschaft das Spiel immer besser in den Griff. Die Abwehr stand nun sicher, vorne gelangen immer mehr Aktionen.

Die inzwischen verdiente Führung folgte prompt: Nach schöner Flanke von Jeremy Toljan (1899 Hoffenheim) erzielte der künftige Berliner Davie Selke (35.) per Kopf sein zweites Turniertor. Ein weiterer Standard sorgte jedoch für den prompten Ausgleich, als Demarai Gray (41.) nach einer Ecke aus kurzer Distanz erfolgreich war.

Direkt nach dem Seitenwechsel leitete Serge Gnabry mit einem Fehlpass das zweite Gegentor durch Tammy Abraham (50.) ein. Wenig später musste auch noch Selke verletzt vom Platz, für ihn kam Debütant Felix Platte ins Spiel. Sieben Minuten später traf der 21-Jährige per Kopf zum 2:2 (70.). „Super, Jungs, was für eine Spannung, wir hatten einen tollen Abend hier in Sotschi, wo wir alle gemeinsam das Spiel verfolgt und Euch die Daumen gedrückt haben“, übermittelte Joachim Löw Glückwünsche aus dem DFB-Quartier in Russland.

Deutschland: Pollersbeck – Toljan, Jung (80. Kehrer), Kempf, Gerhardt – Arnold, Haberer (102. Kohr) – Philipp, Meyer, Gnabry (87. Amiri) – Selke (63. Platte).