Sotschi. Das deutsche Perspektivteam startet mit einem 3:2 gegen Australien in den Confed Cup. Torwart Leno patzt mehrfach.

Zu den Eigenheiten des Fußballs zählt, dass es im Gewinnerteam immer auch jemand geben kann, der ein Verlierer des Abends ist. Bernd Leno drückte den Rücken durch, als er vor die Presse trat. Aber das half jetzt auch nichts mehr. „Wir haben ja trotzdem gewonnen“, sagte der Leverkusener Torwart. Trotz ihm, meinte er.

Mit 3:2 (2:1) siegte die Perspektiv-Truppe von Bundestrainer Joachim Löw in ihrem Auftaktspiel beim Confed Cup gegen eigentlich zu schwache Australier durch die Treffer von Lars Stindl (5.), Kapitän Julian Draxler (44.). und dem herausragenden Leon Goretzka (47.).

Unglücklicher Leno

Die zwei Gegentore durch Tom Rogic (41.) und Tomi Juric (56.) hatte maßgeblich der unglückliche Leno zu verschulden. Zweimal griff der 25-Jährige daneben. Und so bekamen die offiziell 28.605 Zuschauer im nur halb gefüllten Fisht-Stadion von Sotschi, darunter 160 mitgereiste deutsche Anhänger, eine launige Partie zu sehen. Vor fast genau zwölf Jahren hatte es bei einem deutschen Auftakt-Spiel eines Confed Cups gegen Australien mal 4:3 geheißen. Damals saß Löw noch als Co-Trainer auf der Bank. Zwölf Jahre später wurde es ähnlich torreich.

Einzelkritik: Leno erlebt einen Albtraum

Löw hatte sich in seiner ersten Aufstellungsvariante des Experiments in Russland nicht nur für Leno im Tor entschieden, sondern auch für den Schalker Goretzka als Lenker im Mittelfeld. Und das war weise. „Für mich war er der beste Mann auf dem Feld“, sagte Rechtsverteidiger Joshua Kimmich. Der 22 Jahre alte Goretzka bestimmte den Puls der deutschen Elf. Kaum lange gespielt, da schickte er den schnellen Julian Brandt. Der Leverkusener legte zurück auf Stindl. 1:0 (5.).

Erster Länderspieltreffer von Stindl

Und plötzlich zeigte sich, dass wenige Zuschauer trotzdem ganz schön laut sein können. Tosender Jubel beim ersten Länderspieltreffer des spät berufenen Gladbachers im dritten Spiel.

2:0 stand es elf Minuten später nur deshalb nicht, weil Stindls Sturmpartner Sandro Wagner beim Flugkopfball eine Goretzka-Flanke über den Schopf rutschte (16.). Der Hoffenheimer vergab auch freistehend nach einem feinen Pass von Goretzka (23.).

Zweimal in Halbzeit eins kamen die Australier um den Neu-Herthaner Ma­thew Leckie vor das deutsche Tor. Einmal machte Trent Sainsbury den Wagner und köpfte aus aussichtsreicher Position daneben (37.). Aber beim zweiten Mal lag der Ball im Netz: Draxler hatte ihn im Mittelfeld verloren, Tom Rogic schoss erst Shkodran Mustafi an und dann durch Lenos Achselhöhle zum 1:1 ins Tor (41.). Leno, aus Gründen der Gleichbehandlung aller drei deutschen Keeper diesmal zwischen den Pfosten, sah dabei schlecht aus, später aber nicht ein, dass es ein Patzer war: „Davon würde ich nicht sprechen“, sagte Leno, „auch wenn ich unglücklich aussehe.“

Mit einer Führung ging es trotzdem in die Pause, weil ein Australier mit dem poetischen Namen Massimo Luongo wenig poetisch gegen Goretzka vorging. Er trat den 22-Jährigen im Strafraum um. Elfmeter. Draxler. 2:1.

Löws Elf spielte mit Trauerflor

Löws Elf, die zum Gedenken an den verstorbenen Altkanzler Helmut Kohl mit Trauerflor spielte, hielt den Puls nach Wiederanpfiff hoch. Das 3:1 fiel schnell: Kimmichs Pass in den Strafraum knallte Goretzka aus spitzem Winkel ins Netz (47.). Aber die Australier kamen wieder ran, weil Leno erneut daneben griff. Einen schwachen Schuss hielt der Sohn russischer Eltern nicht fest, Juric schob ein (56.). Und auch der angefragte Videobeweis bestätigte das 3:2. Handspiel war es zuvor nicht von Juric. „Den Ball hätte er festhalten können“, sagte Löw zwar, nahm seinen Schlussmann aber in Schutz: „Er hat einen Fehler gemacht, doch das ist für mich kein Problem.“

Der Fehler blieb am Ende ohne Konsequenzen. Der eingewechselte Timo Werner hätte fast noch das 4:2 geschafft, was standesgemäßer gewesen wäre. Doch der Versuch des Leipzigers rollte an den Pfosten (75.). Löw kann trotz der fehlenden defensiven Kontrolle einigermaßen zufrieden mit dem Auftakt sein. Ein Sieg und ein paar Erkenntnisse brachte diese Partie immerhin.

Am Donnerstag gegen Chile

Am Donnerstag geht es in Kasan gegen Chile. Leno wird dann wohl nicht im Tor stehen. Allerdings war vorher schon eine Rotation auf dieser Position geplant. Ob dieses Spiel ein Rückschlag im Kampf um die Nummer zwei hinter Manuel Neuer sei, wurde Bernd Leno zum Abschluss gefragt. „Nein, das glaube ich nicht“, antwortete er. Wahrscheinlicher ist aber das Gegenteil.

Deutschland: Leno – Kimmich, Mustafi, Rüdiger, Hector – Goretzka, Rudy – Brandt (63. Süle), Draxler – Stindl (78. Can), Wagner (58. Werner).

Australien: Ryan – Degenek Sainsbury, Wright – Luongo (46. Kruse), Milligan – Mooy, Rogić (71. Troisi) – Leckie, Behich – Juri (87. Cahill).

Tore: 1:0 Stindl (5.), 1:1 Rogi (41.), 2:1 Draxler (44., Foulelfmeter), 3:1 Goretzka (48.), 3:2 Jurić(56.). – Schiedsrichter: Geiger (USA). – Z.: 28.605. – Gelb: Goretzka – Sainsbury.