Hamburg. Weil Gustav Falke ein Nationalist war, soll die Anlage Walter Wächter heißen

Satt grün liegt die künstliche Wiese da zwischen den Rotklinkerhäusern im Süden von Eimsbüttel. Seit Kurzem ist auch die Rundlaufbahn um den Platz fertiggestellt – die Metamorphose vom traditionellen Grand­acker zu einem erstklassigen Fußballsportplatz ist im vergangenen halben Jahr gelungen. Die Kicker des FC Alsterbrüder und der Fußballmädchen des Nachbarn Eimsbütteler TV haben davon ebenso wie die benachbarten Schulen schon profitiert. 60.000 Euro haben die Alsterbrüder dafür aufgebracht, 40.000 der ETV. Alle sind zufrieden. Fast alle.

Die Alsterbrüder möchten dem „neuen“ Platz auch einen neuen Namen geben. Bislang heißt die städtische Anlage Sportplatz an der Gustav-Falke-Straße. Das aber ist den Fußballern unerträglich. „Gustav Falkes Einstellungen und Meinungen stehen in direktem Widerspruch zu den Werten des FC Alsterbrüder“, sagt der Club, „er war profilierter Nationalist, Kriegsverherrlicher und Ausländerfeind.“ Der Dichter, der von 1853 bis 1916 lebte, habe mit nationalistischen Versen das Gedankengut des Nationalsozialismus vorbereitet, haben sie festgestellt. „Wovon sind wir Husaren so rot? Von Blut! Wir schlugen viel tausend Franzosen tot“, heißt es beispielsweise im „Reiterlied“.

Die Alsterbrüder haben sich als ein kleiner Kultclub des Amateurfußballs etabliert. Das liegt an dem putzigen Namen, es liegt an der politischen Positionierung gegen Nazis und Rassismus und gegen Homophobie. Es liegt auch an der Rolle als ewiger Underdog im Clinch mit den großen Eimsbütteler Nachbarn ETV, SC Victoria und HEBC. Sportlich haben sie zudem einen gewissen Aufschwung genommen, gerade Platz sieben als Aufsteiger in der Bezirksliga Nord erreicht. „Hier gibt es ehrlichen Fußball und eine freundschaftliche Atmosphäre“, sagt Trainer Uli Brüning, „Geld gibt es keins.“

„Walter-Wächter-Platz“ möchte der Verein seine Spielstätte künftig nennen. Wächter war ein Eimsbütteler Jung, der beim HSV kickte, wegen seines jüdischen Glaubens in Nazi-Deutschland verfolgt wurde, schließlich nach Schweden fliehen konnte. Die Clubverantwortlichen um Sportwart Frank Vöhl-Hitscher haben Kontakt zu Wächters Sohn Torkel Wächter, der bei einer offiziellen Umbenennung gerne aus Schweden anreisen würde.

Aber so weit ist es noch nicht. Ein erster Antrag beim Sportamt Eimsbüttel wurde abgelehnt. „Die bezirklichen Sportanlagen werden grundsätzlich nur nach ihrer offiziellen Belegenheit benannt“, teilte das Amt mit. Allerdings ist noch der Weg zu einer politischen Entscheidung in der Bezirksversammlung möglich. „Ich spreche gerade mit den Vertretern der verschiedenen Fraktionen, um die Stimmung abzuschätzen“, sagt Vöhl-Hitscher, „wir würden uns eine Abstimmung noch vor der Sommerpause wünschen.“ Auch mit Vertretern der jüdischen Gemeinde hat er bereits einen Gesprächstermin, um die Idee vorzustellen und um Unterstützung zu werben. Intern und im Internet benutzen die Alsterbrüder bereits den Namen „Walter-Wächter-Platz“, eine kleine Guerilla-Aktion. Manchmal muss man Dinge eben einfach machen, wenn man sie richtig findet.