Kopenhagen. Sechs Spieler geben beim 1:1-Unentschieden gegen Dänemark ihren Einstand in der deutschen Nationalelf

Die unwirtlichen Bedingungen durften keine Rolle spielen. Grimmig wehte der Kopenhagener Wind den ergiebigen Regen die Tribünen hinauf, als sich Joachim Löw seine überdachtes Trainerhäuschen verließ und sich an die Seitenlinie begab. Der Bundestrainer hatte eine Botschaft an seine Mannschaft zu senden, doch er wurde sie nicht recht los. Wie erstarrt stand er kurz da, dünner Pullover, dichter Regen. Deutscher Fehlpass. Eine Geste des Zorns später verschwand er wieder im Trockenen. Nein, vollends zufrieden war Löw nicht mit dem Spiel seines Teams, das zu einem 1:1 (0:1) im Freundschaftsspiel gegen Dänemark führte. „Es war vor dem Confed Cup in Russland dennoch eine gute Standortbestimmung gegen einen starken Gegner mit mehr positiven als negativen Aspekten“, sagte Löw hinterher.

Obwohl es alles in allem ein eher unspektakulärer Abend aus deutscher Sicht wurde, dürfte Julian Draxler dieses Spielchen in steter Erinnerung behalten. Löw benannte den bei Paris SG zu beachtlicher Größe gewachsenen früheren Schalker als Mannschaftskapitän. Es ließe sich ins Feld führen, dass sich die wirklichen Stars im Löw-Universum derzeit im verdienten Urlaub befinden und Draxler einer der wenigen übrig geblieben Profis ist, der dieser Mannschaft derzeit Profil verleiht. Dass er also fast schon unvermeidlich derjenige sein musste, der voran gehen soll. Doch das würde die Nominierung unnötig schmälern, zumal sie für Draxler einen weiteren Schritt nach vorn in der schwarz-rot-goldenen Hierarchie bedeutet. Schon bei der EM 2016 in Frankreich fiel der Bundestrainer als Anhänger Draxlers auf und prophezeite ihm, in Zukunft „ein sehr, sehr wichtiger Spieler in der Nationalmannschaft“ sein zu können.

Draxler führte eine Elf auf das Feld, die anfangs drei Debütanten vorsah. Torhüter Kevin Trapp, Draxlers Mannschaftskamerad in Paris, der Gladbacher Lars Stindl sowie der Hoffenheimer Stürmer Sandro Wagner feierten ihre Premiere an diesem Abend, der mit den erwarteten deutschen Schwierigkeiten begann. Einen „Kaltstart“ nannte Löw die Begegnung, weil der neue Kader noch keinerlei Möglichkeit hatte, sich zu finden. So rumpelte das deutsche Spiel zunächst bedenklich und Dänemark – angetreten mit den Bundesligaprofis Jannik Vestergaard, Andreas Christensen (beide Gladbach), Thomas Delaney (Bremen) und Yussuf Poulsen (Leipzig) – wirkte deutlich gefährlicher. Einen Versuch Vestergaards aus fünf Metern wehrte Trapp gekonnt ab (15.). Kurze Zeit später war der Torwart geschlagen. Ein unglücklicher Klärungsversuch Antonio Rüdigers landete vor den Füßen von Christian Eriksen, der den Ball aus 18 Metern ins Tor jagte (19.).

Unmittelbar danach erwachten die Männer in Schwarz und Weiß. Immer mit dabei: Leon Goretzka. Der Schalker spielte Wagner frei, doch Vestergaard blockte den Schuss im letzten Augenblick (31.). Goretzka schoss aus 20 Metern, aber Torwart Frederik Rönnow parierte (32.). Und Goretzka trat hübsch freigespielt von Matthias Ginter am Ball vorbei (33.). Draxlers Versuch endete ebenfalls an den Handschuhen des Torwarts (35.). Vier gute Chancen, kein Tor zur Halbzeit.

Doch nach Pause hatte die deutsche Elf Schwierigkeiten, ihren gerade entdeckten Elan wiederzufinden. Poulsen hätte beinahe den zweiten Treffer erzielt, doch Trapp wehrte den Schuss aus nächster Nähe mit einem Reflex ab (54.). Es war die Zeit, in der Löw größeres Mitteilungsbedürfnis offenbarte und häufiger in den Regen trat. Eine Kopfball-Doppelchance durch Niklas Süle und Matthias Ginter entschärfte erneut Rönnow, ein Distanzschuss des eingewechselten Emre Cans segelte neben das Tor (68.). So sahen die 15.488 Zuschauer im Bröndbystadion eine deutsche Elf, die zwar den Ball oft und lang besaß, damit jedoch in der zweiten Halbzeit zu wenig anfangen konnte. Auch die Einwechslung von Offensivkünstlern wie Julian Brandt hatte wenig Effekt. Das Glück musste ein wenig nachhelfen. Nach einem Querschläger am dänischen Fünfmeterraum setzte Joshua Kimmich zum Fallrückzieher an und traf auf diese Weise zum Ausgleich (88). Es passte, dass er sich dabei einen Krampf zuzog.

Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Löw mit Kerem Demirbay, Amin Younes und Marvin Plattenhardt drei weitere Debütanten ins Spiel gebracht. Und somit dafür gesorgt, dass sich immerhin noch mindestens drei weitere Menschen noch sehr lang sehr gern an diesen Abend erinnern werden.

Dänemark: Rönnow – Larsen, A. Christensen (46. Zanka), Vestergaard, Durmisi (65. Sörensen) – Delaney, Kvist (46. Schöne) – Eriksen (65. Lerager) – Y. Poulsen (76. Vibe), N. Jörgensen (76. Dolberg), Braithwaite.
Deutschland: Trapp – Süle, Rüdiger, Ginter (66. Younes) – Rudy (59. Can), Goretzka (76. Demirbay) – Kimmich, Draxler, Hector (89. Plattenhardt) – Stindl, Wagner (67. Brandt).
Tore: 1:0 Eriksen (18.), 1:1 Kimmich (88.). SR: Oliver (England). Z: 15.488.