Konnte der Zeitplan eingehalten werden und waren die Getränkepreise fair? Acht Plus- und sieben Minuspunkte der Derbywoche.

Hamburg. Die deutschen Springreiter haben erneut den Sieg beim deutschen Derby verpasst. Der für Slowenien startende Pato Muente schnappte sich am Sonntag in der 88. Auflage des Klassikers in Hamburg völlig überraschend den Sieg. Der in Argentinien geborene und in Soltau lebende Reiter setzte sich im Stechen des mit 120 000 Euro dotierten Springens auf der zehnjährigen Stute Zera durch. Doch wie fällt eigentlich das Fazit über die Organisation der Veranstaltung aus? Das Abendblatt hat Acht Plus- und sieben Minuspunkte der Derbywoche in Klein Flottbek zusammengestellt.

Plus

Organisation. Das Team des Veranstalters En Garde hatte fünf Tage das Wesentliche routiniert im Griff. Außerdem waren 70 Ordner, überwiegend höflich und hilfsbereit, im Derbypark umsichtig zur Stelle.
Fernsehen. Der NDR übertrug mehr als sechseinhalb Stunden, das ZDF 65 Minuten. Spontane Interviews mit Reitern sowie kurze, interessante Hintergrundberichte würzten die Livesendungen.
Zeltstadt. Das Angebot an Reitutensilien, Schnickschnack, Essen und Trinken war vielfältig und gut. Es machte Spaß, zwischen den Prüfungen über die Anlage zu schlendern.
Gastfreundschaft. Grundsätzlich freier Eintritt für Kinder bis sechs Jahre, zudem Gratiszugang für Schüler und Studenten am Mittwoch und am Freitag bewiesen Herz. Das nennt man Nachwuchsarbeit.
Derbystimme. Parcourssprecher Christian Graf von Plettenberg „vererbt“ das Mikrofon nach 20 Jahren an seinen Nachfolger Kai Huttrop-Hage. Applaus für einen Profi mit feinem Gespür für den passenden Ton.


Party. Endlich mal wieder ein Fest im großen Gastronomiezelt für Aktive, Pfleger und Pferdefreunde – mit freiem Eintritt und DJ JT. Allerdings sollte der Beginn (22.30 Uhr) für das Derby 2018 überdacht werden.
Gute Sache. Mit fantasievollen Aktionen wurde für den gemeinnützigen Verein „Pferde für unsere Kinder“ geworben und gesammelt. Allein das Golfturnier zu Wochenbeginn erbrachte 4200 Euro.
Sterneküche. Von den Gästen im VIP-Zelt gab es viel Lob für das gastronomische Angebot. Das Team des Landhauses Scherrer war in Hochform.

Minus

Zeitplan. Die Anfangszeiten der Prüfungen wichen zu oft vom offiziellen Programm ab. Dem Fernsehen geschuldet? So begann die erste Derbyqualifikation statt – wie angekündigt – um zehn Uhr eine Dreiviertelstunde später.
Kinderland. Diese Attraktion zum Bespaßen des Nachwuchses mit Armbrustschießen, Stelzen, Glücksrad und Riesen-Mikado war an den Rand verlegt und erheblich kleiner als zuletzt. Ein sympathisches, engagiertes Betreuerteam konnte nicht verhindern, dass Hindernisse zusammenbrachen und Verletzungsgefahr darstellten.
Getränkepreise. Der Hauptgastronom langte kräftig zu. Bei 28 Grad im Schatten wären weniger als drei Euro für einen Pappbecher lauwarmes Mineralwasser mehr gewesen. So grenzten die Preise an Nepp.
Wirrwarr. Das Reglement der Global Champions Tour und der League ist sogar für Kenner zu kompliziert. Es ist rätselhaft, warum ein derart hochkarätiger, teurer Wettbewerb nicht publikumsfreundlicher und durchschaubarer präsentiert werden kann.
Polizei. Vier Tage agierte die Verkehrssicherheit souverän und gut geplant. Nur am ersten Veranstaltungstag war kaum ein Polizist zu sehen. Konsequenz: zugeparkte Bushaltestellen, Verkehrschaos auf der Baron-Voght-Straße. Busse kamen wegen auf der Fahrbahn abgestellter Fahrzeuge nicht durch.
Dressur. Hut ab vor den Sportlern, dennoch fristet dieses Derby ein Schattendasein – nicht nur örtlich. Neue Ideen sind gefragt, diese Traditionsveranstaltung attraktiver in Szene zu setzen.
Sanitärbereich. Schlangen vor zu wenig Toilettenhäuschen wirken provinziell. Und die Zustände der WC-Anlagen in der Haupttribüne spotteten jeder Beschreibung. Dafür noch Geld zu verlangen, ist frech.