Hamburg. Anthony Canty, Spielmacher des Hamburger Basketball-Zweitligaclubs, will zurück in die Bundesliga

Anthony Canty (26) lässt es nach dem frühen Saisonende mit den Hamburg Towers, die als Neunter die Play-offs der 2. Basketball-Bundesliga verpasst haben, derzeit ruhiger angehen. In den nächsten Wochen möchte der umworbene Spielmacher und Topscorer erst einmal klären, für welchen Verein er in der nächsten Saison spielt. Von Ende April an will er, egal wie er sich entscheidet, in Hamburg sein zwölfwöchiges Trainingsprogramm mit Towers-Athletikcoach Melvin Wiredu durchziehen.

Herr Canty, Ihre Freundin Nina ist Hamburgerin, Sie beide sind mit Ihren Hunden Bailey und Bella in Wilhelmsburg heimisch geworden. Rät Nina Ihnen dazu, bei den Towers zu bleiben?

Antony Canty:Nina fühlt sich in Hamburg sehr wohl, sagt aber auch: „Tony, wir müssen das machen, was für dich und deine Karriere am besten ist.“

Haben Sie bereits Angebote aus der Ersten Bundesliga, der BBL, erhalten?

Schon mehrere. Bliebe ich aber in der Zweiten Liga, gäbe es für mich keine Alternative zu den Towers.

Bereisen Sie jetzt die interessierten Erstligavereine, um zu verhandeln?

Zuerst telefoniere ich mit den Trainern, dann laden die dich zu einem Spiel ein; die Bundesligasaison läuft ja noch. Du reist dorthin, bist bei einem Spiel dabei, guckst dir die Strukturen an, die Trainingshalle und so weiter. Das ist das normale Prozedere.

Welcher Agent vertritt Sie?

Mein Bruder Michael. Er ist zwei Jahre älter als ich und hat auch Basketball gespielt. Er ist früh in die USA aufs College gegangen und hat sich später auf den Wirtschaftsbereich konzentriert. Michael ist jetzt seit vier Jahren Agent. Er vertritt auch Bazoumana Koné.

Koné war 2015/2016 der Towers-Top­scorer, wechselte dann in die Erste Liga. Haben Sie sich mit ihm ausgetauscht?

Wir hatten viel Kontakt. Sein Beginn im vergangenen Herbst in Ludwigsburg war sehr gut, aber er hatte Knieprobleme, ging dann im Dezember nach Gießen, weil er sich dort mehr Spielanteile erhoffte. Das hat bisher auch nicht so geklappt, weil er weiter mit seiner Verletzung zu kämpfen hat.

Ist es nicht ein mahnendes Beispiel, dass er sich nicht durchsetzen konnte?

Nein. Was Bazou passiert ist, kann man nicht steuern. Ich habe selbst zwei Jahre Erfahrungen mit Verletzungen gemacht. Was die Erste Liga angeht: Ich habe sechs Jahre lang in der BBL gespielt, ich weiß, worauf es ankommt. Ich bin wieder gesund. Es spricht nichts dagegen, in die Bundesliga zu wechseln. Ich war schon im vergangenen Sommer so weit. Aber das zweite Towersjahr hat mir noch mal gut getan. Jetzt muss man sehen. Nichtsdestotrotz ist das Projekt in Hamburg auch eine schöne Sache. Besonders mit den neuen ambitionierten Zielen.

Sportchef Marvin Willoughby hatte im März angekündigt, dass man in drei, vier Jahren in der Ersten Liga spielen möchte, mittelfristig unter die Top Acht der BBL will. War dieses Statement für Sie wichtig?

Definitiv! Ein Pro-Argument für Hamburg ist die Perspektive. Das ist ein sehr schöner Verein mit viel Luft nach oben. Wenn die Towers aufstiegen, was wäre dann in Hamburg alles möglich? Da hätte man natürlich auch Interesse, bei so etwas aktiv dabei zu sein.

Zumal Towers-Coach Hamed Attarbashi ein Mentor für Sie ist.

Hamed kenne ich, seit ich 14 bin. Mit 16 bin ich nach Bremerhaven gezogen, wo er mein Coach im Internat war. Unser Verhältnis ist sehr eng. Hamed will immer das Beste für mich, gleichzeitig schenkt er mir nichts. Hamed ist ein Perfektionist und auch ein Psychologe. Für mich war es wichtig, dass ich einen Trainer habe, den ich respektiere, der mir aber auch mal in den Arsch tritt.

Was war der Grund, weshalb die Towers diesmal die Play-offs verpasst haben?

Entscheidend war, dass wir zu wenig als Mannschaft zusammen trainieren konnten. Wenn wir in der Lage gewesen wären, kontinuierlich mit zehn Leuten zu trainieren, die auch spielen, hätten wir ganz woanders gestanden. Teilweise sind vier Stammspieler ausgefallen. Das ist zu viel.

Den Verletzungsfluch gibt es nun seit drei Jahren. Hat man zu viele verletzungs­anfällige Spieler verpflichtet?

Das ist ja die Linie, die sie in Hamburg gefahren sind. Spieler zu holen, die viel Potenzial haben, aber aus einer schwierigen Situation kommen. In meinem Fall war es so: Ich wäre ohne meine zwei schweren Jahre mit der langwierigen Schulterverletzung und der Leistenoperation nie in die Zweite Liga gewechselt. Aber so war es eine Chance, mich wieder aufzubauen. Die Towers haben sich gesagt: Okay, wir riskieren das mit Tony, er ist ein Bundesligaspieler, den man jetzt für weniger Geld kriegen kann. Bei mir hatten sie Glück.

Sie gehörten 2012 zum erweiterten Kader der A-Nationalmannschaft. Ist das noch ein Thema für Sie?

Natürlich ist es ist ein Ziel von mir, in der Nationalmannschaft zu spielen. Vor meinen Verletzungen war ich im A-Kader, ich werde weiter hart arbeiten und gucken, was die Zukunft bringt.

Auf Ihrer Position ist NBA-Profi Dennis Schröder von den Atlanta Hawks der Star im Nationalteam. Sie wurden in Bremerhaven ausgebildet, er in Braunschweig. Kreuzten sich Ihre Wege?

In der U 19 haben wir gegeneinander gespielt. Bei Dennis hat man schon früh gesehen: Er hat ein Selbstbewusstsein, das nicht viele Menschen haben. Das war immer sein größtes Plus.

Und spielerisch?

Dennis ist der schnellste Spieler, gegen den ich jemals gespielt habe. Er ist so athletisch und wendig, dass er sogar in der NBA einer der Schnellsten ist.

Diese Frage muss zum Abschluss noch sein: Warum ist Hamburg schöner als Ihre Heimatstadt Berlin?

Die Stadt an sich ist schöner – das ist einfach so. Allein wenn du dir die Innenstadt anguckst, mit dem Wasser, der Binnenalster. Man würde denken, es ist viel spießiger als Berlin, ist es wahrscheinlich auch, aber es ist nicht München. München ist viel schlimmer. Hamburg ist vom Optischen genial und gleichzeitig gechillt.