München. Währenddessen steht Neuer vor einem erneuten Kaltstart gegen Cristiano Ronaldo. Einmal ist das bereits gutgegangen.

Manuel Neuer war nur für einen ganz kurzen Augenblick zu erspähen. Am Tag vor dem großen Champions-League-Showdown gegen Real Madrid ging der Welttorhüter als letzter Bayern-Schlussmann aus der Kabine – und verschwand sofort hinter einem riesigen Sichtschutz auf dem Nebenplatz. Während die Teamkollegen vor jede Menge Reportern ihr Abschlusstraining starteten, hörte man aus Neuers Richtung am Dienstag nur die Bälle fliegen. Wie fit der Keeper nach der Operation am linken Fuß für das Duell gegen Reals Supersturm um Cristiano Ronaldo wirklich ist, darüber kann erst das Viertelfinal-Hinspiel am Mittwoch (20.45 Uhr/ZDF und Sky) Aufschluss geben. Nur halbe Weltklasse könnte zu wenig sein.

Lewandowski bereitet Bayern Sorgen

Das gilt auch für den an der Schulter verletzten Torjäger Robert Lewandowski, der im Sturmzentrum unersetzlich für die Bayern ist. Der Pole absolvierte nur 20 Minuten des Abschlusstrainings am Dienstag und verschwand dann in die Kabine. Bei den Übungen verzichtete er auf jeden Körperkontakt, hielt seinen Arm in einer Art Schonhaltung und verzichtete sogar auf das obligatorische Armkreisen an der Säbener Straße. Sein Berater Cezary Kucharski räumte gegenüber "Sky" ein, dass der Einsatz des 28-Jährigen "in Gefahr" sei.

Lewandowskis Schulter trübt etwas die Vorfreude auf Mittwochabend, doch die Bayern werden ihren Top-Stürmer wohl fitspritzen und damit das Risiko einer schwereren Verletzung in Kauf nehmen. "Wir hatten heute ein gutes Gefühl, aber er hat nur 20 Minuten trainiert. Wir müssen abwarten und werden morgen entscheiden. Wenn er Schmerzen hat, wird er nicht spielen", sagte Ancelotti.

"Es ist nicht sicher. Wir werden aber alles versuchen, dass er dabei ist", fügte Superstar Arjen Robben an, "aber wenn nicht, steht immer einer bereit. Wir haben einen super Kader. Wir werden ein gutes Spiel machen. Wir sind ganz ruhig." Sollte es für Lewandowski nicht reichen, stünde Thomas Müller bereit, der ebenfalls aus einer Verletzung (Knöchelprellung) kommt, weshalb er zuletzt zwei Ligaspiele verpasst hatte.

Lewandowski war beim 4:1-Sieg gegen Borussia Dortmund nach einem Foul im Strafraum von Torhüter Roman Bürki unglücklich auf die Schulter gefallen. Nach dem Spiel gab er aber eigentlich bereits Entwarnung für den Königsklassen-Hit gegen Real Madrid. Die Eindrücke vom Dienstag bestätigen allerdings, dass es ein Wettlauf gegen die Zeit für die Nummer 9 wird. „Ich hoffe, dass die Bayern mit ihrer ersten Elf spielen können. Ich mag Herausforderungen“, sagte Ex-Münchner Toni Kroos, der im Mittelfeld das Spiel bei Real Madrid dirigiert.

Neuer ist Experte für Kaltstart

Dennoch bleiben die Bayern optimistisch, was vor allem an dem Comeback des Erfolgsgaranten Neuer nach mehr als drei Wochen Pflichtspielpause sowie der aktuellen Form der Mannschaft liegt. Alles sei im Plan, versicherte Trainer Carlo Ancelotti zuletzt mit betonter Gelassenheit. Der Italiener scheint einmal mehr zu beweisen, dass sich seine Mannschaft auf den Punkt genau im Frühling, wenn die entscheidende Saisonphase ansteht, in Topform befindet. Ancelotti verzichtete bewusst auf einen Einsatz seiner Nummer eins im Liga-Spitzenspiel gegen den BVB, um „kein Risiko“ einzugehen. Für Neuer muss es zwei Wochen nach seiner Operation ohne Generalprobe hinhauen.

Ein Kaltstart ist bei Neuer aber kein schlechtes Omen auf dem Weg zu Titeln: Vor dem WM-Triumph 2014 hatte der Torwart im DFB-Pokal-Finale eine Schulterblessur erlitten und deshalb etliche Trainingseinheiten bei Joachim Löw sowie die zwei letzten Vorbereitungspartien vor dem Abflug nach Südamerika verpasst. In Brasilien krönte sich Neuer dann zum Weltmeister.

Manuel Neuer (r.) klärt im April 2014 im Halbfinalrückspiel der Champions League die Situation, bevor Cristiano Ronaldo (l. hinter Jérôme Boateng) eingreifen kann
Manuel Neuer (r.) klärt im April 2014 im Halbfinalrückspiel der Champions League die Situation, bevor Cristiano Ronaldo (l. hinter Jérôme Boateng) eingreifen kann © dpa | Tobias Hase

Vier Wochen und zwei Tage musste die deutsche Auswahl damals um Neuer bangen, der dann kurioserweise im ersten WM-Spiel in Salvador – wie nun auch beim Heimspiel in der Champions League – Cristiano Ronaldo gegenüberstand. Es folgte eine Fußball-Gala, Deutschland siegte 4:0 gegen Portugal. Auf ein ähnliches Ergebnis mögen die Bayern aufgrund der aktuellen Personalsorgen um Neuer und Lewandowski sowie dem Ausfall von Abwehr-Ass Mats Hummels nicht schielen.

2012 parierte Neuer zwei Elfmeter

Umso wichtiger dürfte einmal mehr Neuer werden, der den Bayern schon unvergessene Fußballabende beschert hatte – auch gegen Real: Beim Halbfinalsieg 2012 wurde der Schlussmann auswärts im Estadio Santiago Bernabéu zum Elfmeter-Helden, als er die Strafstöße der beiden Weltstars Kaká und Cristiano Ronaldo parierte.

Weil das entscheidende Rückspiel wieder in Spanien steigt, ist es im ersten Duell zu Hause noch wichtiger, kein Gegentor zu kassieren. Ersatzmann Sven Ulreich ist zwar für Liga-Partien eine solide Alternative. In der Königsklasse aber sind die Weltstars gefragt – ob topfit oder nicht. „Er kann spielen, und das ist das einzig Wichtige“, sagte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge. „Das ist das Topspiel der Champions League, das ist ein Endspiel“, erklärte Rummenigge vor dem großen Showdown. „Wir spielen gegen die wahrscheinlich aktuell beste Mannschaft der Welt.“