Hamburg. Nach drei zuletzt sieglosen Begegnungen will der FC St. Pauli gegen Sandhausen Krisenstimmung vorbeugen

Rein nüchtern betrachtet ist die Partie des FC St. Pauli an diesem Dienstagabend (17.30 Uhr, Sky und Liveticker abendblatt.de) gegen den SV Sandhausen eine wie jede andere auch. 22 Spieler, ein Schiedsrichter, zwei Assistenten, ein mit mehr als 29.000 Fans prall gefülltes Millerntor-Stadion, und am Ende gibt es im Idealfall drei Zähler mehr auf dem Konto. Doch wie bereits Bayerns Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge einst feststellte, ist Fußball keine Mathematik. Und so ist es auch für die Kiezkicker weit mehr als ein ganz normales Spiel. Es ist eine Partie, in der die Stimmungslage für die kommenden Wochen festgelegt wird.

Nach zuletzt drei Spielen ohne Sieg und dem damit verbundenen Absturz auf den Relegationsplatz 16 stehen die Kiezkicker gegen Sandhausen gehörig unter Druck. Die hoffnungsvolle Stimmung, die sich nach dem starken Rückrundenauftakt breitgemacht hatte, erhielt am vergangenen Freitag einen Dämpfer. Das 0:1 bei Erzgebirge Aue hat bei den Hamburgern ein wenig die Alarmglocken schrillen lassen, wenngleich Trainer Ewald Lienen sich dagegen wehrt, die aktuelle Situation zu dramatisieren. Dass der Auftritt gegen den direkten Kontrahenten im Kampf gegen den Abstieg nicht ausreichend war, weiß Lienen. Aber: „Wir sollten überlegen, wo wir herkommen. Ich wehre mich dagegen, dass die Leistung in Aue als unterirdisch bezeichnet wurde. Das ist beleidigend“, echauffiert sich der 63-Jährige, der sich vor sein Team stellt. „Wir haben die Partie abgehakt und wissen, dass wir es besser können.“

In der Tat waren die Partien in den vergangenen Wochen mehr als solide. Selbst bei den sieglosen Spielen gegen die Aufstiegskandidaten Union Berlin (1:2) und Hannover 96 (0:0) war das Lienen-Team keinesfalls chancenlos. Der vor allem in der ersten Hälfte schwache Auftritt in Aue war der erste größere Rückschlag in der Rückrunde. „Wir arbeiten alle zusammen und sind ein Team. Keiner spielt absichtlich schlecht“, sagt Lienen.

Verletzungsprobleme hindern Trainer Lienen an Rotation

Und so bietet die englische Woche die Gelegenheit, den schlechten Eindruck von Freitag wieder zu korrigieren. Ursprünglich wollte Lienen die Belastung seiner Spieler angesichts von drei Partien in sieben Tagen mit Bedacht dosieren, doch die angespannte Personallage macht dem Coach einen Strich durch die Rechnung. Mit Johannes Flum (Muskelfaserriss), der sich nach wie vor in der Reha befindet, fehlt ein Mann, der in dieser Woche sicher im defensiven Mittelfeld zum Einsatz gekommen wäre. Auch Linksverteidiger Joel Keller (Erkältung) ist keine Option für das Sandhausen-Spiel.

Bis zuletzt hofft Lienen nun auf den Einsatz von Routinier Bernd Nehrig. Der 30-Jährige hatte sich beim Aufwärmen in Aue eine Muskelverletzung zugezogen. „Bernd konnte zuletzt wenig machen und wird intensiv behandelt. Wir müssen sehen, ob es reicht“, sagt Lienen. Einen Schritt weiter ist da schon Cenk Sahin, der zuletzt wegen einer hartnäckigen Erkältung pausieren musste. Dem Türken geht es zwar besser, ein Einsatz über 90 Minuten ist aber unwahrscheinlich.

Wie schwer die Aufgabe Sandhausen wird, hat St. Pauli am eigenen Leib erfahren. Im Hinspiel setzte es eine 0:3-Niederlage. „Das war eines unserer schlechtesten Spiele“, gibt Lienen zu. Deshalb warnt er davor, die Baden-Württemberger trotz zuletzt mäßiger Auftritte zu unterschätzen: „Sandhausen hat schon frühzeitig viele Punkte geholt. Es handelt sich um eine eingespielte, körperlich robuste Mannschaft mit drei oder vier großen Spielern, die auch bei Standards gefährlich sein kann.“ Viele Verletzungen in der Offensivabteilung, darunter Toptorjäger Andrew Wooten, sorgten dafür, dass die Mannschaft von Trainer Kenan Kocuk zuletzt ein wenig eingebrochen ist.

„Wenn man nicht mehr so viele Tore schießt, stimmen die Ergebnisse irgendwann nicht mehr“, sagt Lienen, wohl wissend, dass das auch auf sein Team zutrifft. In den vergangenen drei Partien gelang dem FC St. Pauli nur ein Treffer. Es wird Zeit, dass sich das ändert, sonst droht die Stimmung beim Kiezclub pünktlich zur heißen Phase in der Zweiten Liga zu kippen.