Stand Up Paddling ist eine junge, boomende Sportart für jedermann. In Hamburg versucht die deutsche Meisterin Paulina Herpel als Profi davon zu leben

So muss Paradies sein. Wasser 28 Grad, Luft 30. Eine stete Dünung rauscht an den feinsandigen Strand, der von Palmen gesäumt ist. Nach dem Surfen eine frische Kokosnuss, abends das „beste Rice und Curry weit und breit“. Sri Lanka, Indischer Ozean, Tropenklischee. „Ich muss mich manchmal selber kneifen“, sagt Paulina Herpel. „Das hat mit Hamburg im März nicht viel zu tun.“

Herpel ist gerade 19 Jahre alt geworden, hat 2016 Abitur gemacht, jetzt probiert sie sich aus. Das Studium muss noch warten. Was geht im Hobby, kann man davon leben und wie lange? Sie ist Hamburgs beste Stand-up-Paddlerin, deutsche Meisterin in Sprint und Wave, Wildwasser-Europameisterin. „Ich will schauen, wie weit ich komme mit meinem Sport“, sagt sie. Ihr Kalender ist auch nach dem siebenwöchigen Traum-Tropen-Trainingslager auf Sri Lanka randvoll. Surfen in Frankreich, EM in Portugal, diverse Termine ,dann das deutsche Highlight: Der SUP-Weltcup vom 30. Juni bis 2. Juli in Scharbeutz.

Langstrecke auf Flüssen und Seen, Brandung, alles geht

Stand Up Paddling (SUP) gilt als der am schnellsten wachsende Wassersport weltweit. Bei der steten Suche der Freizeitsportindustrie nach neuen Produkten und Absatzmärkten ist es das nächste „heiße Ding“. Schon werden Träume von Olympia geträumt, aber es geht auch deutlich kleiner. Wenn sich jetzt mit zunehmendem Summerfeeling wieder die Alster und ihre Kanäle mit Wassersportlern füllen, werden noch mehr SUPs als im Vorjahr zu sehen sein. Seit es aufblasbare Boards gibt (I-SUPS), hat die junge Sportart einen gewaltigen Push bekommen. Jeder kann die Dinger überall problemlos mit hinnehmen und es gibt zahlreiche Mietstationen. Das ist das eine. Das andere: „Es ist für Anfänger leicht und schnell zu erlernen und vielseitig“, sagt Herpel.

Wie es oft so ist, ist auch Hamburgs Beste familiär vorbelastet. Vater Dirk ist selbst begeisterter Surfer, Dänemarks Westküste war ständiges Ziel für Wochenendtrips und Urlaube – „da kenne ich jeden Stein und jede Welle“. Auch sonst war die Familie möglichst überall dort, wo es Wasser und Wellen gab. So kommt die Begabung fast von allein durch. Auch wenn Herpel gerne tanzt und vor allem auch ein Naturtalent auf der Slackline ist, diesem wackligen Seil, wo ein normaler Mensch keine drei Schritte darauf gehen könnte ohne hinzupurzeln. „Ich finde auch Wellenreiten und Windsurfen toll“, sagt sie, „aber SUP ist einfach unglaublich vielseitig. Vom Flachwasser wie auf der Alster bis in die Welle wie auf Sri Lanka ist einfach alles möglich.“ Langstrecke auf Flüssen und Seen, Kurzstrecke, Sprint, Flachwasser und sogar Brandung, alles geht.

Freiheit. Sonne. Spaß. Sport. Jugend. Das ist für die Boardindustrie selbstverständlich interessant. Ein besseres Image kann man kaum transportieren. Und kaufen. Irgendwo um die 250 Euro geht es los. Markenprodukte mit Paddel und Board sind für Hobbyfahrer ab 800 Euro zu haben, und das steigert sich immer weiter nach oben. Herpels Raceboard kostet rund 3000 Euro, ihr Waveboard ist schon für 1900 Euro zu erstehen. Für jeden ist etwas dabei. Die Hersteller bieten unzählige Modelle, und jedes Jahr kommen neue auf den Markt. Passend zu den verschiedenen Spielarten des Sports. Sogar SUP-Yoga wird inzwischen angeboten. Übungen für Körper, Geist und Seele auf sanft schaukelnden Wellen, warum nicht? Ist mutmaßlich entspannend.

Paulina Herpel aber treibt Spitzensport. Wo eine Sportart expandiert, braucht es Vorbilder und schöne Bilder. Die junge Hamburgerin bietet beides. Denn Profi sein bedeutet bei dieser Spielart weniger, dass man fette Siegprämien bei den weltweit gerade sechs Weltcups kassiert. „Es ist noch schwer, alleine vom Paddeln zu leben“, sagt sie.

Ein Vertrag mit einem Ausrüster ist wichtig, Sponsoren dürfen gerne ihren Namenszug auf das Brett kleben, auch Unterricht in der Welle und im Racing bietet sie an. Seit Kurzem darf sie in einem Hamburger Fitness- und Wellnesstempel kostenlos trainieren, das schont das Budget. „Ein Fahrzeugsponsor wäre jetzt noch toll ...“ Vor allem aber dokumentiert sie ihre Touren für Hochglanzmagazine, die über alle Arten und Abarten aus der großen Surf-Familie berichten. „Ich habe mir gerade eine Kamera gekauft und versuche, bei jeder Reise Fotos zu machen und meine Erlebnisse aufzuschreiben“, erzählt sie. „Wenn man das Paddeln mit Abenteuern und ein paar Geschichten verbinden kann, die dann in einigen Magazinen erscheinen, verdient man etwas Geld.“

Werbung funktioniertnach dem Motto: Sex sells

Das Gesamtpaket funktioniert aber natürlich auch deshalb gut, weil die blonde Paulina Herpel sehr fotogen ist. Wenn sie im knappen Bikini durch die Welle cruised, die Haare nass, der Körper sportlich angespannt, das kann sich schon sehen lassen. Und es zieht auch Blicke an, die sich nicht nur für ihre Surftechnik interessieren. Sex sells, heißt es in der Werbung. Stört sie das nicht? „Solange die Bilder authentisch sind, ist das voll in Ordnung“, entgegnet Paulina Herpel. „Im warmen Wasser und 30 Grad trage ich nun mal einen Bikini. Die Jungs würden ja auch keinen Neoprenanzug anziehen.“

So einfach kann es wohl wirklich sein. Im Surfer-Paradies.