Baku. Özil-Ersatz ist beim deutschen 4:1-Sieg an gleich drei Treffern beteiligt. Löw und Hummels meckern, Fans machen Handy-LaOla.

Fünftes Spiel, fünfter Sieg: Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft hat die Vorgabe von Bundestrainer Joachim Löw befolgt und auch das nächste Spiel in der WM-Qualifikation gewonnen. In Baku gegen Aserbaidschan feierte die Elf einen am Ende souveränen 4:1 (3:1)-Sieg. Überragender Akteur mit zwei Treffern und einer Vorlage: André Schürrle.

Etwas überraschend vertraute Löw dem Dortmunder anstelle des zuletzt angeschlagenen Mesut Özil im offensiven Mittelfeld. Am Tag vor der Partie hatte der Bundestrainer für eben jenen Schürrle Dortmunder ein paar hübsche Girlanden gebunden und ihn trotz - oder gerade wegen - seines Reservisten-Daseins in Dortmund als Spieler mit besonderen Fähigkeiten gelobt.

Die DFB-Spieler in der Einzelkritik

Und Männern, die Außergewöhnliches zu leisten im Stande sind, erfahren auch in schwereren Zeiten die umfassende Wertschätzung des Bundestrainers. Er lobte dessen Torgefahr und ungebremste Motivation. Fähigkeiten, die der so dekorierte Schürrle eindrucksvoll nachweisen konnte.

"Ich fühle mich hier pudelwohl, der Trainer gibt mir sehr viel Vertrauen und sagt das auch öffentlich. Das nehme ich sehr gerne mit", sagte Matchwinner Schürrle im Anschluss bei RTL. Zu seiner Situation im Verein sagte er: "Wenn man wenig spielt, dann fehlt natürlich das Selbstvertrauen."

Die Statistik

Aserbaidschan

Agajew/Boavista Porto (31 Jahre/56 Länderspiele) - Pashajew/PFK Stal (29/4), Badawi Hüsejnow/Karabach Agdam (25/21), Sadigow/Karabach Agdam (23/104), Mirsabekow/FK Qäbälä (26/16) - Garajew/Karabach Agdam (24/26), Amirgulijew/Karabach Agdam (27/42) ab der 87. Minute Eddy/FC Cadiz (24/8) - Ismajlow/Karabach Agdam (28/26), Javid Hüsejnow/FK Qäbälä (29/40), Nasarow/Erzgebirge Aue (26/23) - Schejdajew/MSK Zilina (21/6) ab der 67. Minute Deniz Yilmaz/Bursaspor (29/2). - Trainer: Prosinecki

Deutschland

Leno/Bayer Leverkusen (25 Jahre/4 Länderspiele) - Kimmich/Bayern München (22/13), Hummels/Bayern München (28/57),  Höwedes/Schalke 04 (29/44),  Hector/1. FC Köln (26/27) - Khedira/Juventus Turin (29/70), Kroos/Real Madrid (27/76) ab der 89. Minute Rudy/TSG Hoffenheim (27/14) - Schürrle/Borussia Dortmund (26/57), Müller/Bayern München (27/85),  Draxler/Paris Saint-Germain (23/28) ab der 84. Minute 19 Leroy Sané/Manchester City (21/6) -  Gomez/VfL Wolfsburg (31/70) ab der 61. Minute 11 Mesut Özil/FC Arsenal (28/84). - Trainer: Löw

Schiedsrichter

Daniele Orsato (Italien)

Tore

0:1 Schürrle (19.), 1:1 Nazarov (31.), 1:2 Müller (36.), 1:3 Gomez (45.), 1:4 Schürrle (81.)

Gelbe Karten

  – Khedira, Höwedes

Zuschauer

30.000

1/6

Schürrle beweist teutonische Effizienz

André Schürrle (r.) bekam seine beiden Treffer jeweils von Jonas Hector aufgelegt
André Schürrle (r.) bekam seine beiden Treffer jeweils von Jonas Hector aufgelegt © dpa

Nach etwas fahrigem Beginn der Deutschen besorgte Schürrle die Führung. Jonas Hector hatte den Ball von der linken Seite flach vor das Tor gebracht, wo der 26-Jährige lauerte und vollendete (19. Minute). Erste Chance, erstes Tor. Teutonische Effizienz. Joshua Kimmich, der bei Bayern München in einer ähnlichen Lage steckt wie Schürrle in Dortmund und deswegen ähnlich warme Worte vom Bundestrainer zu hören bekam, scheiterte zwei Minuten mit seinem Versuch an einem aserbaidschanischen Abwehrbein.

Doch in jener Phase mühten sich die Männer in den weißen Hemdchen vergeblich um das angemessene Maß an Souveränität. Zum Teil absurde Fehlpässe führten zu gefährlichen Ballverlusten. Ein recht unerklärlicher Hochschuss von Jonas Hector wurde so zum Ausgangspunkt des Ausgleichs. Dimitri Nazarov von Zweitligist Erzgebirge Aue, größter Star der Gastgeber, ließ noch Sami Khedira hübsch aussteigen und traf dann gegen den schuldlosen Bernd Leno, der den Vorzug im Tor vor Marc-André ter Stegen erhalten hatte (31.).

Löw und Hummels meckern

Entsprechend fand auch Löw nach dem Spiel einige Haare in der Suppe. "Wir haben 4:1 gewonnen, aber es war nicht alles Gold, was glänzt", sagte der Bundestrainer bei RTL und moserte weiter: "Ich bin bedingt zufrieden. Die ganze Art und Weise entspricht nicht unserem Anspruch. Es gab einige Abspielfehler, die unnötig waren." Mats Hummels lieferte in seiner Analyse ein Indiz dafür. "Wir haben ein bisschen arrogant gespielt, das fand ich nicht so schön", befand der Abwehrspieler von Bayern München.

Die Höhepunkte des Spiels

14. Minute

Hector mit der ersten Torchance des Spiels: Der Kölner Außenverteidiger zieht an der Strafraumgrenze mit links ab, der Schlenzer streicht aber knapp am Pfosten vorbei.

19. Minute

TOR für Deutschland! Hector ist es auch, der die deutsche Führung vorbereitet. Der Linksfuß wird von Draxler in Szene gesetzt und passt von der linken Strafraumgrenze nach innen, wo Schürrle nur noch den Fuß hinhalten muss.

31. Minute

Tor für Aserbaidschan. Zweitligaprofi Nazarov (Aue) nutzt nach einem kapitalen Fehlpass von Müller den Freiraum auf der linken Seite und zwirbelt den Ball ins Netz. Das erste Gegentor nach sieben Spielen, Rekordserie gebrochen.

36. Minute

TOR für Deutschland!! Und Müller macht seinen Fehler direkt wieder gut, indem er einen feinen Schürrle-Pass im Strafraum aufnimmt, Keeper Agayev umkurvt und von links zur erneuten Führung einschießt.

42. Minute

Aserbaidschan lässt nicht locker und kommt durch Ismajlow zu einer weiteren Chance. Der Mittelfeldmann wird von Hector nicht gestört, schießt von der Sechzehnergrenze aber nur ans Außennetz.

45. Minute

TOR für Deutschland!! Gomez trifft nach Kimmichs Flanke von rechts per Kopf zum berühmt psychologisch wichtigen Zeitpunkt. Das 30. Länderspieltor für den Wolfsburger.

56. Minute

Schürrle gehört die erste Szene der zweiten Hälfte, indem er diesmal mit rechts abzieht. Der Schuss von der Strafraumgrenze wird aber zur Ecke abgefälscht.

63. Minute

Hummels chippt den Ball in den Sechzehner Richtung Müller, der jedoch leicht am Trikot gezupft wird und daher nicht mehr an den Ball kommt. Die Elfmeterproteste interessieren Schiedsrichter Orsato aber herzlich wenig.

76. Minute

Schürrle weckt die Zuschauer mit einem Pass in die Schnittstelle auf Khedira auf, der Schuss des Kapitäns hält Agajew im Nachfassen sicher fest.

81. Minute

TOR für Deutschland!! Erneut trifft Schürrle – und wieder leistet Hector die Vorarbeit. Der Kölner geht links bis zur Grundlinie und legt in den Rücken der Abwehr zurück auf Schürrle, der das Leder unbedrängt mit rechts unter die Latte donnert.

1/10

Deutsche Gegentor-Serie gebrochen

Ebenfalls unschön: Nazarovs Treffer war für die deutsche Mannschaft das erste Gegentor seit der EM, er beendete die mehr als sieben Spiele währende Serie - und er versetzte der Stimmung im Stadion einen gehörigen Adrenalin-Stoß. Die Folge: aserbaidschanischer Wagemut. Zu viel davon vermutlich. Leichtsinniger Ballverlust in der eigenen Hälfte, Pass Schürrle, dann zog Thomas Müller mit Ball an Torwart Kamran Agayev vorbei und schob den Ball ins leere Tor (36.).

Und der kleine Zwischenspurt bis zur Halbzeit beinhaltete noch eine Flanke von Kimmich und einen nachfolgenden Kopfball von Mario Gomez, der sich präzise ins gegnerische Tor senkte (45.). Die Meuterei des Außenseiters war schnell niedergeschlagen.

Zuschauer machen eine Handy-LaOla

Zwar begehrte die Mannschaft von Trainer Robert Prosinecki dann und wann noch gegen das Ergebnis auf, doch die deutlich überlegene Klasse des Weltmeisters zeigte sich nun auch in dessen etwas sichererem Auftreten. Torgelegenheitchen von Schürrle, Müller und Khedira veränderten den Spielstand zunächst nicht mehr. Dann setzte Schürrle den Schlusspunkt und jagte den Ball aus elf Metern ins Tor (81.).

Leicht verwaltete die deutsche Elf die Führung bis zum Ende gegen einen Gegner, dem Löw zuvor noch "eine unglaubliche Entwicklung" attestiert hatte. In der Qualifikationsgruppe, die Deutschland anführt, lag Aserbaidschan vor dem Spiel überraschend auf Rang drei. Doch auch in Baku wissen die Menschen, dass dieses Wachstum Zeit braucht. Und so feierten sie diesen Tag, an dem der Weltmeister kam und vorspielte. Die LaOla-Welle schwappte eine Viertelstunde vor dem Ende durch das Tofiq-Bahramov-Stadion, dazu schwenkten die Fans ihre leuchtenden Mobiltelefone.

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