Hamburg. Geglückter DFL-Test: Beim 5:0 gegen BU wird dem Stürmer erstmals ein Tor durch den Videobeweis aberkannt

Abseits ist, wenn der Schiedsrichter pfeift. So lautet eine ungeschriebene Fußballregel, die, sofern sie denn niedergeschrieben wäre, wohl neu geschrieben werden müsste. Klingt knifflig? Ist auch knifflig. Genauso wie der Videobeweis, den die DFL am Donnerstag im Volkspark beim Freundschaftsspiel zwischen dem HSV und Oberligist Barmbek-Uhlenhorst mit viel Tamtam und acht Kameras testete. 5:0 gewann der Erstligist gegen den Fünftligisten – wobei die fünf Tore nebensächlich waren. Viel wichtiger war am Ende ein Treffer durch Pierre-Michel Lasogga, der im Nachhinein eben doch kein Tor war – dafür aber die historische Premiere des Videobeweises in Hamburg.

„Grundsätzlich finde ich den Videobeweis gut, auch wenn es noch ein wenig gewöhnungsbedürftig ist. Es ist aber schön, dass wir bei diesem Test heute hautnah dabei sein durften“, sagte HSV-Trainer Markus Gisdol, der erst am Vortag seinen im Sommer auslaufenden Vertrag bis 2019 verlängert hatte. Damit dürfte der Schwabe auch in der kommenden Saison noch als HSV-Coach im Amt sein, wenn der Videobeweis in Stufe zwei der zweijährigen Testphase eintreten wird. Der Plan: Bei sämtlichen 306 Saisonspielen soll der Videoassistent ab der kommenden Spielzeit zum Einsatz kommen. Gestern (im Volkspark) wie morgen (in der ganzen Bundesliga) galt und gilt allerdings, dass die Videoassistenten nur bei klaren Fehlentscheidungen in vier Fällen eingreifen sollen: Tore, Elfmeter, Rote Karten und Spielerverwechslungen.

Einer dieser klaren Fälle ergab sich fünf Minuten vor dem Spielende, als Lasogga bereits seinen zweiten Treffer feierte, sich aber eines Besseren belehren lassen musste. „Herr Lasogga verteufelt den Videobeweis ja jetzt schon“, scherzte Schiedsrichter Tobias Stieler, als er dann ganz im Ernst erklärte, warum er den Treffer nicht gegeben hatte: So hätte Nicolai Müller direkt vor dem Treffer den Ball erobert, dabei aber seinen Gegenspieler geschubst. Der Hamburger Unparteiische hatte es nicht gesehen – sehr wohl aber sein Videoassistent Wolfgang Stark. Dieser hatte die Szene im Replay-Center der DFL in Köln mit mehreren Zeitlupen überprüft und innerhalb von wenigen Sekunden auf Foulspiel entschieden. „Das war eine perfekte Szene für den Videobeweis“, sagte Stieler, der beim Spiel zwischen Frankreich und Spanien am Dienstag erstmals als Videoassistent bei einem Länderspiel dabei sein wird.

Sechseinhalb Wochen ist es her, dass der Videobeweis schon einmal zu Besuch im Volkspark war. „Der Fußball wird seinen Charakter nicht verlieren“, sagte am 6. Februar Helmut Krug bei einer Veranstaltung im Stadion. Der Projektleiter für die Einführung des Videoassistenten in der Bundesliga schmiss bei einer Präsentation eine Reihe von Thesen an die Wand: Der Videoassistent sei kein „Oberschiedsrichter“, sondern ein Assistent, war zu lesen. Die Ziele seien höhere Fairness und Gerechtigkeit, möglichst wenige und kurze Spielunterbrechungen und die Vermeidung klarer Fehlentscheidungen. Bis zum 24. Spieltag dieser Saison hatten Krug und seine Kollegen selbstkritisch 71 strittige Entscheidungen gezählt, 56 davon hätten durch den Videoassistenten aufgeklärt werden können – ähnlich wie am Donnerstagabend im Volkspark.

Mal abgesehen von den Toren habe er viermal strittige Szenen mit dem Videoassistenten über Funk besprochen, gab Stieler nach dem Spiel zu. Lange gedauert hat keiner der erwähnten Fälle. Und auf Abseits entschied Stieler im Übrigen auch nur zweimal. Und das ganz ohne die Hilfe aus Köln.

HSV: Mathenia – Diekmeier (46. Behounek), Götz, Oschkenat (46. Knost), Santos – Walace – Müller, Holtby (46. Jatta), Waldschmidt, Porath (67. Feka) – Lasogga. Tore: 1:0 Lasogga (3.), 2:0 Müller (41.), 3:0 Jatta (61.), 4:0 Porath (66.), 5:0 Waldschmidt (82.).