Indian Wells/Frankfurt. Nach dem Sieg in Indian Wells bekam der Schweizer Altstar von seinem unterlegenen Landsmann was auf die Ohren.

Roger Federer feixte nach seinem jüngsten Geniestreich munter drauf los und strahlte mit der kalifornischen Wüstensonne um die Wette. Die Quittung erhielt der frischgebackene Indian-Wells-Champion postwendend über das Stadionmikrofon mitgeteilt. "Er lacht, er ist ein Arschloch", sagte Stan Wawrinka bei der von Turnierdirektor Tommy Haas durchgeführten Siegerehrung - und grinste seinen Schweizer Landsmann spitzbübisch an.

Es war die einzige "Frechheit", die Federer nach seinem 6:4, 7:5-Finalsieg beim "fünften Grand-Slam-Turnier" gegen Kumpel Wawrinka zu hören bekam. Ansonsten konnte sich der wiedererstarkte Maestro, der nun der älteste Gewinner eines Masters-Events ist, vor Lobeshymnen kaum retten. "Du bist wie Rotwein. Je älter, desto besser wirst du!", twitterte Boris Becker an die Adresse des 35-Jährigen, der derzeit über den Court schwebt wie ein junger Gott.

90. ATP-Sieg für Federer

Federer selbst machte keinen Hehl daraus, dass er sich mit dem Coup bei den Australian Open Ende Januar und seinem insgesamt fünften Triumph in Indian Wells selbst überrascht hat. "Das ist schon verrückt, denn im vergangenen Jahr habe ich keinen einzigen Titel gewonnen und musste sechs Monate pausieren. Die Veränderung jetzt ist dramatisch, und das fühlt sich großartig an", sagte Federer nach seinem 90. Turniersieg auf der ATP-Tour.

Der Traumstart in die Saison führte nicht nur dazu, dass der Major-Rekordsieger mittlerweile von Platz 17 wieder auf Rang sechs der Weltrangliste geklettert ist. "Nach diesen Erfolgen sind die Ziele in diesem Jahr nun eindeutig andere", meinte "King Roger" - ohne ins Detail zu gehen. Fakt ist: Der britische Branchenführer Andy Murray und dessen Verfolger Novak Djokovic (Serbien) schwächeln derzeit und werden von Verletzungen geplagt. Beide fehlen auch beim am Mittwoch beginnenden Masters in Miami.

Schon knapp 103 Millionen Dollar Preisgeld

Federer thront derzeit über allen. Die Jahreswertung ("Race to London") führt der siebenmalige Wimbledonsieger souverän vor Rafael Nadal an. Bezeichnend für die aktuellen Kräfteverhältnisse, dass Federer dem Spanier im Achtelfinale von Indian Wells eine Lehrstunde erteilte (6:2, 6:3).

Dabei drohte Federer, der in seiner Karriere bislang knapp 103 Millionen Dollar an Preisgeld kassiert hat, zu Jahresbeginn sogar aus den Top 30 zu fallen. "Mein Ziel war es, nach Wimbledon im Juli wieder unter den besten Acht zu sein", verriet die ehemalige Nummer eins. Der Zeit ist er weit voraus.

Bouchard: "Roger ist irre"

Und das finden ziemlich viele ziemlich gut. Fußball-Weltmeister Toni Kroos twitterte nach dem jüngsten Federer-Coup lapidar: "Dieser Typ..." Der Weltranglisten-23. John Isner (USA) fragte sich: "Sind wir uns zu 100 Prozent sicher, dass Federer von diesem Planeten stammt?" Und die ehemalige Wimbledonfinalistin Eugenie Bouchard (Kanada) zwitscherte: "Roger ist irre."

Die New York Times schrieb von einem "weiteren Kapitel in dieser märchenhaften Saison" des Superstars. Und Wawrinka rief seinem Freund Roger nach dem Match zu: "Jeder, der Tennis liebt, liebt dich. Ich bin dein größter Fan und hoffe, dass du uns noch lange erhalten bleibst."

Federer nimmt das A-Wort gelassen hin

Das "Arschloch"-Thema allerdings war noch lange nicht vom Tisch. Und Federer betrieb Aufklärungsarbeit in Sachen "Asshole Gate". "Ich wollte Stan aufheitern und ihm kein trauriges Gesicht zeigen, als er mich bei der Siegerehrung angesehen hat. Da habe ich ihn angelacht", berichtete der Vierfach-Vater.

Es war nicht das erste Mal, dass Federer diesen Kraftausdruck zu hören bekam. "Ich wurde schon oft so bezeichnet, und ich betrachte das als Kompliment, es fühlt sich gut an", meinte er schmunzelnd.