Hamburg. Kurz vor seinem 30. Geburtstag spielt der Stürmer von St. Pauli seine erfolgreichste Saison. An diesem Sonnabend gegen Hannover 96.

Seinen persönlichen Rekord hatte Aziz Bouhaddouz vor einer Woche nicht wirklich genießen können. Im Heimspiel gegen Union Berlin war dem wuchtigen Stürmer des FC St. Pauli sein zehntes Saisontor gelungen. Noch nie zuvor hatte der Deutsch-Marokkaner, der am 30. März 30 Jahre alt wird, im Profifußball diese Marke erreicht. Jeweils neun Treffer waren es in den beiden Spielzeiten zuvor für den SV Sandhausen. Bekanntlich ging die Partie gegen Union 1:2 verloren, Bouhaddouz’ Tor war nur noch der Anschlusstreffer, der am Spielausgang nichts mehr änderte.

Zwei Partien verloren

„Es wäre mir lieber gewesen, ich hätte kein Tor geschossen, und wir hätten gepunktet“, sagte er danach. So gehört es sich für einen Teamplayer. Andererseits besteht kein Zweifel an der existenziellen Wichtigkeit seiner Treffer für seinen Club. Er hat 41,7 Prozent der bisherigen St.-Pauli-Tore erzielt. 17 ihrer 24 Punkte holten die Braun-Weißen aus den Spielen, in denen Bouhaddouz ein Tor erzielte oder vorbereitete. Lediglich zwei Partien gingen bisher verloren, obwohl er getroffen hat.

An diesem Sonnabend (13 Uhr, Sky und Liveticker abendblatt.de) im Heimspiel gegen Hannover 96 bietet sich für Bouhaddouz die Chance, seine bisher schon beste Saisonbilanz weiter auszubauen und sich uneingeschränkt darüber zu freuen. Voraussetzung dafür ist zumindest ein Punktgewinn gegen den Tabellendritten, der zwar offensiv gefährlich, aber in der Defensive durchaus anfällig ist, wie die 29 Gegentreffer beweisen.

Typischer Sturmtank

Schon in der Winterpause der vergangenen Saison hatte St. Paulis damaliger Sportchef Thomas Meggle den Plan, Bouhaddouz aus Sandhausen ans Millerntor zu locken. Bereits im November 2015, so verriet der Stürmer einmal, habe er sich das Trainingsgelände angeschaut. St. Pauli war damals Tabellendritter und hatte reelle Aufstiegschancen. Ein typischer Sturmtank, wie es der 1,88 Meter große und 88 Kilogramm schwere Bouhaddouz ist, fehlte dem Team noch. Aus finanziellen Gründen scheiterte der Transfer damals noch, St. Pauli wurde Vierter und holte Bouhaddouz im vergangenen Sommer ablösefrei. Man kann trefflich spekulieren, ob es mit ihm zu einem besseren Platz gereicht hätte.

Ein Spätstarter

„Ich bin im besten Profialter“, behauptete er jedenfalls, als er im zweiten Anlauf beim FC St. Pauli angekommen war. Eine durchaus gewagte These angesichts der zahlreichen Profis, die heute mit Anfang 20 schon Leistungsträger in der Bundesliga sind. Doch Bouhaddouz ist diesbezüglich ein Spätstarter. Erst als er im Sommer 2014 von der zweiten Mannschaft Bayer Leverkusens nach Sandhausen wechselte, fasste er richtig Fuß im Profifußball.

In diese Entwicklung passt, dass Bouhaddouz im vergangenen Herbst sein Debüt in der Nationalmannschaft Marokkos gab und im Januar beim Afrika-Cup zum Einsatz kam. Daher verpasste er bei St. Pauli die eigentlich wichtige Vorbereitung auf die Rückrunde. Geschadet hat ihm dies nicht, schließlich hat er seit seiner Rückkehr fünf Treffer erzielt, inklusive eines Hattricks beim 5:0 gegen Karlsruhe. „Wahrscheinlich ist es sein Erfolgsgeheimnis, dass er unser Trainingsprogramm nicht mitmachen musste“, sagte jetzt Trainer Ewald Lienen mit einem leichten Schmunzeln.

Viel Selbstvertrauen

Bouhaddouz hat jedenfalls viel Selbstvertrauen daraus gezogen, dass sein Kindheitstraum, für sein Heimatland zu spielen, doch noch in Erfüllung gegangen ist. Nach dem Spiel gegen Hannover wird er sich wieder gen Marokko verabschieden. In Marrakesch stehen Länderspiele gegen Burkina Faso (24. März) und gegen Tunesien (28. März) statt, für die er nominiert wurde.

"Das ist unglücklich"

Trainer Lienen bereitet vor allem das zweite Spiel Bauchgrimmen, schließlich steht schon drei Tage danach St. Paulis wichtiges Auswärtsspiel bei Erzgebirge Aue, einem direkten Konkurrenten um den Klassenverbleib, auf dem Programm. „Das ist unglücklich. Vielleicht können wir den Nationaltrainer ja überzeugen, Aziz nur im ersten Spiel einzusetzen“, sagt er. Über dessen Bedeutung für sein Team lässt Lienen keinen Zweifel. „Aziz ist, ebenso wie Cenk Sahin, in der Lage, unser Spiel zu veredeln. Die Qualität der beiden kann aber nur zum Tragen kommen, wenn wir als Mannschaft funktionieren“, sagt er.

An eine neue Marke als Saisonziel verschwendet Bouhaddouz derweil keinen Gedanken und sagt: „Ich will erst einmal das nächste Tor erzielen, am besten zum Sieg gegen Hannover.“