Budapest. Die 21 Jahre alte Hamburgerin wird nur von ihrer Familie unterstützt. In Budapest steht sie im Achtelfinale

Tamara Korpatsch ist Hamburgerin, derselbe Jahrgang wie Fedcup-Spielerin Carina Witthöft und schlägt neuerdings auch für den Club an der Alster auf. Im Unterschied zu Witthöft entwickelte sich ihre Karriere aber fernab des Rampenlichts und ohne Förderung des Deutschen Tennis-Bunds. Die 21 Jahre alte Schnelsenerin, die als Qualifikantin beim WTA-Turnier in Budapest heute gegen die Französin Océane­ Dodin (20/Nr. 63 der Welt) um den Viertelfinaleinzug kämpft, ist ein Beispiel für eine Selfmade-Karriere mit bescheidenen Mitteln. „Wir haben immer alles allein gemacht“, so Korpatsch.

Das Tennis der Weltranglisten-162. ist ein Familienunternehmen: Da gibt es Vater Thomas, ihren Coach, ihre Brüder Tom (23) und Richie (19), ihre Trainingspartner, und Mutter Birgit, ihren Besaitungsservice. Kult war, dass die Korpatschs die Turnierlandschaft mit ihrem Wohnwagen abfuhren. Der TEC Weltenbummler Baujahr 1989 gab aber im Vorjahr seinen Geist auf. Für ihre Teilnahme an der Qualifikation der US Open in New York stieg „Tami“, wie sie ihre SMS unterschreibt, 2016 erstmals in ein Flugzeug. Damals unterlag sie „super aufgeregt“ der Tschechin Kristyna Pliskova, der Zwillingsschwester der Weltranglistendritten Karolina Pliskova, 2:6, 4:6. Die nötigen Weltranglistenpunkte für Flushing Meadows und die Reisekosten hatte sie sich im vergangenen Sommer mit drei ITF-Turniersiegen direkt nacheinander (Darmstadt, Horb, Bad Saulgau) erspielt. „Das kam total unerwartet, das Geld war praktisch für die US Open. Denn meine ganze Familie wollte unbedingt mitfliegen. So konnten wir zu fünft nach New York!“

An der Australian-Open-Qualifikation hätte sie vom Ranking her auch teilnehmen können, sie entschied sich nach einer Weisheitszahn-Operation aber dagegen. Stattdessen verlängerte die harte Arbeiterin ihre Vorbereitung. Bei ihrem Jugendverein TC an der Schirnau in Kaltenkirchen konnte man sie einst Tag und Nacht mit ihrer Familie in der Halle antreffen. Zum Club an der Alster, zu dem sie nach drei Jahren beim Bundesligakonkurrenten Ratinger TC wechselte, der sein Team zurückgezogen hat, läuft sie heute oft zu Fuß. Aus Schnelsen zum Rothenbaum, zehn Kilometer! Korpatsch ist eine lauf- und kampfstarke Konterspielerin mit schnörkellosen geraden Grundschlägen. Ihr Erstrundensieg in Budapest gegen die russische Weltranglisten-82. Jewgenija Rodina (6:3, 6:3) war ihr dritter Matchgewinn auf der WTA-Profitour. Ein einziges Mal stand sie zuvor in einem WTA-Hauptfeld: im französischen Limoges im November, als sie bei einer WTA-Veranstaltung der kleinsten Kategorie ins Viertelfinale kam. Budapest nun ist ein 250.000-Dollar-Event. „Gemessen an der Turniergröße ist das mein größter Erfolg. Ich war schon megafroh, dass ich die Quali geschafft habe“, sagt Korpatsch. Sie hat gleich nachgeguckt: 3400 Dollar Preisgeld sind ihr bereits sicher.

Korpatsch, die einst als Fünfjährige beim ETV ihre ersten Vorhände schlug, spielt seit ihrem Realschulabschluss ausschließlich Tennis. Ihre Einnahmen – auch aus den Punktspielen für den einstigen Bundesliga-Krösus Ratingen, deutscher Meister 2015 – investierte sie in die nächsten Turniere. „Am Anfang war es ein heftiger Druck mit dem Geldverdienen, weil die Reisen teuer sind.“ Ihr nächstes großes Ziel sind die French Open im Juni, ihr Lieblingsturnier. Sie hatte den Traum, in Paris direkt den Sprung ins 128er-Hauptfeld zu schaffen. Unmöglich scheint das nicht. Die Top 150, ihr nächstes Etappenziel, hat sie dank Budapest schon geknackt.