München/Hamburg. Bayern-Präsident spricht exklusiv über die zeitlichen Abläufe der Lahm-Entscheidung, nicht Sportdirektor in München werden zu wollen.

Uli Hoeneß hält Philipp Lahm die Tür beim FC Bayern offen. Wie der Bayern-Präsident im Gespräch mit dem Abendblatt am Mittwoch betonte, habe die vorzeitige Bekanntgabe des Rücktritts und der Verzicht auf das Amt des Sportdirektors nichts daran geändert. Hoeneß sagte wörtlich: "Für Philipp Lahm bleibt die Tür bei uns offen. Ich kann mir vorstellen, dass er eines Tages beim FC Bayern arbeitet. Die Überraschung mit der Bekanntgabe ist für mich eine Marginalie. Da verändert sich nichts. Philipp Lahm hat unseren größten Respekt verdient."

Bayern-Präsdient Uli Hoeneß (r.) sah das DFB-Pokalspiel gegen Wolfsburg auf der Tribüne neben Bruder Dieter
Bayern-Präsdient Uli Hoeneß (r.) sah das DFB-Pokalspiel gegen Wolfsburg auf der Tribüne neben Bruder Dieter © Imago/Nordphoto

Als ihn der ARD-Moderator Alexander Bommes am Dienstagabend live im Fernsen auf den Rücktritt von Philipp Lahm ansprach, wirkte Hoeneß noch überrumpelt und vermied haarscharf das Dementi der vielleicht wichtigsten Personalie des Jahres beim Rekordmeister. Natürlich wusste er, dass der Bayern-Kapitän und Weltmeister von 2014 zum Saisonende aufhört und nicht Sportdirektor wird. "Ich wollte aber die Regeln des Miteinanders einhalten und in aller Ruhe besprechen, wie wir an die Öffentlichkeit gehen“, sagte Hoeneß dem Abendblatt. "Wir hatten kein Interesse, das so früh bekanntzugeben.“

Reaktionen zum Rücktritt von Philipp Lahm

Karl-Heinz Rummenigge (Vorstandschef FC Bayern München in einer Presseerklärung)

"Der FC Bayern München ist überrascht über das Vorgehen Philipp Lahms und seines Beraters. Ende vergangener Woche hat er uns mitgeteilt, dass er derzeit nicht für eine Position in der sportlichen Leitung zur Verfügung stehen und seinen bis zum 30. Juni 2018 laufenden Lizenzspieler-Vertrag vorzeitig zum Saisonende auflösen möchte. Bis gestern sind wir davon ausgegangen, dass es zu dieser Entscheidung eine gemeinsame Erklärung Philipp Lahms und des FC Bayern München geben wird. Wir möchten klarstellen, dass für Philipp die Türen beim FC Bayern München auch künftig offen stehen."

Uli Hoeneß (Präsident FC Bayern München via Funke Mediengruppe)

"Für Philipp Lahm bleibt die Tür bei uns offen. Ich kann mir vorstellen, dass er eines Tages beim FC Bayern arbeitet. Die Überraschung mit der Bekanntgabe ist für mich eine Marginalie. Da verändert sich nichts. Philipp Lahm hat unseren größten Respekt verdient. Aber es ist nicht üblich, mit diesen Dingen vor wichtigen Spielen an die Öffentlichkeit zu gehen. Samstag hatten wir das Schalke-Spiel. Montag war die Aufsichtsratssitzung. Und Dienstag war das nächste Spiel. Also wollten wir das ab Mittwoch bereden, wie wir verfahren. Wir sahen ja keine Eile. Die Aufgabe als Sportdirektor hätte ja so oder so erst am 1. Januar 2018 begonnen."

Mats Hummels (Profi beim FC Bayern München)

"Davon wussten wir nichts. Es ist sehr schade, dass er ab Sommer nicht mehr dabei ist. Ich hätte es gerne gesehen, dass er noch weiter spielt. Ich bin überrascht, aber respektiere das, er wird seine Gründe haben. Ich kann ihn auch verstehen. Er hat schon in der Nationalmannschaft ein gutes Timing bewiesen. Ich habe keine Ahnung, was er vor hat."

Carlo Ancelotti (Trainer FC Bayern München bei Sky)

"Von den angeblichen Plänen von Philipp Lahm weiß ich nichts. Er hat heute fantastisch gespielt und ist ein wichtiger Spieler für uns. Er ist eine tolle Persönlichkeit."

Jupp Heynckes (Ex-Trainer FC Bayern München via Rheinische Post)

"Philipp Lahm ist ein konsequenter Mann, und er hat eine kluge Entscheidung getroffen, er will sicher noch etwas Erfahrung sammeln. Er ist der konstanteste Spieler der Bundesliga. Der FC Bayern verliert nach Bastian Schweinsteiger die nächste Identifikationsfigur."

Lothar Matthäus (Rekordnationalspieler via Sport Bild)

"Ich kann Philipp Lahm nicht ganz verstehen. Wenn man vom FC Bayern ein Angebot als Sportdirektor bekommt, dann sollte man sich das mehr als überlegen. Das kommt vielleicht nur einmal im Leben und bis 2019 warten? Er hätte noch das eine oder andere Jahr spielen können. Aber ganz wegzugehen als Spieler und als Verantwortlicher, das kam für viele überraschend."

Mehmet Scholl (Ex-Bayern-Profi und ARD-Experte)

"Als Fußballfan finde ich es schade. Er hat in seiner Karriere 70 Prozent überragend gespielt und die restlichen 30 Prozent Weltklasse. Er steht in Deutschland in einer Reihe mit Franz Beckenbauer, Gerd Müller, Lothar Matthäus – also den ganz Großen. Menschlich kann man sich auf seine Entscheidung immer verlassen. Es war auch nach der WM eine richtige Entscheidung, dass er zurücktritt. Er ist jemand, der seinen Körper kennt. Er wird auch nicht mehr schneller werden. Er tritt jetzt erhobenen Hauptes ab."

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Hoeneß wusste schon seit Freitag Bescheid

Von Lahms Rücktritt wusste Hoeneß schon seit Freitag. Mit der Bekanntgabe aber wollten die Bayern warten. "Am Freitag hat Philipp Lahm Karl-Heinz Rummenigge abgesagt. Aber es ist nicht üblich, mit diesen Dingen vor wichtigen Spielen an die Öffentlichkeit zu gehen. Samstag hatten wir das Schalke-Spiel. Montag war die Aufsichtsratssitzung. Und Dienstag war das nächste Spiel. Also wollten wir das ab Mittwoch bereden, wie wir verfahren.“ Da aber kam ihm die "Sport-Bild" zuvor und veröffentlichte die Personalie in einer Vorabmeldung, dass Lahm nicht Sportdirektor wird.

Hoeneß ist von Lahm nicht enttäuscht

Enttäuscht ist Uli Hoeneß deswegen nicht von Lahm. "Nur überrascht“, wie er sagt. "Wir sahen ja keine Eile. Die Aufgabe als Sportdirektor hätte ja so oder so erst am 1. Januar 2018 begonnen. Er hatte von Karl-Heinz Rummenigge ein Arbeitspapier, wie die Aufgabe beschrieben ist. Es gab insgesamt vier Sitzungen.“ Schon im November hatte der Aufsichtsrat darüber, wie Hoeneß sagt, "kontrovers diskutiert“. Die eindeutige Meinung: das Vorstandsamt wäre zu früh gekommen.

Kommentar: Warum Philipp Lahms Entscheidung klug ist

Hoeneß zu dieser Zeitung: "Bei uns im Aufsichtsrat sitzen Dax-Vorstände. Für die kommt nicht infrage, dass jemand ohne Berufserfahrung im Vorstand anfängt. Auch Christian Nerlinger war Sportdirektor und nicht Vorstand. Bei Matthias Sammer war das anders. Er war vorher beim DFB.“ Ohnehin sei „der Titel nicht wichtig“. Hoeneß: „Wichtig ist, dass die Arbeit getan wird.“

Philipp Lahms einzigartige Karriere in der Nationalmannschaft: