Norderstedt. Philipp Koch bestritt in 14 Jahren 250 Partien für Norderstedt. Im Interview spricht er auch über Schwächen und neu gewonnene Gelassenheit.

Philipp Koch, 26, spielte bei TuRa Harksheide und beim HSV, bevor er 2003 als Zwölfjähriger in die Jugendsparte des frisch aus der Taufe gehobenen Clubs Eintracht Norderstedt wechselte. Der defensive Mittelfeldspieler ist Kapitän des Regionalliga-Teams. Koch studiert Wirtschaftspsychologie im zweiten Semester an der FOM Hamburg (Fachhochschule für Ökonomie und Management). Sergio Busquets vom FC Barcelona und Steven Gerrard vom FC Liverpool faszinieren ihn. Als Fußballer – und weil sie ihrem Verein die Treue halten. Vor dem Start in die zweite Saisonhälfte gegen Eintracht Braunschweig II (So., 14 Uhr, Edmund-Plambeck-Stadion), bei dem die Eintracht verletzungsbedingt mit Johannes Höcker, Marcus Coffie, Linus Meyer und Steven Lindener vermutlich auf vier Spieler verzichten muss, bat das Abendblatt Koch zum Gespräch.

Herr Koch, warum gewinnt Eintracht gegen Braunschweig II?

Philipp Koch: Ganz einfach. Wir haben die bessere Mannschaft und spielen den besseren Fußball.

Wie bewerten Sie die erste Saisonhälfte?

Sie war durchwachsen. Der Saisonauftakt gegen Hannover 96 II ging unglücklich verloren. Ein abgefälschter Freistoß, ein Konter, 0:2. Extrem ärgerlich. Von solchen Spielen gab es einige. Nach dem nicht so positiven Start war es schwer, die Wende zu schaffen. Zum Schluss lief es auch von den Ergebnissen wieder mit drei Siegen am Stück in der Regionalliga. Trotzdem: Wir sind Zwölfter und haben zu wenig Punkte. Im Oddset-Pokal ist der Viertelfinaleinzug ohne Gegentor super.

Ist ein erneuter Oddset-Pokal-Triumph Pflicht?

Nein. Aber es ist unsere Pflicht, alles dafür zu tun.

Die Eintracht ist das ranghöchste Team im Wettbewerb. Entscheidet die Mannschaft mit ihrer Leistung nicht selber, ob sie wieder Pokalgewinner wird?

Das ist die Papierform, die Theorie. Altona 93 führte im Finale gegen uns bis zur 88. Minute 1:0, fühlte sich auch schon als Pokalsieger. Der Favorit siegt im Fußball nicht automatisch, was ja das Schöne an diesem Sport ist. Sonst würden wir seit drei Jahren stets den Pokal holen. Übrigens habe ich einen speziellen Wunsch auf dem Weg zum erneuten Finalerfolg.

Schießen Sie los…

Ich möchte, dass wir gegen die richtig starken Oberligisten spielen. Viertelfinale bei Meister TuS Dassendorf, Halbfinale in Altona, die gegen uns ja noch eine Rechnung offen haben, Finale gegen den aktuellen Tabellenführer Concordia. Schlagen wir alle, wäre das ein klares Zeichen. Niemand könnte mehr etwas von einem „einfachen Weg ins Finale für Norderstedt“ erzählen.

Zurück zur Regionalliga Nord. Hat der Trainerwechsel von Thomas Seeliger zu Dirk Heyne nach dem 0:0 zu Hause gegen Drochtersen am 10. Spieltag das Team überrascht?

Es war weder überraschend noch total klar. Es stand im Raum, dass was passieren könnte. Wir spielten in dieser Zeit keinen guten Fußball.

Seeliger coachte Eintracht viereinhalb Jahre lang. Wie sehen Sie diese Zeit im Rückblick?

Als sehr positiv. Wir haben unsere Ziele erreicht. Wir sind in die Regionalliga Nord aufgestiegen, haben uns dort etabliert und schließlich das große Ziel, den Pokalsieg, realisiert. Vor allem der sechste Platz im zweiten Jahr war das Signal, nicht als ständiger Abstiegskandidat zu gelten.

Wie empfinden Sie nun Ihren neuen Trainer Dirk Heyne?

Ebenfalls als sehr positiven Typen. Er ist etwas ruhiger von seiner Art. Taktisch spielen wir ein wenig anders. Heyne fordert einen Tick mehr Ballbesitz. Auch unter ihm soll es schnell nach vorne gehen, doch wir sollen die Situationen noch mehr ausspielen.

Und aus einem wurden zwei Sechser.

Ja. Wobei wir den Ball im 4-4-2 verteidigen, was bei Seeliger auch so war. Insgesamt haben sich einige Nuancen geändert, eine Riesenumstellung ist es nicht.

Unter Seeliger hieß es: Koch spielt immer. Heyne setzte Sie zwischenzeitlich auf die Bank. Wie haben Sie diese Phase erlebt?

Natürlich sitzt kein Spieler gerne draußen. Doch mir hat diese Maßnahme sehr geholfen. Ich habe nicht meine Leistung gebracht, wirkte unsicher. Meine Form war nicht gut, also hat der Trainer richtig gehandelt. In den drei reinen Trainingswochen konnte ich mich wieder sammeln, fühlte mich danach wieder besser auf dem Platz. Mein Anspruch als Kapitän lautet schließlich: Immer vorangehen und auf dem Rasen die beste Leistung zu zeigen, die beste Leistung von allen Spielern! Spiele ich schlecht, schaue ich auf meinen Oberarm und denke: Mist, ich habe die Binde nicht verdient.

Ihre zweite besondere Rolle ist die des Präsidentensohns. Ihr Vater Reenald Koch führt den Verein. Müssen Sie sich viele Sprüche anhören?

Von den Mitspielern nicht. Und wenn, ist es nie böse gemeint. Das war als Jugendlicher anders. Da hieß es öfter: Du spielst ja nur wegen deinem Vater. Für einen Jugendlichen durchaus gefährlich. Man fängt irgendwann an, das zu glauben. Heute bin ich da sehr gelassen. Wenn einer mir so was sagen würde, käme die Antwort prompt: Hast recht. Habe 250 Spiele für Norderstedt. Bin aber voll blind und liegt nur an meinem Vater (grinst).

Sie sind jetzt 26, spielen seit 14 Jahren bei Eintracht, sind Gründungsmitglied des Clubs. Können Sie sich einen Wechsel vorstellen?

Nein. Ich bin hier mit vielen tollen Leuten verbunden, die den Verein prägen, wie zum Beispiel unser Zeugwart Said (lacht). Der darf nicht eher aufhören, bis ich mit 40 aufhöre. Wenn es für die erste Mannschaft bei mir nicht mehr reicht, will ich für die Zweite kicken. Ich würde hier auch umsonst spielen.

Nicht ganz so gelassen gaben Sie sich bei Ihrer Auswechslung am 9. Spieltag beim VfB Lübeck (1:3). Sie verabschiedeten sich vom Publikum an der Lohmühle mit provokanten Handküsschen und brachten die Tribüne gegen sich auf. So kennt man Sie gar nicht. Was war da mit Ihnen los?

So sieht Frust bei mir aus. Wir lagen 0:2 hinten, waren chancenlos. Ich beging ein dummes Foul vor den Trainerbänken. Die Gelbe Karte war okay. Aber Rot fordern? Also bitte, der Gegenspieler hat später 90 Minuten durchgespielt. Mich nervt dieses Rumgeheule, wenn aus Foulspielen wer weiß was gemacht wird. Dann pfiffen mich 1000 Leute aus. Ich dachte mir bei der Auswechslung: So kann mein Abend nicht zu Ende gehen. Jetzt brauche ich negative Resonanz. Zeigt mal, was ihr draufhabt. Grundsätzlich habe ich mich aber mittlerweile sehr gut unter Kontrolle.

Kontrolle ist das Stichwort. Sie antizipieren stark, spielen mit Übersicht, klug und strategisch. Aber warum sind Sie denn so langsam?

Ich war nie der Schnellste. Wer auf den Beinen nicht so flink ist, muss eben im Kopf schneller sein. An fünf Leuten mit dem Ball vorbeigehen kann ich jedenfalls nicht. Ich habe mal gehört: Je weiter der Wadenmuskel nach oben wandert, desto schnellkräftiger bist du. Meine Waden fangen knapp über der Achillessehne an.

Was muss bis zum Mai passieren, damit Sie von einer gelungenen Rückrunde sprechen?

Der frühzeitige Klassenerhalt und möglichst der Pokalsieg. Unser Fußball soll konstant gut sein, Wiedererkennungswert haben. Wir wollen den spielerischen Aufwärtstrend unbedingt fortsetzen.