Paris. Deutsche Handballer verlieren nach schwacher Angriffsleistung 20:21 gegen Katar

Andreas Wolff lag frustriert neben seinem Tor, der scheidende Bundestrainer Dagur Sigurdsson starrte fassungslos ins Leere: Als der Medaillentraum der deutschen Handballer bei der WM in Frankreich bereits im Achtelfinale geplatzt war, herrschten im Lager des Europameisters großer Frust und tiefe Enttäuschung. Nach der unerwarteten 20:21 (10:9)-Niederlage gegen Vizeweltmeister Katar treten die selbst ernannten Bad Boys am heutigen Montag die Heimreise an, die erfolgreiche Ära Sigurdsson endete mit einer Pleite.

„Das ist ein großer Schock für uns. Wir haben zu viele Fehler gemacht. Auch ich habe Fehler gemacht“, sagte der nach Japan wechselnde Isländer selbstkritisch und bezeichnete das Achtelfinal-Aus als „größte Enttäuschung in meiner Zeit beim DHB“. Vizepräsident Bob Hanning war ebenfalls fertig mit den Nerven, trotzdem machte er Sigurdsson in der Stunde der Niederlage ein dickes Kompliment: „Dagur hat das Denken im deutschen Handball nachhaltig geändert – das wird über seine Zeit hinaus wirken. Für ihn tut es mir unglaublich leid“, sagte der Geschäftsführer der Füchse Berlin.

Eine ganz schwache Angriffsleistung hatte das deutsche Team um den fest eingeplanten Einzug ins Viertelfinale gebracht. „Das ist einfach nur bitter. Wir haben zu viele Bälle weggeschmissen“, klagte der Flensburger Holger Glandorf. Noch Minuten nach Spielschluss saß der Ex-Weltmeister von 2007 mit einem Handtuch über dem Kopf auf der Bank. Er wollte nicht mitansehen, wie Asienmeister Katar um den neunfachen Torschützen Rafael Capote seinen Coup ausgelassen feierte.

Ein erneut überragender Wolff hatte die deutschen Handballer lange vom Viertelfinale gegen Slowenien träumen lassen. Doch am Ende halfen die Paraden des Kielers ebenso wenig wie die jeweils vier Treffer von Glandorf und Patrick Groetzki. 17:13 hatte der Olympia-Dritte in der 46. Minute geführt, doch in der hektischen Schlussphase verloren die nervenschwachen Bad Boys den Kopf. „Wir hatten einen großen Traum. Das haben wir so nicht erwartet“, sagte Groetzki. Wenige Meter entfernt stand Patrick Wiencek mit hängendem Kopf. „Wir sind einfach nur leer. Bitter, bitter“, sagte der Kreisläufer, der in der 50. Minute nach seiner dritten Zeitstrafe die Rote Karte gesehen hatte.

Fünf Spiele, fünf Siege – die DHB-Auswahl war beeindruckend durch die Vorrunde gestürmt. Die schlechteste Turnierleistung kam zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. „Solche Tage gibt es“, sagte Groetzki: „Leider.“ Katar entwickelt sich trotz des klaren Sieges im olympischen Viertelfinale (34:22) allmählich zum deutschen Albtraum. Vor zwei Jahren war Deutschland im WM-Viertelfinale am damaligen Gastgeber gescheitert. „Ich hatte schon das ganze Turnier über das Gefühl, dass es uns treffen kann. Wir haben es nicht geschafft, konstant auf einem Niveau zu spielen“, sagte Hanning, der die Schiedsrichter kritisierte: „Am Ende sind wir klar benachteiligt worden.“

Das war aber nicht entscheidend. Nach der guten Anfangsphase (6:2/11.) baute der Favorit im Angriff immer weiter ab. Die Angriffe wurden teils überhastet abgeschlossen, häufig wurden falsche Entscheidungen getroffen. Zudem fand die DHB-Auswahl in Torhüter Danijel Saric immer wieder ihren Meister. Katar gelang daher nach 20 Minuten der Ausgleich zum 7:7. Auf ihre Deckung um Abwehrchef Finn Lemke und den bärenstarken Schlussmann Wolff konnte sich die Deutschen aber zunächst verlassen. Lemke und Wiencek blockten immer wieder die Würfe, dahinter war Wolff schwer zu überwinden. Bis zur Halbzeit parierte der Kieler 60 Prozent der auf sein Tor abgegebenen Würfe, darunter zwei Siebenmeter.

„Wir tun uns schwer, aber auf den Handballwolff ist Verlass“, twitterte Ex-Nationalspieler Stefan Kretzschmar in der Halbzeitpause. Daran änderte sich auch im zweiten Durchgang nichts. Wolff parierte seinen dritten Siebenmeter, doch im Angriff suchte der Europameister verzweifelt nach Lösungen – und fand sie bis zum Ende nicht. Da Katar aber ebenfalls große Probleme im Angriff hatte, blieb die Begegnung torarm. Nach längerer Zeit setzte sich die deutsche Mannschaft in der 43. Minute wieder ein bisschen ab (15:12), auch eine doppelte Unterzahl überstand die Sigurdsson-Truppe im Anschluss unbeschadet. Doch das alles reichte nicht. Katar war am Ende cleverer – und treffsicherer. Das WM-Aus war die Folge.