Melbourne. Die Titelverteidigerin wendet bei den Australian Open mit Mühe ein frühes Aus ab. Mittwoch trifft sie auf die Hamburgerin Carina Witthöft

Angelique Kerber machte es spannend. Nach einem vergebenen Matchball im zweiten Satz ist die Titelverteidigerin und Führende der Tennisweltrangliste bei den Australian Open wie im Vorjahr mit großer Mühe in Runde zwei eingezogen. Kerber entging in Melbourne mit 6:2, 5:7, 6:2 gegen Lessia Zurenko (Ukraine) dem Schicksal von Eurosport-Cokommentator Boris Becker, der 1997 als Titelverteidiger in der ersten Runde scheiterte. Bei den Damen passierte das bisher nur 2003 Jennifer Capriati (USA) gegen die Deutsche Marlene Weingärtner.

„Ich bin in der zweiten Runde, das ist alles, was zählt. Im dritten Satz habe ich meine Stärken gezeigt“, sagte Kerber. Vieles erinnerte an ihr Erstrundenmatch vor einem Jahr, als sie gegen Misaki Doi (Japan) einen Matchball abwehren musste. „Um ehrlich zu sein: Daran habe ich nach dem Verlust des zweiten Satzes auch gedacht“, gab sie zu. Nach 2:04 Stunden verließ sie dann glücklich die Rod-Laver-Arena, in der sie am 30. Januar 2016 von einer Top-Ten-Spielerin zum Champion wurde.

Zwei Tage vor ihrem 29. Geburtstag hatte Kerber im Melbourne Park leichte Anlaufschwierigkeiten. Die ersten sechs Punkte in der Night Session machte bei sommerlichen Temperaturen um 20 Grad Celsius Zurenko. In der Folge agierte Kerber aggressiver, nutzte ihren ersten Breakball zum 3:2. In der Box nickten Coach Torben Beltz und Fedcup-Teamchefin Barbara Rittner zufrieden. Mit einem Aufschlagwinner holte sich die Favoritin nach 27 Minuten den ersten Satz, zeigte erleichtert die Faust. Doch eine 5:3-Führung und einen Matchball im Spiel darauf konnte Kerber, die in Anlehnung an die „australischen Elemente“ Meer und Sonne ein türkis-orangenes Outfit trug, nicht nutzen. Zurenko, Nummer 51 der Welt, witterte ihre Chance und holte sich Satz zwei. Danach haderte Kerber immer wieder lautstark mit sich („Ich mache zu viele leichte Fehler“), blickte hilflos in die Box. Die Entscheidung fiel, als ihr das Break zum 4:2 gelang und sie wieder konzentriert wirkte.

Bereits in den vergangenen Tagen war der Linkshänderin trotz guter Trainingsleistungen die Anspannung anzumerken. Die beiden frühen Niederlagen in den vergangenen Wochen in Brisbane und Sydney sowie nur ein Sieg in drei Matches hatten Spuren hinterlassen. „Deshalb war es wichtig und gut“, meinte Rittner, „dass sie wieder in der Rod-Laver-Arena und in einer Night Session starten konnte.“ So wie am 30. Januar 2016, als Kerber im Finale die damalige Branchenführerin Serena Williams (USA) in drei Sätzen entzaubert hatte.

An Kerbers 29. Geburtstag am Mittwoch gibt es nun ein deutsches Duell mit Carina Witthöft (21) aus Wentorf bei Hamburg. Die Nummer 89 der Weltrangliste setzte sich mit 7:5, 7:6 (8:6) gegen die japanische Qualifikantin Eri Hozumi durch. Die bisherigen zwei Vergleiche gewann Kerber jeweils in zwei Sätzen, den ersten 2015 in Wimbledon mit 6:0 und 6:0. „Ich verspüre keinen Druck. Sie hat ihn, sie ist haushohe Favoritin“, sagte Witthöft. Sie wolle versuchen, das Spiel zu diktieren, mögliche Chancen nutzen. Bei Kerbers zwei frühen Niederlagen in diesem Jahr habe sie Schwächen in ihrem Spiel entdeckt. Welche, verriet Witthöft nicht.

Weiter kamen zum Turnierauftakt auch Julia Görges (Bad Oldesloe), Mona Barthel (Neumünster) und Mischa Zverev (Hamburg), ausgeschieden sind Laura Siegemund und Annika Beck. Zverev siegte 6:3, 7:6 (7:5), 6:4 gegen den Spanier Guillermo García-López und trifft am Mittwoch auf John Isner aus den USA. „Ich war hier zehn Jahre nicht in der zweiten Runde. Ich habe lange genug gewartet“, sagte der 29-jährige. Sein Bruder Alexander (19) tritt am Dienstag gegen den Niederländer Robin Haase an. Der gebürtige Hamburger Tommy Haas (38) startet gegen den Franzosen Benoît Paire seine Abschiedstournee.

Eine Favoritin ist bereits gescheitert: Simona Halep. Von Knieproblemen geplagt, verlor die Weltranglistenvierte aus Rumänien mit 3:6, 1:6 gegen Shelby Rogers aus den USA.