Hamburg. Der zuletzt lange verletzte Jan-Philipp Kalla war im Abstiegskampf vor zwei Jahren eine Schlüsselfigur. Jetzt will er Geschichte wiederholen

Es hatte irgendwie einen gewissen Sinnbildcharakter, was sich am Mittwochvormittag auf dem Trainingsplatz des FC St. Pauli abspielte. Nach ewigen Zeiten absolvierten die Kiezkicker mal wieder eine Einheit am Kopfballpendel. Während viele Spieler dem vermeintlich antiquierten Trainingsgerät eher zögerlich entgegentraten, zeigte Jan-Philipp Kalla, wie es richtig geht. Mit einem gewaltigen Kopfstoß schleuderte das Urgestein der Hamburger den an einer Schnur hängenden Ball umher. Der 30-Jährige ist einfach froh, wieder dabei zu sein. Er will vorangehen und das vorleben, was im Abstiegskampf nötig ist. Einsatz, Herz – und Identifikation.

In den vergangenen Wochen war der Defensivallrounder zum Zuschauen verdammt. Am 22. Oktober 2016 zog sich Kalla bei der 0:3-Niederlage beim SV Sandhausen einen Innenbandriss im Knie zu. Den Absturz auf Rang 18 musste er von der Tribüne aus tatenlos mit ansehen. „Ich war zuerst nicht begeistert, dass wir es nicht mehr riskieren wollten, dass ich in den letzten beiden Spielen vor der Winterpause nicht mehr zum Einsatz komme, aber das wäre auch Quatsch gewesen. Ich hätte nur Luft für ein paar Minuten gehabt“, sagt Kalla.

Das hat sich mittlerweile geändert. Kalla hat wieder Vertrauen in sein Knie, scheut keine Zweikämpfe und ist in einem körperlich hervorragenden Zustand. Lediglich die Spielpraxis fehlt noch. Diese will er sich in der Wintervorbereitung in den Testpartien holen. Wie wichtig eine gesunde „Schnecke“, wie ihn die Kollegen nennen, sein kann, hat St. Pauli vor zwei Jahren erlebt.

Auch damals ging es in der Rückrunde um den puren Existenzkampf. Kalla war ein wesentlicher Faktor, warum es am Ende das viel umjubelte Happy End gab. Im Verlauf der Hinrunde fehlte häufig ein Mentalitätsspieler wie Kalla, der mit seiner Spielweise Mitspieler und Fans mitreißen kann. „Laufen, kämpfen, grätschen, auch mal ein Tor schießen. Das, was ich einbringen konnte, habe ich damals eingebracht. Ich hoffe, dass es mir in dieser Rückrunde wieder gelingt“, sagt Kalla, der keinen Hehl daraus macht, dass der Weg zum Klassenerhalt für das Tabellenschlusslicht der Zweiten Liga noch ein weiter ist.

„Es ist aber noch nichts verloren. Wir haben 17 Spiele Zeit, um 24 oder 25 Punkte zu holen“, fordert Kalla, der bereits vor der Winterpause einen Positivtrend vernommen hat. Fünf Punkte holte St. Pauli aus den vergangenen drei Partien, das rettende Ufer ist weiter in Sichtweite. Auch, weil die Konkurrenz im Tabellenkeller ähnlich wechselhaft spielt. „Wir sind an die Konkurrenten rangerutscht. Für die wird es ähnlich schwer. Noch ist nichts verloren“, sagt Kalla, dessen Ziel es ist, am ersten Rückrundenspieltag gegen den VfB Stuttgart (Sonntag, 29. Januar, 13.30 Uhr) auf dem Platz zu stehen.

Auf welcher Position das sein wird, will der vielseitig einsetzbare Profi nicht prognostizieren. „Ich muss versuchen, fit zu sein und so dem Trainer anzubieten, mich aufzustellen. Wo er das tut, ist dann sein Problem“, sagt Kalla – mit einem Augenzwinkern.

Stürmer Aziz Bouhaddouz wurde am Mittwoch für den endgültigen Kader der Nationalmannschaft Marokkos für den Afrika-Cup (14. Januar bis 5. Februar) nominiert. Somit fehlt der beste Torjäger der Kiezkicker (fünf Treffer) zum Rückrundenauftakt gegen Stuttgart.