Buxtehude. Buxtehudes Handballjungstar spricht über das erste große Turniererlebnis und die Heim-WM 2017 in der Barclaycard-Arena.

Seit Sonnabendmorgen ist Emily Bölk nach einer langen Mannschaftsbus-Tour aus Schweden zurück in ihrer Heimatstadt Buxtehude. Die erst 18-Jährige hatte mit durchschnittlich 20:49 Einsatzminuten und insgesamt 16 Toren beachtlichen Anteil am Erreichen des sechsten Platzes bei der Handball-Europameisterschaft, die erneut Norwegen mit einem 30:29-Finalsieg gegen die Niederlande gewann. Bis Weihnachten hat Bölk jetzt erst einmal frei. An diesem Montag will sie über den Weihnachtsmarkt vorm Hamburger Rathaus bummeln.

Müssen Sie jetzt noch im Eiltempo Ihre Weihnachtsgeschenke besorgen?

Emily Bölk: Ich habe schon die Zeit vor dem Lehrgang und der EM genutzt, um die größten Sachen abzuarbeiten und Ideen zu sammeln. Jetzt kommen noch die letzten Restgeschenke und das Einpacken und so weiter. Die größte Weihnachtsarbeit habe ich schon erledigt.

Bei der EM wurde auch die internationale Presse auf Sie aufmerksam. Sie bekamen wie einst NBA-Star Dirk Nowitzki den Namen „German Wunderkind“. Wie gehen Sie mit dem gestiegenen Interesse um?

Ich versuche alle Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten – auf welcher Sprache auch immer.

Als Teamjüngste haben Sie noch immer eine ganz bodenständige Pflichtaufgabe ...

Ich bin fürs Ballnetz zuständig – wie in Buxtehude auch. Ansonsten ist es aber nicht so, dass die Jüngste alles hinterhertragen muss, jeder hat da ein Amt.

Ihre Eltern, die 1993er-Weltmeisterin Andrea Bölk und der frühere Fredenbecker Bundesligaspieler Matthias Bölk, sind bis zum ersten Hauptrundenspiel gegen Serbien (26:19) als Zuschauer mitgereist. Welches Feedback gab es von den beiden?

Die sind natürlich superstolz, dass ich jetzt schon mitfahren durfte. Sie wissen, wie das für mich ist. Meine Mama ist ja auch selbst sehr jung in die Nationalmannschaft gekommen. Aber analysemäßig haben wir nicht darüber gesprochen – das ist der Part der Mannschaft und des Trainerteams.

22 Jahre nach dem Heim-EM-Silber, das damals Ihre Mutter holte, verpassten Sie als Sechste knapp eine Medaille, das Team erzielte aber das beste EM-Ergebnis seit 2008. Wie fällt Ihre Turnierbilanz aus?

Mich hat total gefreut, dass der deutsche Frauenhandball so viel Aufmerksamkeit in den Medien und im Fernsehen bei Sport 1 bekommen hat. Und in unserer Entwicklung für unser Projekt Heim-WM 2017 war es ganz wichtig, so viele Spiele auf diesem Niveau zu absolvieren. Wir sind auf einem guten Weg. Wir klopfen an der Weltspitze an. Es ging ja alles sehr eng zu. Werfen wir ein Tor weniger gegen Polen, sind wir schon in der Vorrunde raus, werfen wir ein Tor mehr gegen Spanien, sind wir im Halbfinale. Es fehlt noch einiges, wir konnten nicht immer konstante Leistungen abrufen, trotzdem haben wir auch einige sehr gute Spiele abgeliefert. Wir wissen, woran wir arbeiten müssen. Und das werden wir im nächsten Jahr in Angriff nehmen.

Welchen Anteil hat Bundestrainer Michael Biegler an dem Aufschwung?

Einen sehr großen. Er macht Supertraining, er fokussiert uns gut, bereitet uns individuell sehr gut auf unsere Aufgaben vor, und er geht sehr gut mit uns um. Er gibt uns ganz viel Mut mit aufs Spielfeld. Und wenn ein Fehler passiert, sind wir nicht gleich untendurch. Er ist dann nicht direkt sauer oder wechselt einen aus, sondern hat sehr viel Vertrauen in jede einzelne Spielerin. Die Harmonie zwischen Trainer und Mannschaft stimmt, und deshalb läuft es auch so gut.

Das Team hört sogar auf den Kampfnamen „Biegler-Ladys“. Vor den EM-Partien und am Ende jeder Auszeit brüllte Ihre Kapitänin Anna Loerper „Biegler“, und alle anderen brüllten zurück: „Ladys“. Wie kam dieser Schlachtruf zustande?

Das ist eigentlich ein Insider gewesen, weil „Beagle“ uns immer als Ladys anspricht – das war von Anfang an so. Wir als Mannschaft haben den Schlachtruf dann so beschlossen, und ich finde ihn ganz cool, weil wir uns damit identifizieren können, und nicht nur, weil die Medien es jetzt so hochpushen.

Das große Projekt, das Sie schon ansprachen, ist die Heim-Weltmeisterschaft 2017. Dort will Biegler mit Ihrem Team das Final Four in der Barclaycard-Arena erreichen. Quasi vor den Toren Buxtehudes ...

Das wäre natürlich überragend – fast bei mir zu Hause. Schon das Vorbereitungsspiel in der Inselparkhalle in Wilhelmsburg gegen Spanien war sehr, sehr besonders. Mit einer super Stimmung und vielen Buxtehudern. Jetzt haben noch bis nächsten Dezember Zeit, uns weiter zu festigen. Und dann muss es richtig gut für uns laufen.

Es gilt als wahrscheinlich, dass Biegler nach seiner „Projektarbeit“ Ende 2017 abtritt. Wäre das nicht schade?

Auf jeden Fall. Ich komme mit „Beagle“ supergut klar. Wir alle halten sehr viel von ihm als Trainer. Er hat die Mannschaft auch so geformt, dass wir als Team intern super funktionieren und wir uns super verstehen. Es wäre sehr schade, wenn es dann schon zu Ende wäre. Aber bis dahin ist ja noch ein Jahr Zeit, und in der Zeit werden wir versuchen, uns unter einem Supertrainer gut weiterzuentwickeln. Auf die Zeit werden wir uns jetzt erst einmal freuen.