Mainz/Hamburg. Rund um das 1:3 in Mainz bleibt die Zukunft des Clubchefs das Dauerthema. Auch die schwachen 90 Minuten beim FSV lenkten nur kurz ab

Es war noch relativ früh am vierten Adventssonntag, als Markus Gisdol in den Katakomben des Volksparkstadion die Geschehnisse des Vortags in zwei Sätze zusammenfasste. „Es fehlte einfach der letzte Schritt“, monierte der HSV-Trainer. „Dieser letzte Schritt tut weh, aber man muss ihn trotzdem machen.“

Gisdol meinte natürlich das 1:3 seiner Mannschaft am Sonnabend in Mainz. 1:0 hatte der HSV durch einen Treffer von Bobby Wood geführt, dann aber durch die ersten drei Bundesliga­tore von Danny Latza verloren. Unabhängig davon hätte Gisdol am Sonntag aber genauso über Clubchef Dietmar Beiersdorfer sprechen können, der auch an diesem Wochenende trotz der längst ausgesprochenen und schriftlich zugeschickten Kündigung das Gesprächs­thema Nummer eins in Hamburg blieb. Denn der Schritt, ein für alle Mal klarzustellen, ob am Ende des Jahres tatsächlich Schluss ist oder nicht, der Schritt, der auch wehtun kann, diesen Schritt wollte Beiersdorfer weder vor noch nach der Niederlage gegen Mainz gehen.

„Das ist überhaupt nicht mein Thema im Moment. Ich konzentriere mich zu 100 Prozent auf die beiden ausstehenden Spiele“, hatte der Noch-Vorstandschef am Sonnabend kurz vor dem Spiel gegenüber Sky gesagt und damit erneut Raum für Spekulationen gelassen. Und so dauerte es gerade Mal 90 schwache Minuten, ehe Sky-Moderator Sebastian Hellmann direkt nach dem 1:3 in genau diesen Raum verbal hineinstieß. Denn während Beiersdorfers designierter Nachfolger Heribert Bruchhagen in Wolfsburg in seiner Rolle als Sky-Experte direkt neben dem Moderator saß, berichtete dieser unwidersprochen, dass Beiersdorfer nach seinen Informationen am Freitag das Angebot angenommen habe, beim HSV seine Arbeit als Sportdirektor fortzusetzen.

Rumms. Beiersdorfer, der mit dem Team im Charterflieger zurück nach Hamburg flog, widersprach Hellmanns Aussagen zwar rasch („Davon weiß ich nichts“), vermied allerdings ein ultimatives Dementi, was die Zeit ab dem 1. Januar betrifft: „Ich habe gesagt, dass ich mich voll auf die beiden Spiele in Mainz und gegen Schalke konzentriere. An dieser Haltung hat sich nichts geändert.“

Schlauer war man auch am Morgen danach nicht, als das fröhliche Beiersdorfer-Pingpong in die nächste Runde ging. Zunächst bekräftigte Sky-Moderator Hellmann auf Abendblatt-Nachfrage, dass er bei seiner Darstellung bleibe, dass Beiersdorfer ein Angebot angenommen habe, nun doch als Sportdirektor beim HSV zu bleiben. Wenig später ließ sich der Noch-Clubchef-und-vielleicht-bald-Sportchef live aus einer Loge im Volksparkstadion in den Sport1-Doppelpass schalten. Und obwohl man natürlich viel über das Spiel vom Vortag hätte fragen können, über die neunte Saisonniederlage, über 15 starke Minuten in der ersten Halbzeit und eine alles in allem schwache zweite Halbzeit, drehte sich auch das Interview von Thomas Helmer nur um ein Thema: Didi oder kein Didi – das war hier die Frage.

„Es gibt unzählige Spekulationen“, antwortete Beiersdorfer, der genau diesen Spekulationen immer neue Nahrung gab. Die Quittung folgte noch während der Livesendung, als Beiersdorfer sich eine ganze Reihe von Beschuldigungen („lächerlich“, „traurig“, „absurd“) von Jochen Coenen („Sportbild“) gefallen lassen musste. Nach dem insgesamt 20 Minuten langen Kreuzverhör war vorerst Schluss – ohne ein Ergebnis, wann und ob für Beiersdorfer auch beim HSV Schluss ist.

Dieses konnte oder wollte auch Trainer Gisdol nicht verraten, als er zunächst nur von eben jenen Schritten, die wehtun, referierte. „Es muss ja mal eine Entscheidung her“, sagte Gisdol dann aber doch. „Man muss nun einfach mal akzeptieren, dass Didi momentan keine Entscheidung verkünden will. Das wird aber sicherlich nach dem letzten Spiel gegen Schalke passieren.“

Bis dahin darf also kräftig weiterspekuliert werden, ob und wie es in der Führungsetage beim HSV weitergeht. Auch im Aufsichtsrat, der sich heute trifft, ist offen, wer neuer Vorsitzender werden soll. Man glaubt es kaum, aber Fußball wird in diesen Tagen auch noch gespielt. Und nach dem enttäuschenden 1:3 gegen Mainz folgt nun am Dienstag gegen Schalke die letzte Chance, das einst vom Aufsichtsrat ausgegebene Zwölf-Punkte-Ziel noch zu erreichen. Nur dann, so die fünf Wochen alte Vereinbarung, wolle der HSV in diesem Winter mit Klaus-Michael Kühnes Unterstützung auf dem Transfermarkt zuschlagen. Ein Kandidat für die Innenverteidigung ist nach Abendblatt-Informationen der Schweizer Timm Klose, den Norwich City allerdings nicht verkaufen will. „Ein Wechsel ist eigentlich nicht möglich“, sagt Berater Gaetano Giallanza. Doch wirklich unmöglich, das weiß auch Giallanza, ist beim HSV in diesen Tagen gar nichts.