Hamburg. Der FC St. Pauli steht heute beim SV Sandhausen unter Erfolgsdruck. Der Gegner kokettiert mit seiner Rolle

„Ligazwerg und stolz darauf“ – so steht es auf einem Transparent, das im Hardtwaldstadion am Zaun hängt. Der SV Sandhausen trägt in dieser gerade einmal 15.414 Zuschauer fassenden Sportstätte seine Heimspiele in der Zweiten Liga aus. An diesem Sonnabend (13 Uhr, Sky und Liveticker abendblatt.de) muss der FC St. Pauli als aktueller Vorletzter dort antreten und steht in der Pflicht, nach drei Niederlagen in Folge wieder einmal zu punkten.

Das Stadion hat immerhin rund 1000 Plätze mehr als der Ort des Rhein-Neckar-Kreises, rund acht Kilometer südlich von Heidelberg gelegen, überhaupt Einwohner hat. So verwundert es kaum, dass die Anlage, die vor rund zwei Jahren auch eine richtige Tribüne auf der Gegengerade erhielt, seit März 2013 nicht mehr ausverkauft war. Damals, beim 1:1 im Derby gegen den Pfälzer Rivalen 1. FC Kaiserslautern, passten aber auch erst 12.000 Zuschauer ins Stadion.

„Es war schon immer so, dass der Verein kein Problem damit hatte, als kleiner Club und potenzieller Abstiegskandidat gehandelt zu werden“, sagt Aziz Bouhaddouz. Der Stürmer ging in den beiden vergangenen Spielzeiten für den SV Sandhausen auf Torejagd, brachte es dabei in 56 Punktspielen auf 18 Treffer und elf Vorlagen und weckte damit das Interesse der Konkurrenz. Seit Saisonbeginn stürmt Bouhaddouz bekanntlich für St. Pauli, doch zu einer Rückkehr auf den Rasen des Hardtwaldstadions wird es für den 29-Jährigen nicht kommen. Seine Syndesmoseverletzung am Fuß verhindert einen Einsatz.

2005 sollte Sandhausen mit Hoffenheim fusionieren

Umso leichter fällt es dem Deutsch-Marokkaner, sich lobend über den „Ligazwerg“ zu äußern. „Die Fans und der Verein bleiben ruhig, auch wenn es einmal nicht so läuft. Ich denke, das ist jedes Jahr wieder der Schlüssel zum Erfolg. Es wird dort sehr viel und in Ruhe gearbeitet, zudem treffen nur eine oder zwei Personen die wichtigen Entscheidungen“, berichtet Bouhaddouz. „Sie holen auch immer wieder junge Spieler, die erfolgshungrig sind. Die Mannschaft ist eine gute Mischung aus solchen und aus erfahrenen Spielern. Das Team ist gut eingespielt und entwickelt sich von Jahr zu Jahr.“

Seit Sommer 2012 spielt der SVS in der Zweiten Liga, wobei der Verein nach der ersten Saison sportlich abgestiegen war und erst durch den Lizenzentzug für den MSV Duisburg doch in der Spielklasse bleiben durfte. Nahezu alle Spieler hatten zum Zeitpunkt dieser Entscheidung aber schon einen Vertrag bei einem anderen Club unterschrieben. Dennoch gelang es, ein konkurrenzfähiges Team zusammenzustellen. Auch Punktabzüge wegen Lizenzvergehen steckte die Mannschaft in den beiden vergangenen Spielzeiten scheinbar unbeeindruckt weg.

Dass es überhaupt zur Erfolgsgeschichte des SV Sandhausen im Profifußball kommen konnte, ist einer wegweisenden Entscheidung vor elf Jahren zu verdanken. Damals hatte Investor Dietmar Hopp den Plan, seine TSG 1899 Hoffenheim und den SV Sandhausen zum FC Kurpfalz Heidelberg zu verschmelzen. In Sandhausen sollte die U-23-Mannschaft des neuen Konstruktes beheimatet sein. „Wir wollten nicht nur irgendein Zweitteam sein“, sagt Sandhausens Präsident Jürgen Machmeier, dessen Club damals noch viertklassig war. „Unsere Entwicklung hätte sich aber niemand träumen lassen.“

Der FC St. Pauli befindet sich unterdessen mitten im Albtraum, Tabellenvorletzter der Zweiten Liga zu sein und Gefahr zu laufen, bei einer weiteren Niederlage den Anschluss zu verlieren. Mut macht dabei vielleicht, dass das Team in den jüngsten drei Spielzeiten in Sandhausen bei zwei Siegen und einem Unentschieden ungeschlagen geblieben ist. Das 2:0 am 19. März dieses Jahres war der bisher letzte Auswärtssieg der Kiezkicker. „Die Situation ist für uns nicht einfach. Aber wir müssen uns trauen, mutig nach vorn zu spielen und unsere Chancen nutzen“, sagt St. Paulis verhinderter Stürmer Bouhaddouz, der von Marvin Ducksch vertreten werden dürfte.

„Als ich Sandhausen war, hatten wir in den Heimspielen oft Probleme, auswärts haben wir uns meist leichter getan“, erinnert er sich. Allerdings hat der SVS unter seinem neuen Trainer Kenan Kocak von den fünf Heimspielen nur das gegen den VfB Stuttgart (1:2) verloren und seine betont defensive Spielweise, die Vorgänger Alois Schwartz propagiert hatte, abgelegt. „Wir müssen den Gegner beackern und zu Fehlern zwingen“, rät Bouhaddouz.

SV Sandhausen: Knaller – Klingmann, Kister, Gordon, Paqarada – Linsmayer, Kulovits – Pledl, Kosecki – Wooten, Höler.FC St. Pauli: Himmelmann – Hornschuh, Sobiech, Avevor, Kalla – Buchtmann, Dudziak – Miyaichi, Sobota – Ducksch, Litka.Schiedsrichter: Badstübner (Windsbach).