Rio de Janeiro. Laura Ludwig und Kira Walkenhorst hoffen auf einen Beachvolleyball-Boom und machen weiter

„One Moment In Time“ schepperte aus den Boxen, dieser kitschig-schöne Olympiasong, den Whitney Houston anlässlich der Sommerspiele 1988 in Seoul zum Welthit gemacht hatte, und Laura Ludwig sang lauthals mit. 1.30 Uhr in der Nacht zu Freitag war es, die deutschen Hockeyherren hatten gerade mit dem Absingen schmutzigen Liedguts begonnen und das von allen eingeforderte Partyritual gestartet, das zweieinhalb Stunden später mit einer semiernst gemeinten Klage Moritz Fürstes endete, wie unglaublich es sei, „dass ein Deutsches Haus seine Athleten rausschmeißt“. Was der frühere Handballstar Stefan Kretzschmar mit der launigen Replik bedachte, die Handballmänner würden am Sonntag „gern noch ein Deutsches Haus vorfinden“.

Wie auch immer: Während Laura Ludwig (30) also ihre 25 Stunden zuvor gewonnene Goldmedaille im Beachvolleyball inmitten von Athletenkollegen auf der überfüllten Tanzfläche feierte, war ihre Strandpartnerin Kira Walkenhorst (25) schon gegangen. Wer noch einen Beweis für die Unterschiedlichkeit des deutschen Olympiasiegerduos gebraucht hatte, der bekam ihn damit geliefert. Ludwig, als extrovertiertes Gute-Laune-Monster bekannt wie beliebt, wollte nach Wochen der Entbehrungen mit vielen Menschen auf den Erfolg anstoßen. Walkenhorst, lange als die grüblerische und zurückhaltende Hälfte des Teams bekannt, versuchte dem Trubel zu entfliehen, um das Geschehene für sich zu verarbeiten.

Den Marathon, den beide seit dem verwandelten Matchball an der Copacabana zu überstehen hatten, empfand die als beste Spielerin der Welt geadelte Ludwig als „anstrengender als die zehn Tage Turnier, weil wir uns auf unsere Spiele wenigstens vorbereiten konnten“. Nach drei Stunden Schlaf hieß es, Sponsoren zu beglücken, Interviewanfragen zu erfüllen – und dabei das Immergleiche so zu erzählen, dass es klang wie eine gerade erlebte Geschichte. Kein Wunder, dass viele Olympiasieger den Tag danach lieber auslassen würden.

Nun sind die Europameisterinnen aber Profis genug, was nicht nur für ihre Einstellung im Sand gilt. Sie werden, anders als Julius Brink und Jonas Reckermann, die nach ihrem Gold-Coup in London 2012 zurücktraten, ihre herausragende Stellung zu kapitalisieren wissen. „Uns ist klar, dass das Interesse an uns jetzt noch einmal rasant ansteigen wird“, sagte Ludwig.

Damit war die Antwort auf die Frage, die alle stellten am Tag nach dem Triumph, schon gegeben: Es wird weitergehen mit dem Team Ludwig/Walkenhorst, nur Trainer Jürgen Wagner muss noch von einer Fortsetzung überzeugt werden. „Wir wären ja blöd, wenn wir jetzt aufhören würden“, sagte Ludwig, „mir macht es riesigen Spaß, mit Kira zu spielen.“ Walkenhorst, die angesichts ihrer Krankenakte – zwei Kreuzbandrisse, Pfeiffersches Drüsenfieber, Schulterprobleme, – die Goldmedaille als „Lohn für jahrelange Arbeit und das Durchbeißen trotz großen Frusts“ verbucht, sagte: „Ich kann mir vorstellen, den Job noch ein paar Jahre zu machen.“

Zunächst jedoch heißt es, die kommenden Tage zu nutzen, um, so Walken-horst, „mal runterzukommen und die Eindrücke zu verarbeiten“. Vom 9. bis 11. September spielen die beiden noch die deutschen Meisterschaften in Timmendorf und in der Woche darauf das World-Tour-Finale in Toronto. Danach ist dann hoffentlich ausreichend Zeit, um ihn zu genießen, diesen „einen Moment im Leben“. (bj)