Bern. Im Gesamtklassement bleibt Chris Froome vorn. Der Deutsche John Degenkolb musste sich mit dem vierten Platz begnügen.

Mit seinem kleinen Sohn im Arm versuchte John Degenkolb die große Enttäuschung schnell zu überwinden. Weltmeister Peter Sagan war bei der 103. Tour de France am Montag eine Nummer zu groß für den Klassiker-Spezialisten aus Oberursel, der sich auf dem 16. Teilstück nach Bern viel vorgenommen hatte und endlich den ersten Etappensieg holen wollte. Nach 209 Kilometern musste der 27-Jährige aber mit Rang vier zufrieden sein. „Es war eine Riesenchance, dementsprechend bin ich natürlich extrem enttäuscht, dass es nicht mit einem besseren Ausgang geendet hat“, haderte der Giant-Alpecin-Profi.

Immerhin wurde er von seiner Familie im Ziel ein wenig aufgeheitert. „Mir fehlt zur Zeit das Selbstvertrauen und das Stehvermögen. Bei 250 Metern vor dem Ziel einfach „Augen zu und durch" ging nicht, obwohl ich die Beine dazu hatte. Schade, die Mannschaft hatte sich heute für mich den Allerwertesten aufgerissen“, erklärte Degenkolb.

Er wurde zum zweiten Mal bei dieser Tour Vierter und unterstrich seinen Formanstieg. Im Januar hatte er in Spanien einen verheerenden Trainingsunfall erlitten, musste operiert werden und lange um die Kuppe seines linken Zeigefingers bangen. Im Rennen trägt Degenkolb noch immer eine blaue Plastikschiene zum Schutz.

Sagan fing Alexander Kristoff erst auf dem Zielstrich ein

Sagan und Paris-Roubaix-Sieger Degenkolb kam das schwierige Finale mit Kopfsteinpflaster auf einem ansteigenden und kurvenreichen Kurs entgegen. Der Träger des Grünen Trikots feierte seinen dritten Etappensieg und erkannte: „Heute hatte ich Glück“. Auf dem Zielstrich fing Sagan den Norweger Alexander Kristoff mit einem „Tigersprung“ noch ab. Es war eine Millimeter-Entscheidung, das Zielfoto musste her. Sagans exzentrischer Teamchef Oleg Tinkow freute sich auf seine Weise und zeigte allen den ausgestreckten Mittelfinger.

Im Gesamtklassement blieb alles beim alten: Der überragende Vorjahressieger Chris Froome liegt vor dem zweiten Ruhetag der Tour weiter mit 1:47 Minuten vor dem Niederländer Bauke Mollema und 2:45 Minuten vor dem erstaunlichen Newcomer Adam Yates aus Großbritannien im Gesamtklassement vorn. Ab Mittwoch wird es in den Alpen noch einmal ernst für den designierten Toursieger 2016. Aber er und sein Sky-Team zeigen bisher keinerlei Anzeichen von Schwäche.

Tony Martin scheiterte mit einem Ausreißversuch

Tony Martin hatte es am Montag erneut mit einer Flucht versucht - und scheiterte. Der vierte Ausreißversuch des Wahlschweizers bei dieser Tour sah zeitweise chancenreich aus. Mit Wut im Bauch nach seinem verpatzten Zeitfahren von La Caverne wollte es der dreimalige Weltmeister endlich wissen. Zusammen mit seinem Teamkollegen Julien Alaphilippe setzte er sich früh ab. Bei der Tour durch die Schweiz harmonierten beide perfekt - nur war lange unklar, wer für wen fährt.

Sollte Alaphilippe in seiner Premieren-Tour zum von den Gastgebern herbeigesehnten ersten Etappensieg eines Franzosen pilotiert werden? Oder sollte er Martin den Weg ebnen zu dessen erstem diesjährigen Tageserfolg? Die Beantwortung der Frage erübrigte sich allerdings.

Das Interesse der Klassiker-Spezialisten um Lokalmatador Fabian Cancellara in seiner letzten Tour, Degenkolb oder Sagan war zu groß. Martin, der zuvor Alaphilippe verloren hatte, wurde 22 Kilometer vor dem Ziel gestellt. Sie mussten für die Kraftanstrengung bezahlen, konnten das Tempo des Feldes nicht mehr halten und fielen zurück.