Lille. Der Chelsea-Profi begann seine Laufbahn beim OSC Lille

Es wird eng für Belgien im Viertelfinale gegen Wales. Im Spiel im Stade Pierre Mauroy möglicherweise – und auf jeden Fall in Lille. Die nordfranzösische Stadt, nur knapp 20 Kilometer von der belgischen Grenze entfernt, erwartet einen Ansturm von möglicherweise mehr als 100.000 Fans aus dem Nachbarland. „Wenn es 100.000 Karten gäbe, wäre es auch ausverkauft“, sagte Belgiens Nationaltrainer Marc Wilmots vor der Partie an diesem Freitag (21 Uhr/ZDF). „Wir haben drei gute Spiele geliefert, jetzt herrscht Stimmung im Land. Da werden ganz viele kommen.“

Nur 12.000 Anhänger haben einen Platz in der Arena ergattert. Weil auch die Unterkünfte überaus knapp werden, gibt es jetzt eine Hilfsaktion für derzeit noch obdachlose belgische Fans bei Twitter: #adopteunBelge – „Adoptiere einen Belgier“.

Es ist also quasi ein Heimspiel für die „Roten Teufel“ – und besonders für Eden Hazard. Der Star vom FC Chelsea startete seine Profikarriere einst beim OSC Lille, wurde dort Meister und Pokalsieger, ehe er 2012 für 40 Millionen Euro zum Londoner Topclub in die Premier League wechselte. „Ich kenne die Stadt, ich habe riesige Lust darauf. Es wird eine große Party mit vielen Fans“, sagte Hazard. Der 25-Jährige ist allerdings wegen einer Oberschenkelzerrung angeschlagen, sein Einsatz fraglich. „Hazard ist ein Problem“, räumte Wilmots ein. Er muss zusammen mit seinem Strategieteam entscheiden, ob man es riskieren will, dass Hazard für den möglichen weiteren Turnierverlauf ausfallen könnte.

Belgien träumt von einem Finale gegen Deutschland

Nach dem leichtfüßigen 4:0 im Achtelfinale gegen Ungarn hatte der Chefcoach und frühere Schalke-Profi bereits von einem Finale gegen Deutschland geträumt: „Das wäre genial. Die spielen so ein ähnliches System wie wir.“ Die großen Erfolge seines Landes liegen schon etwas zurück. 1972 war Belgien EM-Dritter, 1980 nach einer Finalniederlage gegen Deutschland durch zwei Tore von Horst Hrubesch Zweiter, 1986 WM-Vierter. Vor zwei Jahren in Brasilien scheiterte die Mannschaft im Viertelfinale mit 0:1 an Argentinien.

Wilmots macht in diesen Tagen seinem früheren Spitznamen „Kampfschwein“ alle Ehre. Nach der 0:2-Niederlage gegen Italien im ersten Vorrundenspiel hatte der 47-Jährige in der Heimat stark in der Kritik gestanden, nachdem Torhüter Thibaut Courtois gesagt hatte, die Mannschaft sei „taktisch deklassiert“ worden, und ein Maulwurf aus den Reihen des Teams die Spielweise als „stereotyp“ abgewertet hatte. Es hieß, der Uefa-Cup-Sieger von 1997 mit dem FC Schalke 04 habe es versäumt, seiner Auswahl einen Plan mitzugeben. „Nach einem Spiel soll meine Arbeit auf einmal nichts mehr wert sein? Das ist mir zu billig“, hatte Wilmots geantwortet.

Sein dickes Fell im Umgang mit Kritik hat er sich zugelegt, als er zwischen 2003 und 2005 für die liberale Partei Mouvement Réformateur im belgischen Senat saß. Damals kämpfte er leidenschaftlich darum, die Einheit des Landes aus Flamen, Wallonen und deutscher Minderheit zu verteidigen.

Jetzt soll es für die „Roten Teufel“ noch sehr weit gehen. „Wenn man im Viertelfinale steht, dann will man auch das Maximum erreichen“, sagte Wilmots. „Wir kennen Wales sehr gut. Sie haben sich sehr gut entwickelt und mit Aaron Ramsey und Gareth Bale zwei absolute Topspieler in ihrem Team.“ In der EM-Qualifikation war Belgien gegen die Waliser zu Hause in Brüssel nicht über ein 0:0 hinausgekommen und hatte in Cardiff das Rückspiel mit 0:1 verloren. Der frühere Bundesligaprofi Kevin De Bruyne (Werder Bremen/VfL Wolfsburg) sprach von einem „komplizierten Gegner“, demonstrierte aber das gewachsene Selbstbewusstsein des Titelkandidaten: „Sie haben mit Bale natürlich einen Star in ihren Reihen. Aber wir werden gewinnen!“

Wales: Hennessey – Chester, A. Williams, Davies – Gunter, Allen, Ledley, Taylor – Ramsey – Bale, Robson-Kanu.Belgien: Courtois – Meunier, Alderweireld, Denayer, J. Lukaku – Witsel, Nainggolan – Carrasco, De Bruyne, Hazard – R. Lukaku. Schiedsrichter: Skomina (Slowenien).